Floor Jansen - Paragon

floorjansen paragon7 Tage, 21 Hördurchgänge, Sprachlosigkeit. Das ist eine kleine Auswahl an Fakten der letzten Woche meines Lebens. Dabei ist Sprachlosigkeit keine besonders gute Eigenschaft, wenn man mit der Hilfe von Worten arbeitet. „Paragon“, das erste Soloalbum von FLOOR JANSEN lässt einem erst einmal aber gar keine andere Wahl. Hört man sich „Paragon“ an, wird man jedes Mal wieder von neuem von der puren Energie der Sängerin geplättet und zusätzlich findet man sich in einer wundervoll schönen Welt hochemotionaler Lieder wieder, die einen nicht unberührt lassen können.

Das aberwitzige an der Sache ist, dass wir hier ja eigentlich „nur“ über ein Soloalbum einer Sängerin reden. Und wenn man ehrlich ist, sind die meisten Soloalben zumeist nur irgendetwas zwischen „nett“ und „unnötig“. Hier liegt die Sache etwas anders, da sich die Musik auf „Paragon“ schon deutlich von NIGHTWISH, AFTER FOREVER oder REVAMP unterscheidet.
Man kann und darf FLOOR JANSEN sicherlich mit bestem Gewissen als Königin des Symphonic Metal bezeichnen, wenngleich Tarja Turunen für mich persönlich immer die beste NIGHTWISH Sängerin bleiben wird, ganz einfach weil mich Alben wie „Oceanborn“ und „Wishmaster“ vor 20 bis 25 Jahren sehr geprägt haben.

Und heutzutage ist es dann ein Album wie „Paragon“, das mich (und andere auch) quasi aus dem nichts umhaut. Man hat wirklich zu jeder Sekunde des Albums das Gefühl, dass Floor hier ihre ganze Seele, alle Höhen und Tiefen ihres Lebens in dieses Album gepackt hat.
Natürlich ist „Paragon“ wie bereits angedeutet, kein Metal-Album, es ist vielmehr ein poppiges Rock-Album oder ein rockiges Pop-Album.
Trotzdem ist es ein Album, das sowohl gesanglich und emotional als auch in Sachen Produktion Maßstäbe setzt.

Gerade die Produktion des Albums ist ein ganz wichtiger Faktor für den Hörgenuss und hier geht FLOOR JANSEN aufgrund ihrer Vita zum Glück einen anderen Weg als andere Sängerinnen. Keine Frage, es gibt eine ganze Reihe von guten Pop-Sängerinnen, LADY GAGA, P!NK, AVA MAX. Aber das Problem ist da doch meistens, dass gute Songs im Studio durch einen viel zu künstlichen und möglichst radio- und spotify-tauglichen Sound zerstört werden und am Ende sind keine Emotionen mehr vorhanden und alles klingt irgendwie gleich.

Bei „Paragon“ sieht das anders aus und das ist so wohltuend, das kann man nur verstehen, wenn man echte, handgemachte Musik liebt. Natürlich hat „Paragon“ einen poppigen Sound und die Momente, die hart und heavy sind, sind rar gesät. Aber in den meisten der zehn Songs gibt es ein echtes Schlagzeug zu hören. Vielen Dank dafür!
Sicherlich ist „Paragon“ ein Produzentenalbum (Gordon Groothedde)  und kein Bandalbum, das im Proberaum entstanden ist, aber der Sound klingt warm und natürlich und ehrlich. So wie das eigentlich immer der Fall sein sollte.

Neben der fantastischen Gesangsleistung von Floor ist das der Grund, warum „Paragon“ meiner Meinung nach das beste Pop-Album der letzten Jahre ist und ich halte es auch nicht für übertrieben, dieses Album bereits zum jetzigen Zeitpunkt zumindest in die Nähe von „Little Earthquakes“ zu rücken, das Debütalbum von TORI AMOS, das ebenfalls eine Emotionalität besitzt, die es so oder so ähnlich nicht häufig gegeben hat.

Eröffnet wird „Paragon“ mit dem Quasi-Titelstück „My Paragon“, das der vermutlich positivste Song ist, den FLOOR JANSEN bis jetzt veröffentlicht hat. Als Einstieg in das Album ist „My Paragon“ sicherlich perfekt, generell ist es aber auch das Stück, das bei den Metalfans am wenigstens Zustimmung finden wird. Beim Hören von diesem Song denke ich häufig, dass ROBIN SCHULZ oder dieser andere Typ (FELIX JÄHN, so ist der Name) für so einen Refrain ihre Seele verkaufen würden.

Bereits das folgende „Daydream“ sollte dann auch jedem NIGHTWISH Fan gefallen können. Floor singt dieses Stück mit solch einer Leidenschaft und Überzeugung, dass man einfach begeistert sein muss. Auch das etwas symphonischere „Invincible“ lässt keine Wünsche offen. Wer Soundtracks zu Filmen und Serien mag, wird hier bestens aufgehoben sein. Die Ballade „Hope“ weckt anschließend Erinnerungen an die gottgleiche Sängerin KARI RUESLATTEN und das ist natürlich als Kompliment gemeint. Später gibt es mit „Armoured Wings“ noch eine zweite Ballade, die ähnlich gelagert ist.

In der Mitte des Albums befindet sich dann mit „Come Full Circle“ dann das rockigste Stück des Albums, das mich thematisch und musikalisch an das AFTER FOREVER Album „Invisible Circles“ erinnert. Wenn es ein Highlight des Albums gibt, dann ist es meiner Meinung nach dieses Stück, in das Floor gesanglich wieder alles packt, was sie aufzubieten hat.

„Storm“ ist dann wieder etwas ruhiger und verfügt ebenfalls über einen Refrain, der zeitlos ist und einem das Gefühl gibt, niemals aufgeben zu wollen. TORI AMOS hatte ich bereits erwähnt, „Me Without You“ erinnert mich dann stellenweise wegen dem etwas kühleren Sound an das „From The Choirgirl Hotel“ Album der amerikanischen Sängerin. „The Calm“ und „Armoured Wings“ sind dann im gesamten Kontext des Albums vielleicht nicht so auffällig, wobei ich trotzdem beide Songs liebe, weil sie Trauer und Unsicherheit in etwas Positives wandeln. Das gesamte Album bietet dem Hörer das Bild, dass am Ende des Tunnels Licht auf einen wartet. Auch textlich erinnert Floor stellenweise an die besten Momente des bekannten Singer/Songwriters PASSENGER.

Das abschließende „Fire“ geht dann in eine ähnliche opulente Richtung wie der Opener „My Paragon“. Auch hier zieht Floor erneut alle Register ihres Könnens. Der Songs ist insofern spannend, das er sowohl melancholische als auch fröhliche Inhalte in loser Folge miteinander verknüpft. Eigentlich ist „Fire“ der perfekte Albumanschluss, denn man wird immer wieder dazu angehalten, gleich nochmals „Paragon“ zu hören. Und ich kann jetzt schon sagen, dass dieses Album niemals langweilig werden wird.

Es dürfte bekannt sein, dass FLOOR JANSEN in den letzten Monaten turbulente Zeiten hinter sich hat. Inwieweit das alles Einfluss auf die Entstehung von „Paragon“ gehabt hat, kann ich nicht beurteilen. Das Album klingt aber wirklich so, als hätte sie in einer Zeit der Unsicherheit alle Energie in dieses eine Album gepackt. (Maik)

Bewertung: 

Maik 201610,0 10 / 10

Anzahl der Songs: 10
Spielzeit: 34:39 min
Label: Pias/Revamp Music
Veröffentlichungstermin: 24.03.2023

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