Bryan Adams - Shine A Light

bryanadams shinealightLange war der AOR-Barde abgetaucht, mit "11" schien die Karriere schon ihr Ende gefunden zu haben. Dann überraschte der Kanadier mit "Tracks Of My Years", einem Coveralbum mit Songs aus seiner Jugendzeit, vorwiegend aus den Sechzigern. Jene Ursprünglichkeit, mit der er darauf zu Werke ging, schien ihn inspiriert zu haben, so dass nur ein gutes Jahr später das ungewöhnlich direkte Studiowerk "Up" erschien. Mit dem distanzierte sich BRYAN ADAMS ein Stück weit von den arg beliebigen Mainstreammelodien der letzten Scheiben und machte sich zumindest musikalisch wieder relevant. Jetzt steht mit "Shine A Light" der Nachfolger in den Läden und man darf gespannt sein, wohin sein Weg dieses Mal führt.

Der Mann scheint wieder Blut geleckt zu haben, doch leider Chartblut, wobei er wohl nie mehr die Relevanz früherer Tage erreichen wird. Was ihn nicht davon abhält, es gleich mit dem eröffnenden Titelsong zu versuchen, den er zusammen mit Ed Sheeran geschrieben hat. Und genau da liegt der Hund begraben, das Geheimnis um den Vorzeige-Hipster habe ich auch nie ergründen können. Mir war die Verquickung von tanzbaren Beats und Singer/Songwriter-Attitüde schon immer suspekt, etwas was einst eine Suzanne Vega viel Kredit bei mir gekostet hat.
Und genau in die Richtung bewegt sich eben der Opener, akustische Gitarren treffen auf den immer gleichen synthetischen Beat, dazu wurde das Ganze bis zum Anschlag auf Radiotauglichkeit komprimiert. Ich könnte mir die Nummer ganz reduziert von einem Straßenmusiker mit einer Bassdrum auf dem Rücken vorstellen, doch mit der Version kann ich der Musikgourmet wenig anfangen. Zumal ich bezweifle, dass sie wirklich ein Erfolg im Fahrwasser des zweitberühmtesten Rotbarts nach Xabi Alonso wird.

Wieder den Kopf an die Oberfläche bekommen hat auch ein einstiger Superstar des Pop-Business. Kein Wunder, dass Jennifer Lopez wieder öfter in den Medien auftaucht, seit "Despacito" wurde der unsägliche Latin-Dancefloor der Neunziger aus den Untiefen das Fastvergessens geholt. Und so darf sie in "That´s How Strong Our Love Is" ein Duett mit BRYAN ADAMS anstimmen, wobei diese in dessen Vergangenheit nur mit Tina Turner und "It´s Only Love" wirklich funktionierten. Hier kämpfen sich beide durch eine kreuzbrave Ballade, ein paar Synthteppiche, einen Haufen dezenter Beats und ein paar leichte Reggea-Anleihen, wobei J. Lo gesanglich wenigstens passabel mit dem Rocktimbre mithält.

Nun könnt man das Schlimmste annehmen, der Hörer bereitet sich auf den nächsten Aufguss von "Cloud Number Nine" und ähnlicher Ausfälle vor, bevor "Part Friday Night, Part Sunday Morning" so langsam andeutet, dass weder Adams, noch Songwriter Jim Vallance oder Produzent Bob Rock ihr Handwerk verlernt haben. Die ebenfalls fast akustische Nummer wirkt viel beschwingter, und weiß mit ein paar folkigen Tönen zu überraschen.
Wenn man sich den Kanadier wirklich als Straßenmusiker vorstellen will, dann hört man sich weiter hinten "Don´t Look Back" an, da passt es auch zu Sound und Arrangements. Und was er am Ende ganz alleine aus "Whiskey In The Jar" macht, ist ganz große Klasse. Völlig reduziert, nur mit der Klampfe ringt er dem vielfach gehörten neue Facetten ab, indem er das markante Thema mit der Mundharmonika intoniert.
Doch gehen wir weiter im Lauf der Scheibe, denn die Rockschraube wird tatsächlich angezogen, wenn man bei dem Künstler davon reden kann. "Driving Under The Influence Of Love" macht da weiter, wo man bei "Get Up" aufgehört hat, das Honky Tonk-Piano sorgt für das urwüchsige Feeling, welches auf dem Vorgänger Einkehr hielt. "No Time For Love" flirtet später sogar noch offensichtlicher mit Rockabilly-Klängen.

Als nächstes kommt etwas, worauf man seit "Kids Wanna Rock" gewartet hat, BRYAN ADAMS lässt die Saiten richtig krachen, "All Or Nothing" könnte man fast in australische Pubs verorten. Der Refrain indes kommt an seine Hochzeiten heran und schreit nach Stadion, wie auch im flirrenden "Last Night On Earth". Jener Rocker hat auch etwas von Siebziger-Glam, welcher bei "I Get Used To This" noch stärker im Fokus steht. Der Schwenk zum Erbe von T. REX hat zuletzt TESLA gut gestanden und weiß auch hier zu gefallen.
Damit kann "Shine A Light" in größtenteils an den Vorgänger anknüpfen, über weite Strecken macht das richtig Laune und kommt kurz und knackig auf den Punkt. Zwar darf nicht verschwiegen werden, dass klanglich viel Tiefe weg gemastert wurde, doch darüber kann man noch wegsehen. Ebenso über ein paar ruhige Titel, die jedoch mehr bieten als die Zusammenarbeit mit dem einst teuersten Po der Welt. Die zwei ersten Tracks geben allerdings ganz klar Abzüge in der B-Note, so etwas hat der Mann doch heute echt nicht mehr nötig. (Pfälzer)

 


Bewertung:

Pfaelzer6,0 6 / 10


Anzahl der Songs: 12
Spielzeit: 35:58 min
Label: Polydor/Universal
Veröffentlichungstermin: 01.03.2019

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