Das Oberhaus haben sie lange hinter sich gelassen, gehörten die HOUSE OF LORDS doch Ende der Achtzigerjahre zu den Top-Bands des Stadionrocks. Nach diversen Auflösungen, langen Pausen und unzähligen Besetzungswechseln, die Musiker wie Doug Aldrich, Tommy Aldridge, Chuck Wright oder Ken Mary hervorbrachten, liegt nun ein neues Werk mit dem Titel „Full Tilt Overdrive“ vor. „Full Tilt Overdrive“ ist das zwölfte Studioalbum, das im Oktober via Frontiers Music erschienen ist. Hierbei ist die einzige Konstante der Ursprungsformation der mittlerweile 71-jährige James Christian, neben der Musik auch bekannt als Ehemann von Robin Beck, die hier auch im Song „Castles High“ zu hören ist.
Das neue Album lebt in erster Linie von der immer noch äußerst markanten Stimme von James Christian (Bass), der mit seinem Langzeit-Gitarristen Jimi Bell, Mark Mangold an den Keyboards und Johan Koleberg an den Drums verpflichtet hat. Beim Anhören wird schnell klar, dass sich das Quartett nicht als nostalgische Kopie vergangener Tage sieht. Stellenweise geraten die AOR-immanenten Synthie- und Orgelklänge in den Hintergrund und weichen einem verdammt harten Sound, wie im Opener „Crowded Room“, dem Titeltrack „Full Tilt Overdrive“ oder „Cry Of The Wicked“.
Zwar lassen große Chöre den Stadionrock wieder lebendig werden und man richtet sich auch nicht völlig neu aus, aber mit allen Klischees erscheint das Album sehr modern und straight. So sollte Oldschool-Hardrock sich heute anhören. Auch Emotionen dürfen auf einem HOUSE OF LORDS Album nicht fehlen; „Takin The Fall“ kommt mit lässigen Americana-Vibes und weiß sofort zu überzeugen. „You`re Cursed“ mit dem sphärischen Synthie-Einstieg und harter Gitarre ist eine Wonne, auch in das diffuse Synthesizer-Intro von „Not The Enemy“ krachen metallische Riffs und ungewohnt moderne elektronische Klänge. Das sehr harte Schlgzeugspiel verstärkt die progressive Genialität. Das 9-minütige Schlussstück „Castle High“ transformiert zu einem epischen Werk, durch ein Intro mit stoisch nach vorne treibenden Gitarren, einem fetten, coolen Synthesizer-Solo, der klagenden Stimme von James Christian in Verbindung mit dem Background von Robin Beck im Stil von „The Great Gig In The Sky“. Der Song entwickelt insgesamt ein emotionales Bedrohungsszenarium.
Fazit: Insgesamt hätte ich nicht erwartet, dass eine Band wie HOUSE OF LORDS noch einmal ein derart abwechslungsreiches Album vorlegen. Die Verbindung des progressiven klassischen Rocks und Symbiose mit modernen Attributen und teilweise ungewohnter Härteausrichtung machen „Full Tilt Overdrive“ zu einem empfehlenswerten Album, das aus der Masse heraussticht. (Bernd Eberlein)
Bewertung:
8,5 / 10
Anzahl der Songs: 11
Spielzeit: 56:05 min
Label: Frontiers Music
Veröffentlichungstermin: 11.10.2024