Ich möchte jetzt nicht so weit gehen zu behaupten, dass die Zeit von ANETTE OLZON bei NIGHTWISH ein Fehler war, aber dass sie mit der Band und die Band mit ihr nicht dauerhaft glücklich werden würden, das konnte man bereits nach dem ersten Album „Dark Passion Play“ und der dazugehörigen Tour wissen. Die Schwedin ist sicherlich auch keine schlechte Sängerin, aber die Fußstapfen von Tarja Turunen waren einfach zu groß und die Songs des eben genannten Albums auch einfach nicht ganz so stark wie man das sonst von der Band aus Finnland vorher und nacher gewohnt war.
Nach der mehr oder weniger freiwilligen Trennung von NIGHTWISH folgte bereits relativ schnell ein erstes Soloalbum der Sängerin und auch wenn ich mich nicht mehr an so viele Details von „Shine“ (2014) erinnern kann, weiß ich noch genau, dass mir die eher pop/rockige Ausrichtung des Albums gut gefallen hat, weil die Stimme der Sängerin bei ruhigeren Songs einfach besser zur Geltung kommt.
Seit dieser Zeit ist bei ANETTE OLZON dann auch gar nicht so viel passiert, das „Shine“ Album war vermutlich auch einfach zu wenig erfolgreich, um damit lange auf Tour zu gehen, 2017 und 2019 folgten zwei Alben mit dem Projekt THE DARK ELEMENT und vor ein paar Monaten dann etwas überraschend ein zweites Soloalbum, selbstbewusst „Strong“ betitelt.
Ich würde an dieser Stelle auch liebend gerne schreiben, dass vorliegende Platte tatsächlich auch so stark wie ein Gewichtheber ist, aber die Wahrheit sieht etwas anders aus. Das liegt dabei dann auch am wenigsten am Gesang der Schwedin, sondern vielmehr daran, dass eine ganze Reihe an Songs völlig belanglos wirken und der Sound des Albums klingt, man könnte fast schon sagen Frontiers-typisch, unnatürlich und künstlich. Das gilt allen voran für das Schlagzeug und das sehr häufig eingesetzte Keyboard.
Was die musikalische Ausrichtung angeht, ist „Strong“ übrigens nicht der nächste logische Schritt nach „Shine“, sondern eher ein Schritt zurück zu ihrer Vergangenheit bei NIGHTWISH, denn viele Songs sind klar im Melodic Metal beheimatet, also bedächtige Rock oder Pop Songs gibt es hier keine. Ich vermute einmal, dass das etwas ist, was vielen eher gefallen wird, das hätte an sich auch gut funktionieren können, wenn das Album jemand produziert hätte, der so etwas auch kann, Sascha Paeth zum Beispiel.
Passend zum Thema, mehr Metal, gibt es dann auch einige Growls auf diesem Album, die aber so klingen, als hätte man diese nachträglich ohne Konzept hinzugefügt, ein weiterer Beweis dafür, dass man beim Produzieren nicht gut aufgepasst hat.
Wenn ich Highlights rauspicken müsste, dann würde ich mich für das Titelstück sowie für „Catcher Of My Dreams“ entscheiden, auch das etwas ruhigere „Sad Lullaby“ gefällt ganz gut, auch wenn mich da stört, dass die Keyboardmelodie am Anfang stark nach „The Show Must Go On“ von QUEEN klingt.
Da „Strong“ bereits im September erschienen ist, weiß man inzwischen nach ein paar Monaten schon genau, dass ANETTE OLZON nicht besonders viel Aufmerksamkeit für ihr zweites Soloalbum bekommen hat. Wenn man mich fragt, völlig zu Recht, denn stark ist das hier nicht. Irgendwie schade, irgendwie aber auch egal. (Maik)
Bewertung:
5,5 / 10
Anzahl der Songs: 11
Spielzeit: 52:23 min
Label: Frontiers Music
Veröffentlichungstermin: 10.09.2021