Lingua Mortis Orchestra feat. Rage - LMO

linguamortisorchestra lmoRAGE haben ja vor einigen Jahren beschlossen, von nun an zweigleisig zu fahren. Einmal Metal, einmal Orchester. Mit „21“ haben sie letztes Jahr den metallischen Teil vorgelegt. Und nun kommt der orchestrale Part. Und da RAGE von nun an rein metallisch sein sollen, heißt der musikalische Part auch nicht wie seinerzeit, anno 1996, RAGE and The Symphonic Orchestra Prague sondern genau umgekehrt: LINGUA MORTIS ORCHESTRA feat. RAGE.

Und das ist auch gut so. Denn das schlicht „LMO“ betitelte Werk unterscheidet sich doch erheblich von anderen RAGE-Alben (natürlich!), aber eben auch vom 1996er Album, mit dem RAGE damals eine echte Vorreiterrolle einnahmen. Dabei ist das LINGUA MORTIS ORCHESTRA nicht, wie 1996 ein einziges Orchester, sondern die Aufnahmen wurden mit zwei verschiedenen Orchestern aus Spanien und Weißrussland durchgeführt. Ebenfalls neu: Die Band wird jetzt mit Jeannette Marchewka und Dana Harnge gleich von zwei Sängerinnen unterstützt, die den Kompositionen zusätzliche Klangfarben verleihen.

Und die bereichern den Sound maßgeblich. Sei es solo oder im Duett mit Peavy – ohne die beiden würde hier etwas fehlen. Dabei beginnt das Album etwas seltsam; mit didgeridooartigen Klängen und Gesang, bei dem man sich nicht sicher ist, ob das jetzt Kunst ist oder lustig. Doch dann steigt man ganz schnell in die Klassik ein, die auch zunächst im Vordergrund steht. Victor Smolski an der Gitarre muss sich erst langsam nach vorne kämpfen. „LMO“ eröffnet gleich mit dem längsten Song. Das ist einerseits mutig, andererseits weiß man nach diesem einen Song im Grunde schon, was einen auf dem Rest des Albums erwartet.

„Cleansed By Fire“ besteht eigentlich aus drei Teilen oder auch Untertiteln. Hier gibt es reine Orchesterpassagen, ein Instrumental, Duette und Wechselgesang, harte Gitarren und Schlagzeug, Peavy singt und growlt – Fanherz, was willst du mehr? Und ich sage es euch jetzt gleich: Ich gehöre zu den Leuten, die die Fusion von Klassik und Metal (oder meinetwegen auch Metal und Klassik) einfach gut finden – sofern es gut gemacht ist. Dass RAGE das können, haben sie ja schon 1996 bewiesen. Und auch 17 Jahre später können sie es noch. Im Grunde braucht man hier schon gar nicht mehr weiter zu hören. So gut wie „Cleansed By Fire“ ist, kann der Rest eigentlich nicht schlecht sein.

Und das ist er auch nicht. Aber es ist auch nicht alles gleich. Während z.B. „Cleansed By Fire“ eine eindeutige orchestrale Melodieführung hat, erkennt man bei „Scapegoat“ viel eher die dahinter steckende Band, denn hier finden sich typische RAGE-Melodielinien. Auch ist der Song deutlich härter und geht mehr Richtung Metal, weniger Richtung Klassik/Orchester. Ja, ich würde sogar sagen, das Stück ist auch für RAGE-Verhältnisse ganz schön hart; daran tragen die Growls und Screams keinen unwesentlichen Anteil.

Einen kleinen Kritikpunkt hätte ich bei „The Devil's Bride“: Da ist mir Peavys Gesang am Anfang zu künstlich rau. Ansonsten ist aber auch dies ein wunderschöner Song, der Victor Smolski viel Raum gibt, um sich auszuleben. Aber man kann auch ganz sanft („Lament“, könnte auch locker im Radio laufen – und das meine ich nicht abwertend), ohne auch nur einen Deut Richtung Kitsch zu driften, oder instrumental („Oremus“). Ok, ich gebe zu, bei letzterem ist durchaus Gesang zu hören. Allerdings wird dieser hier rein als zusätzliches Instrument eingesetzt, was die Klasse der Kompositionen nochmals unterstreicht.

„Witches' Judge“ fällt etwas nach unten ab, denn es zeigt nicht gerade Peavys herausragendste Gesangsleistung, aber das ist in diesem Fall eher Jammern auf hohem Niveau. Denn der größte Teil des Albums ist einfach nur gelungen. Als nach den 8 Songs wieder die ominösen Didgeridooklänge ertönen und sich damit der Kreis schließt, ist man fast ein bißchen traurig, daß das Album nun schon zu Ende ist.

Doch es gibt ja noch die Bonussongs. Wie schon 1996 greift man dabei auf bereits bekannte Songs zurück, denen man ein orchestrales Kleidchen angezogen hat. Die Wahl ist dabei auf „Straight To Hell“ und „One More Time“, beide vom 2001er „Welcome To The Other Side“-Album, gefallen. Zumindest im Fall von „Straight To Hell“ eine etwas seltsame Wahl, gäbe es doch viel mehr Songs, die besser mit Orchester umgesetzt werden könnten. Vielleicht hat man das Stück gewählt, weil es außerhalb der Metalszene wohl der bekannteste Song der Band sein dürfte. Ich finde auch, dass dem Song nun einiges an Brutalität verloren ging – ich persönlich hätte „Straight To Hell“ wohl nicht ausgewählt.

Eher kann ich da etwas mit dem zweiten Bonussong „One More Time“ anfangen. Denn der wird von der Orchestrierung wirklich bereichert und klingt einfach nochmal besser als im Original. Schön. Da kann ich abschließend nur wiederholen, was ich schon im Review zu „21“ geschrieben habe: RAGE sind zurück. Und ob mit oder ohne Orchester – ich mag sie einfach (wieder). (Anne)


Bewertung: 8 / 10

Anzahl der Songs: 10
Spielzeit: 65:35 min
Label: Nuclear Blast
Veröffentlichungstermin: 02.08.2012

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