Warum ich mir gerade dieses Album aus dem allmonatlichen Overkill an Symphonic Metal Releases ausgesucht habe, kann ich mir selber nicht so ganz erklären. Vielleicht war es das gar nicht mal so schlechte Coverartwork der Platte, vielleicht wollte ich einfach mal wieder eine neue, noch unverbrauchte, Band kennenlernen, die den großartigen SEVEN SPIRES stilistisch nicht ganz unähnlich sind oder vielleicht waren auch einfach die beiden rothaarigen Mädels auf den Promofotos der ausschlaggebende Grund – Schande über mich. Wie auch immer, ich habe „The Uncertain Hour“ in den letzten paar Wochen ganze 27 Mal gehört und alleine das sollte bereits ein Zeichen dafür sein, dass dieses Album wirklich etwas taugt.
Natürlich erfinden GRAVESHADOW auf ihrem dritten Album, 2015 erschien „Nocturnal Resurrection“ und 2018 „Ambition’s Price“, das Rad des Genres nicht neu und es versteht sich eigentlich auch von selbst, dass die Band aus den Vereinigten Staaten nicht in einer Liga mit NIGHTWISH oder EPICA unterwegs ist. Wenn du als Band heutzutage Symphonic Metal der Spitzenklasse machen willst, brauchst du entweder ein großes Budget oder du musst mit Sascha Paeth zusammen arbeiten. Beides ist hier nicht der Fall, trotzdem klingt „The Uncertain Hour“ überraschend frisch und vor allem angenehm nach Heavy Metal.
Auf dem dritten Album der Band gibt es also keinen weichgespülten, stark überproduzierten Symphonic Metal auf die Lauscher, sondern es handelt sich eher um flotten melodischen Heavy Metal europäischer Prägung mit viel Epik, der vor allem durch den Gesang von Rachl Quinn diesen symphonischen Touch bekommt. Dass die Band keinen eigenen Keyboarder, dafür aber zwei Gitarristen (William Lloyd Walker und Aaron Robitsch) hat, ist dabei sicherlich von Vorteil, da man hier den Hörer nicht mit künstlichen und kitschigen Orchesterparts aus der Konserve nervt.
Wie gesagt, „The Uncertain Hour“ ist klar Heavy Metal und nicht Gothic Rock, ein paar Growls dürfen da in diesem Genre natürlich auch nicht fehlen, wobei das klar einer der schwächeren Elemente bei diesem Album ist.
Rachl Quinn ist sicherlich eine gute Sängerin, die kraftvoll singt und dabei wenig nervt, zu der Klasse von Sängerinnen wie Floor Jansen, Simone Simons oder Adrienne Cowan fehlt natürlich noch etwas, aber das kann man auch nicht erwarten, schließlich sind GRAVESHADOW eher eine Underground Band.
Die beiden stärksten Songs des Albums hat man dann auch passenderweise an den Anfang („Soldier Of 34“) und ans Ende („Damsel’s Finesse“) gepackt, zwischendurch gefallen auch noch „The Betrayer“ und „Sea Of Apparitions“ sehr gut, zwei Nummern, die sehr songdienlich konzipiert wurden und mit starken Refrains punkten können.
Schlechte Songs hat das Album nicht zu bieten, eine Nummer wie „Beautiful End“ leidet ein Stück weit unter den bereits angesprochenen Growls von Aaron Robitsch, die mehr nach gewollt klingen und nicht nach gekonnt. Das ist am Ende einer der Gründe, warum ich hier nun nicht auf 8,5 oder 9 Punkte kommen kann, der andere ist der Sound des Albums, der mit einem besseren Produzenten und natürlich auch mit einem größeren Budget, nun ja, besser geworden wäre.
Wie gesagt, mir gefällt, dass sich „The Uncertain Hour“ nicht im Kitsch verliert und wirklich lupenreinen Heavy Metal bietet, aber ein etwas differenzierter Sound mit etwas mehr Dynamik zwischen leisen und lauten Parts, hätte dem Album gut getan. Vielleicht fehlt zwischendurch auch einfach eine Ballade, etwas, was für dieses Genre total untypisch ist.
Mir persönlich gefällt „The Uncertain Hour“ durchaus besser als die 7,5 Punkte, vor allem weil das Songwriting frisch und spannend klingt, vielleicht machen GRAVESHADOW mit dem nächsten Album nochmals einen Schritt weiter in Richtung Professionalität. (Maik)
Bewertung:
7,5 / 10
Anzahl der Songs: 10
Spielzeit: 51:04 min
Label: M-Theory Audio
Veröffentlichungstermin: 15.07.2022