Dinosaur Pile-Up - I've Felt Better

Zugegeben, als ich den Bandnamen zum ersten Mal las, konnte ich mir so gar keinen Reim darauf machen, was sich dahinter verbirgt. Da Zeit inzwischen ein kostbares Gut ist und viel zu viel davon im alltäglichen Wahnsinn draufgeht, ist es zudem eher schwierig, noch viel neue Musik zu entdecken. Doch die erste Single “My Way", die mich von dieser Band ansprang, ließ den Alltag sofort vergessen und seit Langem war mal wieder klar, hier muss ich was dazu schreiben.

Nach ein paar weiteren Singles war ich regelrecht hin und weg von der Band, und erst da wurde mir bewusst, dass die Alternative Rock-Band aus Leeds bereits seit 2007 aktiv ist. Einiges, was ich also nachholen müsste, doch zunächst konzentriere ich mich mal auf das Hier und Jetzt. Das neue Album "I've Felt Better” ist nämlich gar nicht so selbstverständlich. Sänger Matt Bigland musste sich aus gesundheitlichen Gründen nämlich nach “Celebrity Mansions” 2019 zurückziehen, da seine Colitis Ulcerosa erst mal zu heftig wurde. Zunächst sah es dann nicht so rosig für die Band aus, nun kommt mit “I’ve Felt Better” ein großartiges Album, das von vorne bis hinten Hochkaräter bereithält.

Dabei ist der Alternative Rock der Briten nicht das, was man allgemein als Alternative Rock bezeichnen würde, aber irgendwie muss man die Band ja auch in eine Schublade stecken und das kommt noch einigermaßen am nächsten. Doch die Band bietet für mich weit mehr als nur “Alternative Rock”, da sie wirklich extrem abwechslungsreich daher kommt und keineswegs vor Experimenten zurückschreckt. Gerade deswegen ist die Platte auch derart abwechslungsreich und gewissermaßen spannend geworden. In der Regel nimmt in der heutigen Zeit jeder eine Formel X, fügt etwas Y hinzu, setzt die passenden Pausen und Längen für Spotify ein und das wars. Ganz anders hier, die Band ist noch voll und ganz dabei und von all dem neumodischen Vorgehen ist nichts zu spüren. Natürlich kann ich mich auch täuschen, aber es kommt mir auf gar keinen Fall so vor.

Dann wäre sicherlich auch ein Song wie “My Way", der eher untypisch mit Rap-Einlage beginnt, nicht als Single auserkoren worden, doch genau das haben DINOSAUR PILE-UP eben gemacht und damit mein Interesse irgendwie geweckt. Aus einem “Was zur Hölle?!” wurde schnell ein “Oh Wow, bitte mehr!” und genau deswegen schreibe ich jetzt diese Zeilen. Mittlerweile ist genau dieser Effekt bei mir leider wahnsinnig selten geworden.

Doch nun zum Album selbst, der Opener “‘Bout To Lose It” ist ein super Einstieg, der mit den treibenden Drums und dem gestoppten Riffing inklusive dem einleitenden Schrei von Sänger Matt erstmal lauthals schreit “Fuck It! "Ich bin raus aus dem Mist, jetzt geben wir hier mal Gas und lassen alles hinter uns!” Und wie stark ich dieses Gefühl nachempfinden kann, lässt sich kaum in Worte fassen, also hört euch einfach den Song an und verliert euch selbst darin. Genau wie es der Titel suggeriert.

Auch “I’ve Felt Better” schlägt in eine ähnliche Kerbe von der Stimmung her, gerade wenn man dem Text ganz genau zuhört. Musikalisch ist er deutlich ruhiger und beginnt wesentlich entspannter, bis er dann ab der zweiten Minute etwas Fahrt aufnimmt, aber grundsätzlich einen sehr positiven Vibe versprüht. Eine coole, sehr abwechslungsreiche Nummer.

Schön rotzig und regelrecht punkig geht es mit “Punk Kiss” im Anschluss weiter. Eine frohlockende Nummer, die den Fokus sehr auf den Spaßfaktor legt. Hier muss ich ganz klar an die eigene Jugendzeit denken und wie gelassen man damals vieles sah. Die dezenten Backing-Vocals erinnern mich zudem an diverse Kollegen aus dem Guten-Laune-Punk-Bereich.

Auch “Sick Of Being Down” wurde vorab veröffentlicht und ist ein Volltreffer. Gerade textlich trifft Matt hier voll ins Schwarze und sollte uns alle einmal mehr zum Nachdenken anregen. Eine coole Nummer, mit einem NIRVANA-artigen Solo, das richtig Laune macht. Mit dem eingangs erwähnten “My Way” geht’s weiter und hier hob ich mich echt aus den Pantoffeln (Anm. d. Red.: trag ich, und weiter?). Welcher Song, an dem beim Intro Frösche und anschließend eine kleine Rap-Einlage zu hören ist, hat euch zuletzt aus den Socken gehoben? Testet mal “My Way” an. Eine Nummer die durch und durch wahnsinnig viel Spaß macht, live sicherlich eine absolute Macht - “Fuck It, I will do it my way”

Mit “Big Dogs” schlägt die Band erneut eine komplett andere Richtung ein und beginnt zwar nicht mit einer Rap-Einlage, aber zumindest einer Sprech-Einlage, die dann ab der zweiten Minute mit einem Refrain der Extraklasse loslegt. Das Kopfkino beim Text ist unausweichlich und hier ist man so weit vom Alltag weg, dass man völlig vergessen hat, dass es den Wahnsinn überhaupt gibt. Danke DINOSAUR PILE-UP, genau das was man heutzutage so dringend benötigt.

Für “Big You And Me” wird es wieder etwas härter und die Band sorgt im richtigen Moment wieder für Abwechslung. Getragen von einem Basslauf samt Schlagzeug knallt der Refrain mit Hilfe der Gitarre ordentlich. So klingt wohl "Dynamik", eine großartige Nummer, die ordentlich Gas gibt und Spaß macht.

Ruhiger wird es nun mit “Love’s The Worst”, wobei es auch hier zum Refrain hin wieder flotter wird. Eine coole Nummer, die glatt aus den Neunzigern stammen könnte, wobei ich das nicht im negativen Sinne meine. “Quasimodo Melonheart” ist eine ähnlich absurde Nummer wie der Titel und bereitet im letzten Viertel des Albums noch einmal ordentlich gute Laune. Ich schätze, wir sind alle ein wenig “Quasimodo Melonheart” und leben in einer ewigen Freakshow. Mit dem Soundtrack habe ich da keine Probleme mit.

Ähnlich heiter geht es bei “Sunflower” zur Sache. Ein 1A-Gute-Laune-Rocker, wenn man es so nennt, der einfach locker aus der Hüfte kommt und schön nach vorne treibt. Das muss erstmal gelingen, auf derart hohem Niveau eine Nummer wie diese zu schreiben, man beachte hier auch das gelungene Solo in der Mitte der Nummer.

Mit “Unfamiliar” wird es anschließend nochmal unfassbar cool und komplett anders, wie man es als Hörer als zweitletzte Nummer des Albums erwarten würde. Hier wechselt innerhalb der Nummer sogar mehrfach die ganze Atmosphäre, zumindest meiner Meinung nach “Oh My God I Wish I Could Explain". Auf jeden Fall ein weiterer Killer kurz vor Ende, wie viel Abwechslung kann ein Song alleine aushalten?

Den Abschluss bestreiten DINSOAUR PILE-UP passenderweise mit “I Don’t Love Nothing And Nothing Loves Me", das noch einmal stark zum Nachdenken anregt. Ein großartiger Text mit den wirklich passenden Klängen. Gekonnt trifft nicht einmal annähernd, wie großartig hiermit das Album beendet wird.

Es gibt für mich normalerweise jedes Jahr mindestens ein Album, das ganz besonders gut in Erinnerung bleibt und nicht nur den Zeitgeist trifft, sondern sich auch nachhaltig festsetzt. Ich kann schon jetzt sagen, dass mich die Musik für den Rest meines Lebens begleitet und zutiefst in der Seele anspricht. Das mag jetzt kitschig und übertrieben klingen, aber “So Fuck It! I'ma Do It My Way” (Pascal)

 

Bewertung:

Ebi9,0 9,5 / 10

Label:  Mascot
Anzahl der Songs: 12
Spielzeit: 39:16 min
Veröffentlichungstermin: 22.08.2025