Judas Priest + Phil Campbell And The Bastard Sons (19.07.2025, Luxemburg)

JUDAS PRIEST machen mit ihrer aktuellen “Shield Of Pain”-Tour auch in der Rockhal in Luxemburg Station. Gerade zeitig nach dem Release des Hellfest-Mitschnitts steigt die Spannung und die nicht geteilte Rockhal ist an diesem Abend gut gefüllt. Ohne ACCEPT wie auf den deutschen Tourdaten zieht das Paket aus den Metal-Göttern und PHIL CAMPBELL AND THE BASTARDS SON eben auch ordentlich Leute und die werden an diesem Abend redlich belohnt

PHIL CAMPBELL AND THE BASTARD SONS

Pünktlich um 20 Uhr zu den Klängen von STATUS QUO “Rockin All Over The World” legt der ehemalige MOTÖRHEAD-Gitarrist zusammen mit seinen drei Söhnen und dem Sänger Joel Peters los. Zum Einstieg gibt es gleich mal mit "We're the Bastards” ordentlich eins auf die 12. Die Nummer kommt auf den Punkt und der dreckige Rock'n'Roll kommt gut an.

Das Publikum zieht gleich mit und Phil stampft wie früher bewaffnet mit seiner Les Paul samt dem bekannten Outfit aus Sonnenbrille und Beanie über die Bühne. Dabei trägt er, wer hätte es gedacht, ein JUDAS PRIEST Tour-Shirt. Ob er den dafür ausgehängten Preis zahlen musste, ist nicht überliefert. Vom Erstling “The Age Of Absurdity” geht es weiter mit “Step Into The Fire”. Live klingt die Nummer mit Sänger Joel schön fett, ursprünglich wurde der Song noch von Ex-Sänger Neil Starr eingesungen.

Generell fährt die Band einen sehr fetten Sound und hinterlässt Eindruck. Die Bühnenpräsenz strahlt samt walisischer Flagge und einem Orange-Amp einen schönen reduzierten Ansatz aus, den man durchaus auch als puren Rock'n'Roll ansehen könnte. Hier geht es um den Kern und nicht die Show.

Es folgt die erste Ansage von Phil, in der er sich erkundigt, ob MOTÖRHEAD-Fans da seien und kündigt an “Now You Can Dance Your Asses Off". "Going To Brazil”. Genau das tun sie auch und die Nummer trifft ebenfalls auf sehr viel Gegenliebe. “Hammer And Dance” drückt anschließend ordentlich aufs Pedal, bevor “High Rule” der lieben Politik gewidmet wird. Phil hat indes seine Sonnenbrille nicht mehr auf und wirkt dadurch etwas offener und agiert mit dem Publikum. Das kommt besonders bei seinem Solo zu “High Rule” gut an, und es macht einfach Laune, dem Guten beim Solieren zuzuhören.

Mit “Born To Raise Hell” gibt es eine weitere Nummer auf die Rübe und hier spielt die Band schön mit dem Publikum und animiert zum Mitsingen. Dass es “Straight Up” von Phils Soloalbum ins Set geschafft hat, freut mich wahnsinnig, denn der Song gefiel mir auf der Platte bereits wahnsinnig gut. Schade nur, dass es nicht mehr wie früher möglich ist, dass tatsächlich Rob Halford selbst den Gesangspart übernimmt. Aber egal, die Nummer kommt dennoch super an und es macht richtig Laune, das Teil mal live zu hören.

Mit “Dark Days” wird es wieder etwas ruhiger, bevor die Band anschließend mit einem weiteren Cover die Halle zum Kochen bringt. Für diesen einen MOTÖRHEAD-Song schnallt Phil dann auch mal die vergoldete Flying V um. Zwar fliegen hier nicht die Fetzen wie früher, wenn MOTÖRHEAD “Ace Of Spades” spielte, kommt aber dennoch gut an. Nun wird noch die Band vorgestellt und ein Fuck-Finger-Foto mit der Menge gemacht, bevor sie mit “Strike The Match” einen runden Abschluss finden. Ein sehr guter Opener, der hoffentlich viele der Anwesenden in Erinnerung ruft, welch ein ausgezeichneter Gitarrist Phil eigentlich ist und dass er sehr interessantes Material am Start hat.

Setlist PHIL CAMPBELL AND THE BASTARDS SON:

We’re the Bastards
Step Into The Fire
Going To Brazil
Hammer and Dance
High Rule
Born To Raise Hell
Straight Up
Dark Days
Ace Of Spades
Strike The Match

 

20240505 Crusade 01 02 Crusadelive 20231118 0108 desireemishoe 33930

  

JUDAS PRIEST

Mit dem Erklingen der ersten Töne von BLACK SABBATHs “War Pigs” in der Original-Fassung wird jedem Priest-Jünger, der die Band seit Jahren verfolgt, schlagartig bewusst, dass die Umbaupause bald zu Ende ist. Ich selbst hätte es sehr begrüßt, wenn sie ihre Version für das BLACK SABBATH “Back To The Beginning”-Event verwendet hätten, aber sei es drum.

Pünktlich um 21:15 Uhr steigen wir ein in ein unvergleichliches JUDAS PRIEST-Konzert, das ich so niemals erwartet hätte. Bereits beim Opener “All Guns Blazing” scheint es absolut unmöglich, was Rob Halford mit seinen 73 Jahren da vorne auf die Bühne bringt. Was dieser Mann in den letzten Jahren mit seiner Stimme und vor allem seinem Stimmumfang angestellt hat, ist mir ein absolutes Rätsel. Hier kann nur die gnadenlose Disziplin des Mr. Halford dahinterstecken. Wer sonst begibt sich in diesem Alter noch auf die Bühne, um derart abzuliefern? Wer eigentlich? Natürlich, Ian Hill steht direkt rechts von ihm. Der oftmals etwas ignorierte Bassist ist schließlich ebenfalls im stolzen Alter von 73 Jahren, und zudem das letzte verbliebene Gründungsmitglied bei den Briten. Hill hat offensichtlich immer noch den Spaß seines Lebens und lässt sich sein Alter nicht anmerken, von der Position vorne rechts höre ich zu dem seinen Bass sehr markant, was mir an diesem Abend besonders gut gefällt, da er häufig im Mix etwas untergeht.

Auch sonst macht die Band einen gesunden und sehr motivierten Eindruck. Natürlich ist Richie Faulkner nach seiner Herzattacke nicht mehr ganz so agil auf der Bühne unterwegs wie früher, was sich aber lediglich an diversen fehlenden Sprints zwischen den Bühnen-Seiten bemerken lässt. Ansonsten ist der Gitarrist, und vor allem seine Fingerfertigkeiten, weiterhin in Topform. Andy Sneap, der gerade seinen 56. Geburtstag gefeiert hat, fühlt sich inzwischen sichtlich wohler in der Band und auf der Bühne. Egal wie groß die Fußstapfen von Glenn Tipton sein mögen, er füllt sie mit Bravour und interagiert wesentlich mehr mit dem Publikum als bei früheren Konzerten. Generell hinterlassen die beiden Gitarristen einen bleibenden Eindruck, und nicht nur die Gitarrenmelodien wirken harmonisch. Zu den sagenhaften Dual-Lead-Duellen des “Painkiller”-Albums kommen wir später noch. Und hoch oben hinter allen Mitgliedern thront Scott Travis an den Drums und sieht optisch noch immer so aus wie gefühlt 1990. Zweifelsohne hat Scott wahnsinnig viel Spaß und auch das “Painkiller”-Material geht im fließend von den Händen. Dabei ändert er, soweit ich es als Laie erkennen kann, hier und da ein paar Parts, aber anhand seines Grinsens lässt sich zumindest erahnen, dass er richtig Laune daran hat, die Nummern von jenem legendären Album, das die Metal-Szene für immer veränderte, zu spielen.

Bereits “All Guns Blazing” lässt mich als Fan komplett kopfstehen. Ich hätte mir niemals erträumt, diese Nummer in meinem Leben noch einmal live zu sehen. Erschien ich selbst doch erst zwei Jahre auf diesem Planeten, bevor 1990 “Painkiller” das Licht der Welt erblickte. Ich muss nicht erwähnen, dass ich damals natürlich nicht auf die entsprechende Tournee ging und ich seither jeden bewundere, der mir mit großen Augen davon berichtet. Überrascht war ich natürlich nicht, da mir die Setlist mit sieben der neun “Painkiller”-Nummern durchaus vorher bekannt war, aber ich bin überrascht von der unfassbar guten Qualität, in der JUDAS PRIEST die Nummer präsentieren. Kein bisschen weniger dramatisch trifft anschließend mit “Hell Patrol”, dass mich auch Gitarren technisch komplett den Verstand verlieren lässt. Gerade das Dual-Lead Solo lässt mich hier regelrecht zu Stein erstarren. Ein Glück, dass die Band mit “You’ve Got Another Thing Comin”, “Freewheel Burning” und “Breaking The Law” nun kurz die üblichen Hits zündet. In der Zeit kann ich mich ein wenig sammeln, zu dem gerade Gesehenem und Gehörtem. Die Hits kommen natürlich bestens beim Publikum an und jeder singt lautstark mit.

20240505 Crusade 01 02 Crusadelive 20231118 0108 desireemishoe 33930

Für “A Touch Of Evil” muss ich anschließend wieder tapfer sein, hier erwartet uns ganz großes Kino, bereits das unfassbar starke Intro treibt mir eine Gänsehaut vom Nacken runter bis in den rechten kleinen Zeh. Die Faszination für diesen Song hat mich nie verlassen, und jetzt hier zu stehen und ihn einmal mehr live zu erleben, mit einem Rob Halford, der mit 73 stärker denn je klingt, sagenumwoben - ”You're Possessing Me!” . Auch “Night Crawler” kommt sehr stark daher, wesentlich stärker nach meinem Empfinden, wie damals bei ihrer “Epitaph”-Tour auf dem Graspop, ein wahnsinnig guter Song, der viel Atmosphäre schafft.

Generell ist die Produktion auf dieser Tour nochmal etwas größer als zuletzt. Es gibt insgesamt drei LED-Leinwände, und das Bühnenbild selbst ist sehr stark an “Painkiller” ausgerichtet. Halford bewegt sich dabei häufig zwischen den Bühnenseiten hin und her und sucht auch den direkten Kontakt zum Publikum, Sonnenbrille über das ganze Konzert hin ist ja schon länger Geschichte. Was an diesem Abend auch nicht auftaucht, ich aber auch nicht wirklich vermisse, ist das Gesangsspiel von Rob mit dem Publikum. Ob das nun sein mag, um die Stimme zu schonen oder noch einen Song mehr unterzubringen, sei dahingestellt, es ist mir lediglich aufgefallen.

Mit “Solar Angels” gibt es nun einen der wenigen Songs aus der Frühphase der Band, zumindest für diesen Abend, wenn wir “Breaking The Law” von “British Steel” mal außen vor lassen. Die Nummer vom “Point Of Entry” Album kommt live hervorragend rüber und erzeugt viel Druck. Etwas schade, dass die Band nebst “Hell Bent For Leather” später kaum Songs der Pre-80er Phase präsentiert. Aber das ist wirklich Meckern auf hohem Niveau, denn mir war klar, dass der Fokus auf “Painkiller” liegt, und das ist auch gut so. Eine Setlist für diese Tour zusammenzustellen muss der Horror gewesen sein, da der Abwechslungsreichtum, den JUDAS PRIEST für mich immer ausmacht, etwas untergeht.

Doch das ist nicht weiter tragisch, und fließend geht es in “Gates Of Hell” über, womit die Band einmal mehr zeigt, wie gut ihr jüngstes Songmaterial zu den alten Songs passt. Auch die Menge sieht das so, und die Stimmung reißt nicht ab. Mit den ersten Klängen von “Battle Hymn” weiß jeder, welche Stunde nun geschlagen hat und für “One Shot At Glory” wird noch einmal ordentlich mitgesungen. Die Nummer kommt fantastisch an und macht jede Menge Spaß live.

“The Serpent And The King” passt sich anschließend wieder nahtlos in die Setlist ein, und wüsste man es nicht, könnte man fast denken, es wäre eine Nummer auf einem imaginären Album, das nach 1990 erschienen ist. In einem Parallel-Universum, in welchem Halford nie die Band verlassen hat.

Mit “Between The Hammer” folgt eine weitere "Painkiller"-Nummer, die ich auf dem Album immer vergesse und sogar fälschlicherweise schon einmal “Defenders Of The Faith” zuordnete. Diesen üblen Fehler bezahlte ich mit einem Kasten Bier und das absolut zurecht. Die Nummer kommt großartig rüber und die Einspieler über die Leinwände lassen visuell nichts zu wünschen übrig, ein roter Faden, der sich durch den gesamten Abend zieht. Auch das Priest-Logo mit diversen LEDs, welches wechselnd zwischen den Songs erscheint, soll nicht unerwähnt bleiben. Für “Giants In The Sky” huldigt die Band den viel zu früh verstorbenen Musikern, die nunmehr als “Giants In The Sky” unvergessen bleiben, und hinten auf der großen Leinwand erscheinen Wegbegleiter und bekannte Gesichter. Gut inszeniert und keineswegs als reines Show-Gadgets verkommen.

Nun geht es zum großen Finale über und das legendäre Drum-Intro zum Titeltrack des “Painkiller”-Albums erklingt. Bisher habe ich den Song noch nie so gut von der Band präsentiert bekommen, dieser Abend hat wirklich was Magisches an sich. Das sieht auch das Publikum so und kennt kein Halten mehr.

20240505 Crusade 01 02 Crusadelive 20231118 0108 desireemishoe 33930

Die Bühne wird anschließend kurz abgedunkelt, bevor die Band zum Zugabteil übergeht. Allein bis zu diesem Zeitpunkt lässt sich bereits mehr als deutlich sagen “The Priest Is Back!” und das ist 2025 keineswegs eine Selbstverständlichkeit. Wie sich diese Band seit dem Einstieg von Richie Faulkner und diversen gesundheitlichen Rückschlägen immer wieder erholt hat und auch heute noch hier in Luxemburg live zu sehen ist, ist einfach unglaublich. Noch dazu eine derart große Produktion für vergleichsweise wenig Kosten (Tickets waren für 67€ bei der Rockhal zu erwerben) sucht in der heutigen Zeit seinesgleichen. Das hier ist ganz großes Kino für Augen und Ohren. Wenn sich hiervon nur die Hälfte anderer Bands eine Scheibe abschneiden würde, dann wären wir heute, was Konzerte und Livemusik betrifft, vielleicht nicht in der desolaten Situation, in der wir uns gerade befinden.

Auch im Zugabteil gibt die Band noch einmal Gas, Halford ist nach wie vor gut bei Stimme, auch wenn er sich nun etwas zurückhält. Doch “The Hellion” und “Electric Eye” können so gesehen nicht schief gehen und lassen die Stimmung nochmals auf ein neues Hoch schnellen, bevor er anschließend zu “Hell Bent For Leather” mit der Harley als das große Show-Event eines jeden JUDAS PRIEST Konzertes auf die Bühne rollt. Ich bin sehr froh darüber, dass zumindest noch ein Song der Frühphase der Band heute Abend zu hören ist. Die Nummer ist abgöttisch und das immer wieder.

Mit “Living After Midnight” und der Botschaft “The Priest Will Be Back” beenden JUDAS PRIEST ein großartiges Konzert, das ich so nicht habe kommen sehen. Als ich zuerst davon las, dass der Schwerpunkt auf “Painkiller” liegen würde, war ich sehr skeptisch, ob sich die Herren damit einen Gefallen tun. Auch wenn ich an der Setlist etwas bemängelte, dass die Frühphase untergeht, hätte ich die zwei fehlenden Nummern “Leather Rebel” und “Metal Meltdown” auch noch gerne gehört. Aber seien wir mal ganz ehrlich, wem geht es an der Stelle anders? Doch das ist wirklich der einzige Kritikpunkt.

Obendrein haben JUDAS PRIEST an diesem Abend gezeigt, dass es tatsächlich möglich ist, ein legendäres Album wie “Painkiller” auch so viele Jahre später noch gekonnt auf die Bühne zu bringen. Nicht nur die Gesangsleistung von Rob soll hier Beachtung finden. Auch die Gitarrenparts von Glenn und K.K. wurden in einer gnadenlosen Perfektion vom neuen Duo Faulkner / Sneap präsentiert. Dabei haben sich die Herren sogar exakt an die Wechsel gehalten, die auf dem Album zu hören sind zwischen K.K. und Glenn. Ganz großes Kino.

JUDAS PRIEST zeigen auch 2025 live noch immer, wo der Hammer hängt und schmieden ihre ganze eigene Art des Heavy Metals auf unfassbar gute Weise. Wer die Chance hat, sie auf dieser Tour live zu sehen, muss unbedingt hingehen. (Pascal)

Setlist JUDAS PRIEST:

All Guns Blazing
Hell Patrol
You've Got Another Thing Comin'
Freewheel Burning
Breaking the Law
A Touch of Evil
Night Crawler
Solar Angels
Gates of Hell
Battle Hymn
One Shot at Glory
The Serpent and the King
Between the Hammer and the Anvil
Giants in the Sky
Painkiller

Encore
The Hellion
Electric Eye
Hell Bent for Leather
Living After Midnight

(Fotos: Alex)

Wir benutzen Cookies
Für optimalen Benutzerservice auf dieser Webseite verwenden wir Cookies. Durch die Verwendung unserer Webseite erklären Sie sich mit der Verwendung von Cookies einverstanden