Daily Thompson - Thirsty

dailytompson thirsty200pxNach so einem überdurchschnittlich heißen Jahr kann man ein Album eigentlich nur "Thirsty" nennen. Durstig nach Mucke und Bier (mit einem Schuss Kettenfett) sind die drei Musiker aus Dortmund nach Augenzeugenberichten ebenfalls. Seit Jahren schieben sie im Untergrund eigentlich fest verankerte Bühnen vom Platz und hinterlassen leuchtende Augen bei Fuzzrock-Fans in ganz Europa. Aber nicht das hier jemand an drei Männer denkt: zwischen Sänger und Gitarrist Danny sowie Schlagzeuger Stefan „basst“ mit Mephi noch die "Bassgazelle" dazwischen, die durch ihre ausladende Spielweise den meisten Platz auf der Bühne beansprucht.

2016 hinterließen DAILY THOMPSON mit dem Album „Boring Nation“ schon einen großen Fußabdruck in der Musiklandschaft. Durch beständiges Touren hat sich de Band eine beachtliche Fangemeinde erspielt und gilt daher als nicht mehr ganz so geheimer Tipp.
Nach dem letzten Gig der „Boring Nation“-Tour im „Vortex“ in Siegen im Dezember 2017 konzentrierte sich die Band ganz auf das neue Album Namens „Thirsty“. Zuvor konnte man mit dem Song „River Haze“ bei verschiedenen Gelegenheiten, wie z.B. der Rockpalast-Aufzeichnung in der Harmonie in Bonn, schonmal einen Vorgeschmack auf den zukünftigen Sound bekommen.

Oft hat man bei vielen Bands nach ein paar Alben den Eindruck, man bediene sich für ein neues Werk schon geleisteten Glanztaten und es herrscht kreative Dürre. Den Eindruck habe ich bei „Thirsty“ nicht oder kaum. Der Sound ist anderes, die Herangehensweise an die Songs ist anderes, Danny singt anders. Er geht mehr aus sich raus, probiert sich erfolgreich an Neuem.


Kernig geht es los mit „Please You“ und wer glaubt hier gibts schon alles zu hören, was das Album so hergibt, hat sich kräftig im Kühlschrank in der Biersorte vergriffen. 
Also erstmal austrinken und zu „Awake“ erstmal so richtig einsteigen. Ein klanglicher Bastard aus OZZY meets KYUSS, mit Fuzz, extra-strong! Alle Pedale und Knöpfe durchdrücken und zu „Brown Mountain Lights“ abheben. Wohooo!

In der Mitte des Albums hat man mit drei sehr unterschiedlichen und außergewöhnlichen Stücken quasi eine Bremse eingebaut! Eine Insel zum Verweilen, für Feinschmecker.

Die beinahe Ballade „Nowhere“, bei der man die Gedanken schweifen lassen kann, in die Landschaft blickend. Höre ich da etwa eine Orgel raus?

Die mit gut achteinhalb Minuten längste Nummer "Stone Rose"ist so eine spannende Mischung aus Monster Magnet, Mother Love Bone und Clutch (in dieser Reihenfolge bitte) und eine Gänsehaut-lastige Hörreise.

„Roots“ besteht aus gefühlt mehren Passagen. Erinnert an die BREEDERS und durchbricht vollends die üblichen Songwriting-Schemata. Mittendrin spielt Danny eine unfassbar schöne Melodie, dreckig, verzerrt und mit viel Hall garniert. Mephi steuert zum ersten Mal nicht nur Background-Gesang hinzu, sondern ist auch solo zu hören und klingt so wie man sich ein „Resting Bitchface“ vorstellt: ein wenig genervter unbeeindruckter Gesichtsausdruck. Absolut beeindruckend.

Wenn mir spontan ein Vergleich für Mephis Basssound bei den meisten Songs auf „Thirsty“ einfällt, dann wie ein ordentlich mit Material gefüllter, vor sich hin rödelnder Betonmischer. Einen guten Eindruck davon bekommt man gleich am Anfang von „Snakes“.

Eine feine Classicrock-Nummer stellt „Gone Child“ dar, bevor man zum Ende bei der Neuaufnahme von „Spit Out The Crap“ einen gehörigen Tritt in den Arsch bekommt - so wie zum Abschluss einer jeden Show. Man kann Mephi sich im heimischen Wohnzimmer zwischen den Lautsprechern am Boden winden sehen, wenn man die Augen schliesst!

DAILY THOMPSON machen mit „Thirsty“ kompositorisch und technisch einen gewaltigen Schritt nach vorne. Im Vergleich kommt „Boring Nation“ eher stockend und hölzern daher, wie ich finde. Bei „Thirsty“ ist alles im Fluss, die Riffs fließen ineinander, es blubbert und tuckert mal heftig, mal gemütlich jedoch stets kernig. Ich hab den Eindruck, Danny traut sich mehr aus sich raus wo er vorher zu gebremst und in sich gekehrt schien. Er singt überraschend hoch und auf ebensolchem Niveau, dass man wahlweise in Deckung geht oder sein Herz auf der Zunge liegend erahnt. Noch einen Tick höher und manischer und er darf Ozzy von der Bühne schubsen!
Trommelhase Stefan tickert dazu präzise im Takt, mal wirkt es hypnotisch und oft zusammen mit dem Bass wie aus einem Guss.

Bei aller Hör-Wonne, so klasse und ausgearbeitet die Songs auch sind, einen Wermutstropfen gibt es für mich leider doch. Ich durfte die Band mit vielen neuen Songs im Sommer live erleben, ohne die Studioversionen zu kennen. Ich hab mich in die Songs verliebt und in diese hemmungslose Spielfreude der drei aus dem Pott. Als ich die Studioversionen das erste Mal hörte, war ich wie vor den Kopf gestoßen, da von dieser Liveenergie gefühlt zunächst wenig vorhanden war. Das war mir alles zu präzise und zu gut klingend - gerade bei „River Haze“- der Wums in der Magengegend stellt sich nicht ein, die Schmetterlingsgefühle bleiben erstmal aus. Ich vermute bei einem Livegig lässt sich eben nicht alles umsetzen, wie man den Sound erdacht hat und wie bei vielen guten Livebands werden sich die Lieder sicher bei jeder Show der Energie zwischen Band und Publikum anpassen.

Mit etwas Abstand zu den Liveshows und mit fleißigem Hören hab ich mir die Songs dann wieder erarbeitet.

Im Vergleich zum nicht minder schlechten Vorgängeralbum „Boring Nation“ verlässt man die eingetretenen Pfade und zieht den Kasten „Hans-A-Pils“ den nächsten Berg hinauf, nur um auf der anderen Seite laut juchzend mit selbigem Richtung Strand zu rutschen. „Thirsty“ lässt dich nicht durstig zurück, sondern schenkt noch einen nach, wenn du es am wenigsten erwartest. (Andreas)


Bewertung:

Andreas8,5 8,5 / 10


Anzahl der Songs: 10
Spielzeit: 53:03 min 
Label: MIG-Music
Veröffentlichungstermin: 09.11.2018