Samstag, 09.03.2019
Heute ist der große Tag! Heute Abend wird die Preisverleihung der FMA 2019 stattfinden. Doch zunächst einmal steht für uns noch einmal ein musikalisches Programm an. Die erste Station ist der Plattenladen Tutl in der Fußgängerzone. Ich hatte ja schon gleich, nachdem ich die Einladung erhalten habe, vermutet, dass dies einer der Programmpunkte wird. Das ist er aber auch völlig zu Recht. Tutl, das heißt „flüstern, wispern, murmeln, plaudern“ und klingt wie das Geräusch von Wellen, die über Felsen tanzen. Tutl, so heißt der Plattenladen der Inseln. Es ist nicht der einzige, es gibt noch ein, zwei andere Läden die auch CDs verkaufen, aber Tutl ist DER Plattenladen. Und Tutl ist das Label der Färöer. Gegründet wurde es bereits in den 70ern von Kristian Blak, dem Vater der färöischen Musik, von dem alle färöischen Musiker nur voller Respekt sprechen, auch wenn sie natürlich manchmal nett gemeinte Scherze über ihn machen.
Kristian erzählt uns von der Geschichte des Labels und des Plattenladens (mehr dazu wird es später noch auf Neckbreaker zu lesen geben), gespickt mit witzigen Episoden wie „und dann wollten sie uns nicht mehr im Einkaufszentrum, weil wir zu lange Haare hatten“. Als Bonus dürfen wir uns alle noch eine ganze Reihe an Vinyl und CDs mitnehmen. Kristian Blak erklärt, dass es bei ihrem Partner gleich viel kostet, egal ob sie 300 oder 1000 CDs pressen lassen. Also lassen sie meistens 1000 machen. Was auch den überreichen CD-Segen von Rógvi á Rógvu (siehe Donnerstag) erklärt. Kristian ist der geborene Entertainer und obwohl wir bestimmt 45 Minuten oder noch länger im Tutl-Laden stehen hat man das Gefühl, dass man noch längst nicht alles gehört hat. Am Ende kauft auch fast jeder noch ein paar Platten seiner Wahl, als auch schon unsere nächste Führerin in den Startlöchern steht und uns zum Bus drängt. Wir sind schon wieder spät dran.
Es geht nun nach Klaksvík, der zweitgrößten Stadt und Fischereihauptstadt der Färöer. Wir nehmen die landschaftlich reizvollere Route über die alte Inselstraße. Am höchsten Punkt liegt hier sogar noch Schnee auf der Straße (geräumt wird hier nicht). Unterwegs erklärt unsere Führerin uns, was wir rechts und links der Straße sehen. Oberhalb der ehemaligen NATO-Station, die heute ein Gefängnis ist, legen wir einen Fotostop ein. Wer ohnehin plant, kriminell zu werden, der sollte dies auf den Färöern tun (aber nur geringe Delikte, die Schwerverbrecher kommen nach Dänemark). Das hiesige Gefängnis hat keinen Zaun (wo will man auch hin?), dafür aber einen Minigolfplatz und eine der schönsten Aussichten der Färöer.
Heute haben wir allerdings kein Glück mit dem Wetter. Je weiter wir nach Norden kommen, desto mehr regnet es und in Klaksvík angekommen, schneit es sogar. Wir fahren zur Spaniastova, einem der ältesten Gebäude der Stadt. Einst befand sich ein Kaufladen in dem Gebäude und viele Möbel sind noch aus dieser Zeit erhalten. Gleichzeitig ist das Gebäude auch ein modernes Kulturzentrum, in dem öfter Konzerte veranstaltet werden. Und auch für uns gibt es hier heute Konzerte.
Doch zunächst werden wir vom Bürgermeister der Stadt begrüßt, der uns etwas über die Geschichte der Stadt und auch über die Geschichte des hier jährlich im August stattfindenden Summar Festivalurs erzählt. Davon gehört haben viele meiner Kollegen schon, aber bei der Frage, wer es denn schon besucht hat, bin ich einer der wenigen, der die Hand hebt. Interessant ist, dass das Festival ursprünglich aus einer Sportveranstaltung, nämlich einem Ruderwettbewerb, entstanden ist. Die Verantwortlichen in der Stadt fanden es aber schade, dass die Leute danach immer gleich wieder verschwunden sind und nicht noch zum Feiern blieben. Also musste eine Idee her, wie man die Leute länger in der Stadt halten kann. Und so war die Idee zum Festival geboren.
Dabei hatte man in den Anfangsjahren auch noch mit ganz banalen Schwierigkeiten zu kämpfen, wie z.B. dem Stau, der in Leirvík entstand, weil es den Unterseetunnel nach Klaksvík noch nicht gab und alle mit der Fähre fahren mussten. Und auch Deutsche waren indirekt an der Entwicklung des Festivals beteiligt. Denn die SCORPIONS wollten nur spielen, wenn es auch eine Bühne von internationalem Rang gäbe. Also baute man 2007 solch eine Bühne – die dann auch gleich am letzten Tag des Festivals von einem Sturm zerstört wurde. Aber Färinger lassen sich von so einem Sturm ja nicht aufhalten und so wuchs das Festival immer weiter. Immer wieder spielen hier auch richtig große internationale Namen wie WESTLIFE, CLIFF RICHARD, TOTO oder ROXETTE. Dieses Jahr wird das Festival vom 08.-10. August stattfinden. Wer also um diese Zeit auf die Inseln reist, kann sich das ja mal überlegen. Und wie man uns mit einem Schmunzeln auf die Frage, was das Festival für die Menschen verändert hat mitteilt: Man kann einen deutlichen Anstieg der Geburtenrate jeweils neun Monate später feststellen.
Musikalisch beglückt uns nun zunächst Rani Nolsøe, der Bruder von Eyðun Nolsøe, den wir bereits am Donnerstag gehört haben. Genau wie Eyðun wurde er einst mit der Band FRÆNDAR bekannt. Er spielt drei Songs für uns, darunter einen über die Färöer, einen über den Sommer und noch einen weiteren. Rani singt und begleitet sich dabei auf der Gitarre und bietet schöne Singer/Songwriter-Musik, hinterlässt jedoch keinen bleibenden Eindruck.
Der zweite in der Reihe ist Hans Andrias Jacobsen. Auch er ist auf den Färöern kein Unbekannter, gewann er doch bereits 2012 den Planet Awards für den besten neuen Solokünstler. Hans Andrias begeistert sofort mit seiner schönen, rauchigen Stimme. Er präsentiert Stücke von seinem noch immer aktuellen Album „Vision“ aus dem Jahr 2016. Seine Stimme kommt bei „Haze“ besonders gut zur Geltung. Und bei „Wasteland“ legt er dann einen Abgang hin, an den man sich noch lange erinnert wird. Denn er verlässt, noch immer singend und Mundharmonika spielend, einfach den Saal. Am Anfang denkt man noch, er käme wieder zurück, um sich seinen Applaus abzuholen – doch weit gefehlt. Er bleibt zunächst verschwunden. Der Bürgermeister kommentiert das mit „Elvis has left the building!“.
Wir verlassen das Gebäude aber noch nicht. Denn nun gibt es eine (mehr oder weniger) Akustik-Version von DANNY & THE VEETOS. Allmählich bekommen wir das Gefühl, dass man uns diese Band – warum auch immer – besonders verkaufen will. Und ich meine – das sind ja alles nette Leute, aber die Musik haut einen nun nicht wirklich vom Hocker. Immerhin gibt es musikalisch Abwechslung. Wurden gestern nur neue Songs gespielt, so gibt es heute auch einige alte zu hören. Darunter auch ein färöisch-sprachiges Stück namens „Stúr Ei Meir“ vom letzten Album „Hint Of Melancholy“. Und bei „Why Am I Running?“ (ich vermute einfach mal, dass der Song so heißt) müssen wir alle mitmachen und beim Refrain kräftig mitsingen. Spaß machen die Jungs ja – aber wirklich überzeugt haben sie mich auch bei diesem Auftritt nicht.
Nach einer kurzen Verpflegung – es gibt mal wieder Fischsuppe – geht es für uns anschließend zurück nach Tórshavn, diesmal auf der schnellen Route durch die Tunnel. Es bleiben noch ein paar Stunden, um etwas zu essen und sich auf die Faroese Music Awards vorzubereiten. Wie es dort war, erfahrt ihr in einem eigenen Bericht. (Anne)
FMA 2019 - Die Woche davor (Fotos: Anne)

















































































































































