RAGE haben mit „Wings Of Rage“ ein äußerst starkes Album vorgelegt, mit dem sie momentan auf Platz 23 der deutschen Albumcharts stehen und welches zum Album des Monats sowohl im Metal Hammer als auch Rock Hard gewählt wurde. Kurz nach der Veröffentlichung nahm sich Sänger und Bassist Peter „Peavy“ Wagner die Zeit für ein ausführliches und sehr ehrliches Interview.
Matthias: Hallo Peavy, vielen Dank, dass du dir die Zeit für ein Interview nimmst. Wobei störe ich dich gerade?
Peavy: Moin, ich hab grad unser Programm geübt, ich weiß, is feige, aber klingt nachher besser.
Matthias: Zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zum Charteinstieg von „Wings of Rage“ und zum Album des Monats sowohl im Metal Hammer als auch im Rock Hard. Macht dich so etwas stolz?
Peavy: Na klar, wer freut sich denn nicht, wenn die Musik, die man macht, gut angenommen wird. Alles andere wäre gelogen...
Matthias: Lass uns über eure neue Scheibe sprechen. Merkt man eigentlich im Studio was man da in der Mache hat oder ist man so fokussiert, dass man das gar nicht mitbekommt? Denn planen kann man ein erfolgreiches Album ja eher nicht.
Peavy: Wenn wir aufnehmen, fokussieren wir uns voll auf die neuen Songs, unser Urteil fällen wir nach unserem eigenen Geschmack, wenn wir also drauf abfahren, ist es richtig. Alles andere macht keinen Sinn, man kann es sowieso nie allen recht machen.
Matthias: Ich habe in meiner Kritik geschrieben, dass „Wings of Rage“, sämtliche Stile, die RAGE in der Vergangenheit ausmachten, fast perfekt vereint, würdest du mir da zustimmen?
Peavy: Nun, ich würde es ein bisschen anders ausdrücken, da ich denke, dass RAGE eigentlich seit sehr langer Zeit ihren eigenen Stil spielen, ihn aber immer wieder etwas erweitert haben, durch neue Sound Attribute, also wir haben hier und da ein paar neue Stilmittel hinzugefügt, um dem Ganzen eine etwas andere Dimension zu geben. Aber ja, auf jeden Fall präsentiert das neue Album all die verschiedenen Schaffensphasen von RAGE in einer homogenen Mischung.
Matthias: Du bist mittlerweile fast 40 Jahre im Geschäft, gab es in der Zeit Momente in denen du dir gewünscht hast, dich für einen anderen Beruf entschieden zu haben?
Peavy: Klar, in so einer langen Zeit erlebt man verschiedene Ups und Downs, aber dass ich mit der Musik aufhören wollte, ist mir nicht passiert. Für jedes Problem findet sich eine Lösung und unterm Strich ist Musiker zu sein doch wirklich der geilste Job der Welt. Dafür bin ich sehr dankbar...
Matthias: Die Texte auf „Wings Of Rage“ sind ja eine Mischung aus Fiktion wie bei „True“ und Sozialkritik wie zum Beispiel bei „Let them rest in Peace“ usw. Woher nimmst du deine Inspiration?
Peavy: Das sind sehr unterschiedliche Quellen, manchmal ist es ein Anstoß von außerhalb, sei es durch die Nachrichten, ein Buch oder etwas aus meinem Umfeld, manchmal kommt es aus mir selbst, aus meinem tiefsten Gefühl oder aus dunklen Ängsten, das ist von Song zu Song unterschiedlich...
Matthias: Wie schwer ist es eigentlich sich bei mittlerweile 24 Veröffentlichungen nicht irgendwann zu wiederholen? Besonders was die Riffs angeht stelle ich mir das schon recht schwierig vor.
Peavy: Zum Glück haben wir Marcos in unserer Band, er ist ein wandelndes Rage Lexikon und kennt alles, was wir je gemacht haben. Er gibt dann sofort Bescheid, wenn da mal was zu ähnlich klingt.
Matthias: Wie kann ich mir das Songwriting bei euch vorstellen?
Peavy: Ganz oldschool. Wir treffen uns und jammen auf unseren Gitarren, oft haben wir dann schon Ideen dabei, die uns vorher bereits im stillen Kämmerlein gekommen sind, manchmal entwickelt sich was spontan beim Spielen, wir inspirieren uns gegenseitig, sobald uns was gefällt, nehmen wir es auf und basteln dann nach und nach weiter daran...
Matthias: Wie viele Nummern von „Wings of Rage“ dürfen wir denn bei der Tour erwarten?
Peavy: So vier bis fünf haben wir bereits vorbereitet, eine grobe Setlist gibt es schon, der Feinschliff entsteht dann meist in der ersten Tour Woche, da sieht man dann, was wie funktioniert...
Matthias: Erinnerst du dich noch an dein erstes Mal im Studio?
Peavy: Aber ja, da war ich super nervös, dachte, ich müsste es dem Engineer und den anderen rechtmachen, erst später hab ich dann verinnerlicht, dass ich das ja nur für mich mache und ich selbst mein Qualitätsgradmesser bin, mich quasi selber produziere. Heute kenne ich meine Stärken und Schwächen und weiß genau was ich wie machen muss.
Matthias: Wie kamst du ursprünglich zum Metal?
Peavy: Als Erstes hab ich die BEATLES und die 60`s geliebt, darin bin ich ja großgeworden, von da ging‘s schnell mit DEEP PURPLE zum Hard Rock, dann als Teenager liebte ich Punk und New Wave Zeug, was mich dann über MOTÖRHEAD zum Metal brachte. In meiner Jugend war das alles noch nicht so kategorisiert und die Grenzen waren fließend. Generell mochte und mag ich Musik mit viel Energie und ich mag geile Akkorde und Melodien, so ist es heut noch.
Matthias: Erinnerst du dich noch an deine erste selbstgekaufte Platte?
Peavy: Ja, das war 1969 die „Abbey Road“ von den BEATLES, als sie grad neu rauskam! Hammer, wie lang das her ist...
Matthias: Was war das erste Konzert, das du je besucht hast?
Peavy: Das waren THE POLICE in den späten 70ern, ich glaub in Köln. Davor hatte ich aber schon sehr viele Local Bands in unseren heimischen Clubs und Jugendheimen gesehen, keine Ahnung, wann das zum ersten Mal war und welche Band das war. Als kleiner Junge hab ich immer die Band von meinem älteren Cousin verehrt, kann mich nicht an ihren Namen erinnern. Etwas später gab’s hier bei uns in Herne eine tolle Band, die sich anschickte, professionell zu werden, soweit ich mich erinnere hat Dieter Dierks, der SCORPIONS Producer (damals) sie unter seine Fittiche genommen. Sie hießen 20TH CENTURY , leider sind sie dann doch nie bekannt geworden...
Matthias: Gibt es jemanden den du als musikalisches Vorbild bezeichnen würdest?
Peavy: Das sind eher so einige Leute, am Anfang war’s John Lennon, dann hatte auch mal Lemmy nen ordentlichen Einfluss auf mich, er inspirierte mich zum Bass spielen...
Matthias: Noch einmal kurz zurück zu „Wings Of Rage“. Wie wichtig war es dir „Higher than the Sky“ neu aufzunehmen?
Peavy: Das war eher ein Zufall, als wir die neue Version dann hatten, gefiel sie uns so gut, das wir sie ins Album integriert haben.
Matthias: Gibt es eine Scheibe auf der du gerne mitgespielt hättest?
Peavy: Ich habe viele Alben, die ich sehr mag aber ich hab nie drüber nachgedacht, dass ich selber da hätte mitspielen wollen. Seit ich Gitarre spiele (seit ich 8 Jahre war) wollte ich immer meine eigenen Sachen machen.
Matthias: In welchem Land würdest du gerne einmal spielen?
Peavy: Ich hab ja schon über den ganzen Globus gespielt, letztlich ist es überall schön. Spannend wäre mal etwas ganz Abgefahrenes, zum Beispiel in der Schwerelosigkeit auf ner Raumstation zu spielen.
Matthias: Mit wem würdest du gerne einmal auf der Bühne stehen?
Peavy: Da geht’s mir genauso wie mit dem Album, bei dem ich mitspielen soll....
Matthias: Was war das letzte Album, das du dir gekauft hast?
Peavy: Klingt jetzt albern, aber ist wahr. Die neue Luxus Re-Release vom „Abbey Road“ Album der BEATLES !
Matthias: Du interessierst dich ja sehr für Archäologie wie man auch am Text zu „A nameless Grave“ sehen kann. Wie kamst du auf die Idee zu den Lyrics, welche ich persönlich sehr interessant finde?
Peavy: Darüber denke ich immer nach, wenn ich die Knochen der Namenlosen sehe bei Ausgrabungen. Das beflügelt halt meine Phantasie...
Danke für deinen Support! Grüße an alle und see you on Tour! Cheers Peavy
Bildquelle: Oktober Promotion