Eigentlich ist es schade, dass eine mehr als würdige Tribute-Band für die Gründerväter des Death Metal nur noch im Kleinen Klub in Saarbrücken gastiert. Dieser war zwar ausverkauft, aber dennoch hätte man sich einen etwas geräumigeren Ehrenplatz erhofft. Aber am Wichtigsten war es natürlich, dass LEFT TO DIE überhaupt bei uns spielt.
BLOOD BRINGER
Und wieder mal belegte der heutige Abend, dass die Digitalisierung nicht alles schneller und aktueller überträgt. Die heimische Formation BLOOD BRINGER sollte zur Startzeit von 20:00 Uhr aufspielen. Auf diese Band freute ich mich schon, sah ich doch nach langer Zeit mal wieder einige meiner Kollegen und Weggefährten bei ihrer Arbeit.
Doch als ich um 20 Uhr den Kleinen Klub betrat, bekam ich noch nicht einmal den Schlussakkord mit, denn die Spielzeit der ersten Vorband war schon zu Ende. WTF? "Kurzfristig" brachte wohl LEFT TO DIE eine weitere Vorband mit, die bereits um 20:15 Uhr ihren Auftritt hatte und sich somit der Beginn von BLOOD BRINGER um eine halbe Stunde nach vorne verschob. Ärgerlich für Zuschauer wie mich, die noch nachmittags (!) auf der Seite der Garage nach den Spielzeiten schaute und dort noch nichts von einer weiteren Vorband oder gar von einem verfrühten Beginn stand.
Somit verpasste ich nicht nur den Gig der Vorband, auch für die Band kam es einem Arschtritt gleich, da sie nun lediglich vor einer Handvoll Frühangereisten spielten. Die Schuldfrage stelle ich hierbei nicht, von den Reaktionen der Anwesenden sowie den Livevideos scheine ich aber wirklich was verpasst zu haben. Sei's drum, wenigstens konnte ich mir eine CD der Saarbrücker zulegen und muss mich nun per Konserve von ihrem Old School Death Metal inspirieren lassen.
GUTTURAL DISORGE
Der Name der 2. Band war mir nicht nur unbekannt, sondern auch unlesbar. Es handelte sich um fünf junge Musiker, die zusammen nur wenig älter waren als ich, und von den ersten Takten an war klar, dass es sich hier um modernen Slam Metal handelte mit diversen anderen zeitgemäßen Einflüssen. Ganz spannend für Anhänger dieses Genres, meinen Nerv traf es eher weniger, wenn auch Bühnenshow und Darbietung sehr professionell rüberkamen. Doch auf Dauer klang jeder Song ähnlich, auch wenn der Sound differenziert und klar aus den Boxen drückte. Ein hoher Unterhaltungs- und Spaßfaktor dominierte bei der ansonsten brutalen Show vor und auf der Bühne, dabei wurde eine Gummilady aus der Fankurve ebenso gut aufgenommen.
LEFT TO DIE
Schon beim Aufbau und Soundcheck war die Stimmung im Publikum recht ausgelassen. Die ersten Sprechchöre waren zu hören, und mit den ersten Akkorden schnellte die Stimmung schlagartig ganz nach oben. LEFT TO DIE spielten die Songs der ersten beiden DEATH-Alben, "Scream Bloody Gore" und "Leprosy", nahezu vollständig, die beiden Alben bereiteten DEATH damals die verdiente Bühne, um ganz groß zu werden. Mit an Bord der Truppe waren neben den Urgesteinen Rik Rozz und Terry Butler die beiden GRUESOME-Jungs Matt Harvey und Gus Rios. Ersterer klang nicht nur stimmlich wie ein Chuck Schuldiner damals, sondern beherrschte auch die Gitarre ähnlich wie sein großes Vorbild.
Das Erbe von DEATH anzutreten ist beileibe nicht das leichteste Unterfangen, aber dennoch wurde hier meisterhaft abgeliefert und die Nostalgie tat ihr Übriges. Die Zuschauer waren ebenso restlos begeistert und feierten den Vierer frenetisch ab. Sie konnten gar nicht genug vom einstigen Spirit bekommen und nährten sich gegenseitig von der überschwänglichen Euphorie.
Nach dem Gig nahm sich die Band noch ausreichend Zeit für Fans, ob am Bühnenrand, beim Selfie oder auch am Merchstand. Das nenne ich mal Fannähe.
Wenn ich erleben darf, wie eine Band, deren Chef schon vor 14 Jahren tragisch verstarb, immer noch für Furore und Begeisterung sorgen kann mit Songs jenseits des Alters von 35 Jahren plus, dann denke ich doch, dass ich für mich das richtige Genre gewählt habe, denn eine solche Langlebigkeit gibt es in der modernen synthetischen Musikwelt ganz bestimmt nicht. Let the bleeding continue...(Jochen)
(Fotos: Klaus)