Seit dem Einstieg von Neu-Sänger Nic Maeder lassen es die Eidgenossen etwas ruhiger angehen und so dauert es schon mal drei Jahre, bis man sich wieder ins Studio begibt. Wobei die Truppe nicht untätig war, immerhin wurde seit "Silver" mit "Defrosted 2" eine weitere Akustikscheibe unters Volk gebracht. So war es kein Wunder, dass das reduzierte Arbeitstempo für Jungvater Hena Habegger immer noch zu viel war, weswegen sich der Schlagzeuger eine Auszeit genommen hat. Mit CORELEONI-Drummer Alex Motta als Ersatz haben sich nun GOTTHARD an die Arbeit gemacht und ihren nächsten Studiodreher eingespielt. Auf "#13" haben sie zudem weitere prominente Unterstützung erhalten, hat das etwas genutzt?
Mit dem Opener "Bad News" gelingt es zumindest mal an die Frühphase anzuknüpfen, der typische Riffrocker geht ordentlich nach vorne und macht Laune. Mit "Every Time I Die" folgt eine in ähnlicher Weise an diese Zeiten angelehnte Nummer, in der vor allem der pumpende Bass von Marc Lynn nach vorne treibt und Leo Leoni ein wildes Solo spendiert. Beim ersten Titel hat mit Eric Bazilian ein renommierter Songwriter seine Hände im Spiel, was man durchaus hört, zudem hat man sich interessante Drumarrangements einfallen lassen, welche leider etwas verpuffen.
Genau da haben wir einen der Knackpunkte der dreizehnten Scheibe, denn Motta kann das Gründungsmitglied nicht ersetzen und agiert viel zu steril von seinem Ton her. Das macht die Lieder noch ein bisschen biederer als es bei GOTTHARD ohnehin der Fall ist. Ich hätte nicht gedacht, dass bei so einer Scheibe der Schlagzeugklang so eine Rolle spielen kann, aber man lernt nie aus. Zudem kommt die Aushilfe im arg komprimierten Mix nicht richtig zur Geltung, vor allem die Becken und Hi-Hat klingen sehr undifferenziert und können so keine Akzente setzen.
Ein erfahrener Studiocrack wie Paul Lani, der schon mit Größen wie ROD STEWART, CHICAGO oder MEGADETH gearbeitet hat, sollte da viel mehr rausholen, da hatte Charlie Bauernfeind zuletzt ein besseres Händchen. Man muss ihm zu Gute halten, dass er den erdigeren Weg des Vorgängers weiter gegangen ist und nicht zu sehr auf eine opulente Produktion wie "Domino Effect" oder "Bang!" gesetzt hat, was dem Spirit von GOTTHARD näher kommt. Dazu geht die Orgel in "Save The Date" ebenfalls etwas unter, wie generell einige Details der Platte.
Leider konnte er auch aus Nic Maeder nicht die beste Gesangsleistung heraus kitzeln, seine Phrasierungen brachte der Frontmann in der Vergangenheit besser auf den Punkt, hier agiert er ein wenig zu zurückhaltend. Einem atmosphärischen Stück wie "Man On A Mission" fehlen einfach die herrlichen Crooner-Qualitäten, welche er auf den Vorgängern unter Beweis stellen konnte. Auch wenn sich die Band wieder am bluesigen Hard Rock orientiert, so erscheint dem Hörer "#13" insgesamt zu beliebig.
Da hilft es auch nichts, wenn man erneut ein paar Dinge ausprobiert, um aus dem bisherigen Rahmen auszubrechen, damit die Fans auch immer neue Facetten eröffnet bekommen. Das rhythmische "Missteria" hört sich mit seinen dezenten Arabesken an, als hätte Ofra Haza nach ihrem Welterfolg mit "Im Nin´Alu" ihre nächste Single mit den damals ebenfalls megapopulären DEF LEPPARD aufgenommen. Den Co-Komponisten Francis Rossi hätte ich auf viele Liedern der Truppe verorten können, wie etwa dem ähnlich an DEF LEPPARD angelehnten "10.000 Faces", hier höre ich den Einfluss von STATUS QUO weniger heraus. Bei "Better Than Love" versuchen sich die Schweizer durchaus gekonnt an zeitgemäßem Alternative Rock. Und beim Rausschmeißer "Rescue Me" sind die Spuren von LED ZEPPELIN deutlicher als je zuvor in ihrer Karriere, wobei sie da auf die Spätphase abzielen und viel mit der Dynamik arbeiten.
Auf der anderen Seite gibt es aber auch ein paar schwächere Songs, welche vor allem Kritikern der Pop-Phase nicht munden dürften. Vor allem, wenn diese an Diabetes leiden, dürfte "Marry Me" kaum zumutbar sein, zur Akustikgitarre gesellen sich ein paar klebrige Streicher, die einem die Zähne ziehen. Obendrein ist das Ganze textlich weit über jede Kitschgrenze hinaus, so etwas kann man seiner Liebsten am Lagerfeuer vorspielen, aber nicht auf Platte packen. Sich an ABBA zu heran zu wagen ist schon mutig, ihr "S.O.S." fängt auch ordentlich mit schönem Piano an. Doch ähnlich wie ihre Landsleute von KROKUS bei ihrer Version von "Help" der BEATLES legen GOTTHARD den Refrain zu getragen an und nehmen die perlende Stimmung heraus. So sind die Baustellen von "#13" ein paar mehr als auf der Bundesautobahn mit derselben Nummer, sicher das schwächste Werk mit Nic Maeder. (Pfälzer)
Anzahl der Songs: 13
Spielzeit: 51:53 min
Label: Nuclear Blast
Veröffentlichungstermin: 13.03.2020
Bewertung: