Dienstag, 05.03.2019
Am nächsten Tag strahlt die Sonne vom Himmel, es herrscht so ziemlich das beste Wetter, das man sich wünschen kann. Nach einem kurzen Spaziergang durch die Stadt fahre ich mit dem Bus zum Fähranleger Gamlarætt. Gerade als wir ankommen fährt auch die Fähre „Teistin“ ein. Die Färinger schaffen ja, was wir hier in Deutschland nicht hinbekommen: Verschiedene Verkehrsmittel zeitlich aufeinander abzustimmen. Mit der Teistin geht es rüber nach Skopun auf Sandoy. Der Seegang ist nicht zu verachten und obwohl ich normalerweise recht seefest bin, bin ich dieses Mal doch froh, als wir endlich in den Hafen von Skopun einfahren. Von dort aus mache ich mich zu Fuß entlang der Straße auf den Weg zum Gipfel des Knúkur. Der ist mit 369 m der höchste Berg Sandoys (was übrigens die flachste Insel der Färöer ist).
Rund 2 km hinter Skopun zweigt ein Feldweg von der Straße ab, auf diesem geht es nun in Serpentinen weiter bergauf. Bis dahin eine sehr einfache „Bergwanderung“. Nur die letzten paar hundert Meter muss ich noch über freies Gelände laufen und – natürlich – einen Schafszaun übersteigen. Vom Gipfel aus hat man eine fantastische Aussicht. Im Süden sieht man wie an einer Schnur aufgereiht Skúgvoy, Stóra Dímun und Lítla Dímun, von Westen nach Osten sieht man Mykines, Vágar, Koltur, Hestur, Streymoy, Esturoy und Nólsoy. Und tief unter mir liegt Skopun wie eine Spielzeugstadt. Auch von hier oben sieht man den großen Briefkasten im Ort, der einmal der größte der Welt war. Auf dem Weg nach oben habe ich geschwitzt, nun weht es so eisig kalt, dass ich das Gefühl habe, mir würden die Finger einfrieren. Gerne würde ich Aussicht und Sonne hier oben noch länger genießen, aber es ist einfach zu kalt.
Der Weg zurück nach Skopun ist Entspannung pur, schließlich geht es nur bergab. In Skopun stelle ich dann fest, dass das öffentliche WC, das auf den malerischen Namen Pisshúsið hört(e), abgerissen wurde. Da heißt es einhalten, bis die Fähre kommt. Und bis die kommt, mache ich noch einen kleinen Spaziergang durch den Ort, wo ich diverse Hunde und Färinger treffe. Praktischerweise kann man von Skopun bis nach Gamlarætt hinüber sehen, so dass man sieht, wann die Fähre dort losfährt und weiß, wann man sich auf den Weg zum Hafen machen muss.
Am Abend, um 21:00 Uhr, geht es los mit unserer persönlichen Musikwoche. In der Bar Hvonn, im Untergeschoss des Hotel Tórshavn gelegen, wird es ein Folk-Konzert geben. Hier treffe ich auch zum ersten Mal auf die ersten anderen Journalisten, die ebenfalls zu den FMA eingeladen wurden. Neben der Musik ist es nett, auch mal mit den Kollegen aus Deutschland, Dänemark und Grönland zu plaudern. Außerdem treffe ich auch noch meine Freunde Finnur Hansen, der später auch noch spielen wird sowie Uni Debess, der auf ein Bier und etwas Musik vorbeigekommen ist.
Zum Auftakt spricht Kristian Blak, die zentrale Figur in der färöischen Musikszene ein paar einführende Worte, dann legt eine Gruppe junger Mädchen los. Zu Beginn wirken sie, insbesondere die am Kontrabass, noch sehr schüchtern. Jede von ihnen stellt reihum eines der gespielten Stücke vor und mit der Zeit werden sie immer sicherer. Besonders für eine bulgarische Polka, bei der die vier auch noch (bulgarisch!) singen, bekommen sie richtig viel Applaus. Am Ende müssen sie sogar eine Zugabe spielen. Da sie damit anscheinend nicht gerechnet haben, gibt es einfach die bulgarische Polka noch einmal, und sie kommt genauso gut an wie beim ersten Mal.
Danach spielt eine weitere Mädchentruppe, anscheinend gemeinsam mit ihrer Lehrerin. Begleitet werden sie von Kristian Blak am Klavier. Der hatte grade keinen Hocker zur Hand und setzt sich trotz seiner mehr als 70 Jahre einfach auf einen Tisch als Hockerersatz. Gespielt werden wieder Folksongs, teilweise aus der Feder von Kristian Blak, z.B. „Álvastakkur“.
Im Anschluss spielt Janus Trúgvason mit Band. Zunächst jedoch einmal ohne, denn bei den ersten drei Liedern begleitet er sich nur selbst auf der Gitarre. Erst beim vierten Song stößt dann auch der Rest der Band zu ihm. Finnur Hansen sitzt am abgewetzten Klavier, das zumindest äußerlich schon deutlich bessere Zeiten gesehen hat. Aber irgendwie sehen auf den Färöern die meisten Klaviere aus, als hätten sie schon mehrere Kriege überlebt. Auch der Vierer spielt getreu dem Motto des Abends Volksweisen, darunter auch „Grindavisan“, das einzige Stück das ich – dank TÝR – bereits kenne.
Als die vier fertig sind, spielt noch eine weitere Band, die gar nicht angekündigt war. Aber spontan passiert auf den Färöern ja öfter mal. Ich sehe sie mir jedoch nicht mehr an, dafür bin ich heute einfach zu müde. Ich unterhalte mich noch etwas mit Kristian Blak und den frisch kennengelernten Kollegen. Die sind alle heute erst angereist und entsprechend müde, so machen wir uns bald gemeinsam auf den Weg ins Hotel. Zum Glück können wir morgen ausschlafen.