In Extremo - Kompass zur Sonne

In Extremo Kompass Zur Sonne Albumcover 2002020 sollte DAS Jahr werden. Mit Fans, Freunden, einem neuen Album und einer Burgentour wollten sie ihren 25ten Geburtstag feiern. Nun muss IN EXTREMO ein wenig umdisponieren. Ihr neues Album „Kompass zur Sonne“ wurde nach hinten verschoben, aber in den letzten Monaten wurden Fans bereits mit den Videos zu „Wer kann segeln ohne Wind“ und „Troja“ gefüttert. Die Vorfreude und die Ohrwürmer wuchsen immer mehr und nun ist es endlich soweit, das neue Album ist da.

 Bereits mit dem Einstieg „Troja“ haben IN EXTREMO sofort meine Aufmerksam. Ein unüblicher Sound, der durch härtere Riffs erklingt, mag wohl den einen oder anderen Fan überraschen. Jedoch finde ich, dass es den Hörer direkt „catcht“. Der Text basiert zwar nicht auf der wahren Geschichte, aber das stört mich nicht. Ich finde die Idee dahinter ist trotzdem eine gute. Besonders überrascht hat mich, dass bereits der erste Song als Single ausgekoppelt wurde und ein Video erschien.
Bereits mit dem zweiten Song „Kompass zur Sonne“ konnte ich einen Narren an der Melodie des Dudelsacks fressen, denn die brannte sich sofort in meinem Kopf ein.

Als ich das Album zum ersten Mal hörte, hat sich direkt das politische „Lügenpack“ als mein Liebling ergeben. Besonders Passagen wie „Lügen-, Lügen-, Lügenpack, wir schneiden euch die Zunge ab“ oder „Blut und Trug, wir haben’s satt“ können auf die politische Situation der letzten Jahre bezogen werden, insbesondere wenn man auf die Arbeit einiger Journalisten oder Präsidenten eingeht. Allerdings möchte die Band das sicherlich nicht so in den Vordergrund stellen, denn die Passage „Wir jagen euch mit dem Dudelsack“ bringt Humor in die paar Minuten mit ein.  Das wäre durchaus mal ein Versuch wert, Menschen mit einem Dudelsack zu jagen, oder? Auf jeden Fall ist das Thema ein aktuelles und eines, das wir ebenso viel zu oft erleben. Dadurch können sich sicherlich einige damit identifizieren. Aber nicht nur der Text gefällt mir ganz besonders, auch die Portion des Dudelsacks und der Gitarren bleiben im Kopf.

Ein weiteres politisches Thema  wird in „Saigon und Bagdad“ geliefert. Auch dieser hat es mir wieder angetan, weil viele politische Probleme und Ereignisse aus den letzten Jahren und Jahrhundertern angesprochen werden. „Korea und Pearl Harbor – Habt ihr nichts gelernt?“ singen IN EXTREMO. Ein unschlagbarer Track, der nicht um den heißen Brei gedichtet ist, sondern das aussagt, was der Wahrheit entspricht. Und um es noch emotionaler wirken zu lassen, gibt es gegen Ende einen Wechsel von Michael Rhein und einem Kind, welches ihm auf die Beispiele mit der Frage „Habt ihr nichts gelernt?“ antwortet. Schließlich werden auch in der Zukunft solche politischen Ereignisse noch immer stattfinden.

„Wer kann schon segeln ohne Wind“ basiert auf dem schwedischen Volkslied „Vem Kann Segla Förutan“. Und wie passend, ganz zufällig hat IN EXTREMO einen Kollegen gefunden, der seine Strophen in der Originalsprache singt. Als ich es zum ersten Mal gehört habe, bin ich aus den Latschen gekippt, denn es gibt wirklich viele verschiedenen Interpretationen und Umsetzungen, aber diese?! Niemand anderen als Johan Hegg von AMON AMARTH haben sie dazu eingeladen! Eine sehr außergewöhnliche Mischung, die aber die beste Umsetzung ist, die sie für dieses Volkslied hätten machen können. Vor allem wenn beide zusammen singen, erklingt der Text noch wesentlich bitterer, als er ohnehin schon ist.
Und kurz vor Ende erscheint dann doch noch eine Nummer, die in die Fußstapfen von „Sternhagelvoll“ treten kann. Mit „Reiht euch ein ihr Lumpen“ gibt es einen erneuten Aufruf zum Feiern und Trinken. Aber insbesondere das Gemeinschaftsgefühl wird angesprochen, sodass die Nummer definitiv auf die Bühne muss!

Mit „Wintermärchen“ schließt das Album dann leider auch schon ab. Hier ist eine ganz interessante Interpretation zum Gedicht „Wintermärchen“ von Otto Ernst. Zu Beginn ertönt es in akustischen, ruhigen Klängen, doch zum Schluss, wenn die letzte Strophe wiederholt wird, strotzt es vor Kraft! 

Wer sich für die Bonustracks interessiert, dem kann ich an dieser Stelle sagen, dass „7 Brüder“ definitiv ein Titel ist, der auch auf der normalen CD erscheinen könnte. Dagegen ist die Elektro Version von „Saigon Bagdad“ eher gewöhnungsbedürftig. Es unterscheidet sich nicht wahnsinnig, aber es vermittelt das Thema nicht so ernst, wie die Originalversion.

Zum Abschluss kann ich sagen, dass ich teilweise mehrmaliges Hören benötigt habe, um mich mit gewissen Liedern anzufreunden. Dagegen gab es andere, die mich schon beim einmaligen Hören überzeugt haben, weil diese gewissen Elemente enthielten, die Lieder markant und unvergesslich werden haben lassen. Vor allem das Feature mit Johan Hegg hat mich stark beeindruckt, ebenso wie die Vertonung von „Wintermärchen“, die gezeigt hat, was man aus einem Gedicht machen kann. Da wir dieses Jahr eher weniger auf Konzerten oder Festivals zusammen den Anschluss von „Sternhagelvoll“ hören können, können wir zumindest im kleinen Kreise auf dieses Jahr anstoßen. Im Endeffekt ist es eine solide IN EXTREMO Platte, auf die ich mich freue, wenn sie live gespielt wird.

 

Bewertung:

sarahjane8,0 8 / 10


Anzahl der Songs: 12
Spielzeit: 55:38 min
Label: Vertigo/Universal Music
Veröffentlichungstermin: 08.05.2020

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