Testament - Titans Of Creation

testament titansofcreation200nb mehrfachwertungSeit ihrem Comeback sind die Bay Area-Jungs absolut auf der Höhe, scheinen nicht zu bremsen zu sein und liefern qualitativ sehr hohen Standard ab. Auch live feuern sie aus allen Rohren und gehören zu den stärksten Vertretern ihrer Zunft. Mittlerweile hat sich die in den letzten Jahren nur auf den beiden Rhythmuspositionen veränderte Truppe perfekt eingespielt. Alleine im letzten dreiviertel Jahr führten TESTAMENT zwei großartige Thrash-Packages an, die deutsche Bühnen unsicher machten. Die hohe Frequenz hat allerdings zur Folge, dass die Anhängerschaft stets vier Jahre auf neues Material warten muss. Umso größer war die Vorfreude auf "Titans Of Creation", welches sich anschickt die Legende fortzuführen.

"Titanen der Schöpfung" sind sie in der Tat, denn ihre Schöpfungen können gewiss immer als Höhepunkte angesehen werden. In der Aufstiegsrunde zu den "Big Four" hat sich das Quintett einen großen Punktevorsprung auf EXODUS, ANNIHILATOR und OVERKILL erspielt. Da macht das neue Werk keine Ausnahme setzt vielleicht sogar auf "Brotherhood Of The Snake" noch einen drauf, was die Band hier veranstaltet ist an Härte und Intensität kaum zu überbieten. Eine unmöglich anzuhaltende Dampfwalze rollt da über die Hörer hinweg und ebnet alles ein, was sich ihr in den Weg stellt, das Ding ballert ohne Unterlass und nimmt einen aufgrund des starken Songwritings gefangen.

Die Trademarks wurden allesamt optimal heraus gearbeitet, die brutalen Riffs werden einem nur so um den Kopf geschlagen, das hat richtig Feuer und auch diese latent sinistere Note. Ob abgedreht oder direkt stumpf voraus, Peterson erweist sich als Meister, der weit mehr kann als die Saiten zu reiten. Obendrein liefert Alex Skolnick unglaubliche Soli dazu, seine technische Perfektion zeigt sich in jedem Ton, mutiert aber nie zum Selbstzweck. Mit für eine derart heftige Mucke hohen Feeling springt er von abgedrehten Noten zu sphärischen Passagen bis hin zu ultraschnellem Geschredder.
Da steht Gene Hoglan in Nichts nach und untermauert diese pure Kraft mit seinem machtvollen Drumming. Der Mann trommelt sich echt ins Nirvana, Break jagt Break, während der Rhythmus unbarmherzig nach vorne treibt, seine Arme und Beine rotieren um die Wette. Und am Ende setzt Brüllgott Chuck Billy mit seiner monströsen Röhre dem ganze endgültig die Krone auf. Was er da gurgelt ist einfach nur Welt, keiner hat in diesen tiefen Lagen mehr Power in den Stimmbändern, welche hoffentlich auch die Covid-19-Erkrankung so erfolgreich überstehen wie den Krebs, den er besiegt hat.

Unter der Anleitung von Juan Urteaga blühen TESTAMENT regelrecht auf, der Mann kitzelt noch mehr aus ihnen heraus und erweist sich an den Reglern als absolutes Ass. Dass man das von Andy Sneap behaupten kann, hat sich ohnehin herum gesprochen, weswegen der für den Mix verantwortlich ist, in dem er auch den bass von Steve DiGiorgio prominent unterbringt. Zu keiner Sekunde wird der Druck von einem genommen, die Ohren sind permanent am Glühen, Abwechslung in Form von Balladen scheint man abgeschworen zu haben, dabei liebe ich auch das umstrittene "Return To Serenity". Wenn es ein Manko auf "Titans Of Creation" gibt, dann das das Sperrfeuer ein paar Durchläufe verlangt, bis es seinen Feinheiten preisgibt.

Hat man deren Witterung aufgenommen, treffen sie einen umso härter. Am überzeugendsten gelingt das in "City Of Angels", welches von Massenmörder Richard Ramirez handelt. Ultrafiese Leads liefert zwar schon der galoppierende Opener "Children Of The Next Level", doch hier kommen sie noch bösartiger. Sie garnieren die atmosphärischen Fills bevor cleane Gitarren und die Klarstimme von Billy ein düsteres Bild malen. Urplötzlich bricht sich ein tonnenschweres Riff Bahn und zieht einen noch weiter in den Abgrund, die WahWah-schwangere Soloarbeit des guten Alex hebt den Wahnsinn auf eine andere Stufe. Wenn diese Nummer eine Kampfansage an die zeitgemäßen Sludgebands sein soll, dann können diese sich warm anziehen.

Ähnlich sumpfig stampft "Symptoms" daher, eine herrlich abgefahrene Interpretation des Neo Thrash. Oder auch "Night Of The Witch", dessen Refrainbrocken durch tödliche Screams und Geschwindigkeit gekontert wird und so für unglaubliche Dynamik sorgt. Da bildet die dezent rockige Attitüde von "The Healers", das an "Henchman Ride" denken lässt fast schon den ruhigen Part, wobei auch hier keine Gefangenen gemacht werden. Die werden auch nicht hinter "Ishtars Gate", in dem die Leads orientalische Züge tragen und die frühen Wurzeln am ehesten durchscheinen. Der Vorgänger fiel sicherlich melodischer aus, doch auch hier kennt man neben der unbarmherzigen Härte auch das andere Extrem, wenn man es bemüht, dann richtig.

Die SCORPIONS hatte die Formation bereits auf "Dark Roots Of The Earth" gecovert, das hinterlässt Spuren. Würden die Credits nicht ganz klar andere Komponisten aufweisen, ich würde "Dream Deceiver" für ein Version mit alternativem Text von deren "He´s A Woman", She´s A Man" halten. So eingängig hymnisch hat Chuck Billy seit "Electric Clown" nicht mehr intoniert. Gegen Ende schlägt dann das Pendel dann wieder komplett anders aus, selbst für die Verhältnisse von "Titans Of Creation", und da schlägt so manches aus. So offenherzig hat man im Lager der Bay Area-Helden noch nie mit dem schwarzen Stahl von Petersons Nebenprojekt DRAGONLORD geflirtet, pure Raserei. Bliebe abschließend zu sagen: Volles Brett voraus! (Pfälzer)


Anzahl der Songs: 12
Spielzeit: 59:04 min
Label: Nuclear Blast
Veröffentlichungstermin: 03.04.2020

Bewertung:

Pfaelzer8,5 8,5 / 10


Anne8,0 8 / 10

Jochen8,0 8 / 10

Maik8,0 8 / 10

Matthias8,5 8,5 / 10

Pascal8,5 8,5 / 10


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