Týr - Valkyrja

tyr valkyrja

Irgendwie hat man das Gefühl, man hätte schon eine halbe Ewigkeit auf „Valkyrja“ gewartet. Schaut man aber mal auf den Kalender, stellt man fest, dass TÝR nur etwas mehr als 2 Jahre dafür gebraucht haben – und das entspricht eigentlich ihrem üblichen Rhythmus. Vielleicht lag es einfach daran, dass die Band sich live (zumindest in Europa) ziemlich rar gemacht hat und mein letztes Konzert auch schon fast ein Jahr her ist. Dass die Band dazwischen auch noch eine Amerikatour gemacht hat, davon hab' ich ja nichts.

Mit „Valkyrja“ geht es mir aber auch wie mit dem letzten Album „The Lay Of Thrym“: Am Anfang mochte ich das Album nicht besonders, fand es eher enttäuschend. Allerdings nicht so enttäuschend wie „The Lay Of Thrym“. Aber auch „Valkyrja“ braucht einfach einige Durchläufe. Und das finde ich gar nicht so schlecht. Für „Eric The Red“ habe ich seinerzeit auch ziemlich oft gehört, bis ich das Album wirklich gut fand. Und was ist? Ich liebe es bis heute.

Vielleicht lag meine anfängliche Skepsis auch an dem vorab veröffentlichten Opener „Blood Of Heroes“, das mir schon beim ersten Hören nicht so gefallen hat. Zu vorhersehbar die Lyrics, zu unspektakulär die Musik, zu sehr eine Halbstarke-spielen-Wikinger-Mitgrölhymne. Nein, für sowas bin ich zu alt. Auch wenn ich jetzt nach einigen Durchläufen zugeben muss, dass der Song so schlecht nicht ist. Das liegt aber vor allem an den Gitarrensoli.

„Valkyrja“ ist in der mittlerweile schon recht langen Bandgeschichte das erste Album mit einem färöischen Titel. Und gleichzeitig ist es mal wieder ein Konzeptalbum. Und zwar über Frauen. Aber kein wehleidiges Herzschmerzalbum, sondern es geht um Frauen im Leben eines Mannes zur Wikingerzeit. Und zwar sowohl die irdischen Frauen, als auch die Göttinnen und Walküren.

Vor den Aufnahmen zu „Valkyrja“ gab es übrigens einige einschneidende Veränderungen in der Band. Zum einen der Labelwechsel, zum anderen, und viel gravierender, gab es zum ersten Mal seit mehr als 10 Jahren einen Besetzungswechsel. Gründungsmitglied Kári Streymoy verließ die Band aus gesundheitlichen Gründen, die Scheibe wurde von NILE-Drummer George Kollias eingespielt. Das hört man; aber ich denke, nur wenn man es weiß. Ich war zunächst ja sehr skeptisch, da mir NILE überhaupt nicht gefallen. Andererseits ist Kollias ja ein wirklich guter Drummer -  und auch hier hat er seine Sache gut gemacht. Einen festen neuen Schlagzeuger hat die Band bisher nicht; auf der bereits laufenden Tour sitzt Amon Djurhuus Ellingsgaard an den Drums – er hat Kári schon einmal auf Tour vertreten.

Doch zurück zur Scheibe: der zweite schon vorab veröffentlichte Song ist „Mare Of My Night“. Der sagt mir dann schon eher zu, geht er vom Stil her doch eher Richtung „Eric The Red“ und „Ragnarok“, meinen beiden Lieblingsalben. Und doch ist er mir einen Tick zu – ja, was? Unprogressiv? Simpel? Effektheischend? Ich weiß es nicht. So richtig kann mich der Song nicht überzeugen, obwohl ich ihn auf der anderen Seite gar nicht schlecht finde.

Da kann mich „Hel Hath No Fury“ schon eher überzeugen. Obwohl mir auch hier der Refrain nicht so recht gefallen mag. Ich scheine ein Problem mit Refrains zu haben. Ganz ungewohnt ist dann „The Lay Of Our Love“. Hier gibt es erstmals auf einem TÝR-Album auch weiblichen Gesang zu hören. Liv Kristine braucht man ja nicht mehr vorzustellen. Und obwohl ich ihren Gesang sonst nicht so sehr mag – hier passt es. Und sie zaubert ein wunderschönes Duett mit Sänger Heri Joensen aufs Parkett. Scheiß auf die Quotenballade, das hier ist ein geiler Song.

Dafür ist „Nation“ wieder so ein zweischneidiges Schwert. Eigentlich mag ich den Song. Sehr sogar. Mit seinem Wechsel aus englischen und isländischen Lyrics erinnert er an das großartige „Wings Of Time“ vom „Ragnarok“-Album. Allerdings gehen mir die Gitarren in im Refrain so dermaßen auf den Zeiger, das geht gar nicht (womit wir wieder bei meinem Refrainproblem wären...). Prinzipiell freue ich mich aber sehr über diesen Song, der (auch) zum Andenken an Ingólfur Júlíusson geschrieben wurde.

„Another Fallen Brother“ geht mit seinen vielen Tempiwechseln auch wieder in die Richtung „alte“ TÝR und das gefällt mir. Im Anschluss gibt es mit dem schönen „Grindvísan“ endlich wieder eine alte färöische Ballade, allerdings mit dänischem Text, die in ihrer Umsetzung etwas an „Sinklars Vísa“ erinnert und im Refrain schon fast sakral anmutet.  Doch wie passt ein Stück über die Grindwaljagd in ein Konzeptalbum über Frauen (nein, keine dummen Witze an dieser Stelle!)? Hier ist man wohl Paul Watson zuliebe etwas aus dem Rahmen gefallen.

Und mit „Fánar Burtur Brandaljóð“ gibt es dann endlich einen Song auf Färöisch auf der Scheibe, womit TÝR dann die eigene Quote nicht ganze erfüllen (außer auf „How Far To Asgaard“ finden sich immer mindestens zwei Songs mit färöischen Text auf ihren Alben). Aber dafür gibt es ja zum ersten Mal Isländisch. Die wirklich positive Überraschung folgt für mich dann mit „Lady Of The Slain“. Das könnte der bisher härteste Song in der Bandgeschichte sein – und er steht der Band sehr gut zu Gesicht. Mit dem galoppierenden Takt erinnert er etwas an „The Lay Of Thrym“ und „Fields Of The Fallen“ vom letzten Album. Auch die Sologitarren sind nicht von schlechten Eltern. Hoffentlich schafft es dieser Song in die Live-Setlist!

Mit dem längsten Stück, dem Titelsong „Valkyrja“ klingt die Platte dann eher ruhig aus.  Und der geht auch wieder in Richtung von Scheiben wie „Eric The Red“ und „Ragnarok“. Einfach mal mitgrölen ist hier nicht. Hier muss man sich schon konzentrieren, will man mitsingen. Davon abgesehen ist es aber ein wirklich guter Song geworden, der mich mit all den kleinen Macken, die das Album so hat doch wieder versöhnt.

Im Großen und Ganzen ist das Album doch sehr gelungen, denn die kleinen Macken sind wirklich klein. Kleiner, als ich es erwartet habe und damit ist das, was ich hier betreibe, Jammern auf hohem Niveau. Etwas enttäuschend ist, dass die meisten Songs und damit auch das Album sehr kurz sind, insgesamt kommt man, wie schon der Vorgänger „The Lay Of Thrym“ gerade mal auf 45 Minuten. Allerdings geht „Valkyrja“ den Weg weiter, den schon „The Lay Of Thrym“ eingeschlagen hat. Weg von stumpfen Mitgrölsongs wie „Hold The Heathen Hammer High“ wieder zurück zu komplexeren Songs, wie sie die Band in den Anfangstagen geschrieben hat, ohne jedoch die Eingängigkeit zu verlieren, die sie sich in den Jahren danach erarbeitet hat. Das sind zwar nicht mehr ganz die TÝR die ich lieben gelernt habe, aber ich kann ziemlich gut mit dieser Entwicklung leben.

Übrigens: Legt man sich die limitierte Edition des Albums zu, bekommt man auch noch zwei Bonussongs ins Form von Covern, die mir jedoch nicht vorliegen, so daß ich hierzu nichts sagen kann. Ich kann euch aber verraten, dass es sich um „Where Eagles Dare“ von IRON MAIDEN und „Cemetery Gates“ von PANTERA (ja, da guckt ihr!) handelt.  (Anne)


Bewertung: 8,5 / 10

Anzahl der Songs: 11
Spielzeit: 45:44 min
Label: Metal Blade
Veröffentlichungstermin: 13.09.2013

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