Bereits ihren 5. Longplayer legen die Pfälzer LORD VIGO vor. „We Shall Overcome“ heißt das gute Teil und stellt ein weiteres Konzeptalbum dar. Musikalisch wurde das Spektrum noch erweitert. Mit dem großartig aufgemachten Booklet in der Hand taucht es sich hervorragend in die faszinierende Welt dieser außergewöhnlichen Band ein. Eskapismus pur! Gitarrist Volguus stand Rede und Antwort und ließ sich so einige interessante Details entlocken.
Ralf: Hi Volguus, sei mir gegrüßt dort in den Landstuhler Karparten! Hoffe es geht gut?
Volguus: Servus Ralf. Bei uns ist alles fit soweit. Demnächst werden wir mit dem Nachfolger von „We Shall Overcome“ beginnen. Dem dritten und letzten Teil der Trilogie.
Ralf: Euer aktuelles Werk „We Shall Overcome“ ist just erschienen. Zufrieden mit den bisherigen Reaktionen?
Volguus: Absolut. Viele positive Reviews in den Online-Magazinen, jeweils unter den ersten 10 Plätzen in den zwei größten deutschen Print-Magazinen und das Wichtigste: viele Fans finden das Album unser bisher Bestes was natürlich absolut fantastisch ist. Natürlich wird es immer Leute geben, die eines der anderen Alben vorziehen aber das ist absolut okay. Wäre ja schlimm wenn alle den selben Geschmack hätten.
Ralf: Das Konzept von „We Shall Overcome“ basiert ja auf RUSH´s „2112“ und stellt eine quasi Weiterführung dar. Ist es nicht etwas „anmaßend“ dieses Kultwerk weiterzuführen und wie lange hast Du für die Story gebraucht?
Volguus: Das könnte natürlich Vinz besser beantworten, aber ich denke mal vom ersten Konzept bis zur finalen Story und den Lyrics dürfte locker 1 Jahr ins Land gezogen sein. Ich denke nicht, dass es „anmaßend“ ist die Story von 2112 weiter zu führen. Anmaßend wäre es, wenn wir behaupten würden auch musikalisch diesen Meilenstein fortzuführen, haha. Das ist natürlich schlicht unmöglich und auch in keinster Weise unsere Intention. Auch wenn wir hier und da ein paar Tribute eingebaut haben. RUSH sind musikalische Götter, wir nur eine kleine Heavy Metal Band. Niemand kann diesen 3 das Wasser reichen. Letztendlich werden die losen Enden von 2112 aufgegriffen und eine abgefahrene Science Fiction Story daraus gesponnen und mit dem Blade Runner Universum verbunden, also dem „Danse de Noir-Konzept“. Dazu gibt’s noch ordentlich Zeitreiseelemente. Unser Held reist nämlich aus dem Jahre 2137, also 25 Jahre nach 2112 zurück ins Jahr 1986, um die katastrophalen Zustände seiner Zeit zu verhindern. Dummerweise splittet er dabei die Zeitlinie in zwei Realitäten auf. Während wir also weiter in unserer Zeitlinie verweilen entsteht durch die Zeitreise eine zweite Zeitlinie. Jene Realität aus dem letztendlich das Blade Runner Universum wird. Das wird auf dem dritten Teil der Trilogie erzählt. Die nächste Platte spielt also komplett im Jahre 1986 der Erde. Tolle Geschichte, die sich Vinz da ausgedacht hat. Zu guter Letzt ist es auch ein Tribut an den jüngst verstorbenen Neil Peart. Fantastischer Drummer, Mensch und Geschichten Erzähler.
Ralf: Ihr verarbeitet ja alle mögliche Einflüsse bei LORD VIGO. Sei es die Liebe zur Musik, Comics, Science Fiction, Filme, Horror etc. Wieviel Nerdismus und Eskapismus benötigen wir alle in diesen doch schweren Zeiten (Corona, Krieg, SABATON?). Was ich natürlich positiv finde...
Volguus: Ich denke wir brauchen ihn mehr denn je. Das alles ist ja auch eine gewisse Realitätsflucht. Eintauchen in andere, faszinierende Welten. Wir brauchen uns nichts vorzumachen. Die Welt war schon lange nicht mehr so nahe am Abgrund wie jetzt gerade. Ein Krieg mitten in Europa, Rechtsruck, Pandemien, Klimawandel. Das Problem ist halt, dass wir selber nichts groß daran ändern können. Die, die es können, tun es nicht also was bleibt uns anderes übrig als uns mit ordentlich Nerdkram abzulenken? Ich denke das ist eigentlich das Wichtigste überhaupt und macht das Leben halbwegs erträglich. Was Sabaton angeht... Dafür habe ich leider keine Lösung.
Ralf: Stichwort: Produktion. Ihr bemüht Euch auch diesbezüglich eigenständig zu klingen. Mir persönlich dürften die Gitarren etwas lauter sein und die Drums nicht ganz so dominant. (Was aber Geschmackssache ist.) Warum nimmt ihr Eure Alben immer im Homestudio auf? Wäre ein neutraler Produzent nicht auch einmal eine Option in Zukunft?
Volguus: Das Problem bei einem neutralen Produzenten wäre, dass er eben nicht weiß wie wir klingen müssen. Ein wichtiger Teil von Lord Vigo ist der recht eigenständige Sound. Es würde sich dann vermutlich wie jede andere Produktion anhören. Furchtbar toll rumsen und die Gitarren würden dir die Rübe abschrauben. Toll beim ersten Reinhören, aber nach 2-3 Durchläufen wird’s schnell langweilig. Bass und Schlagzeug sind eine wichtiger Teil unseres Sounds, man darf sie also ruhig hören. Möglicherweise werden die Gitarren auf dem nächsten Album wieder etwas lauter sein. Das Gesamtpaket muss passen und ich denke das tut es. Außerdem proben und komponieren wir direkt im Studio und nehmen auch gleich auf was geht, da die ersten Ideen meistens die besten sind und auch am besten klingen. So bleibt etwas Spontanität erhalten.
Ralf: Musikalisch lässt ihr Euch nicht festnageln von Prog über Rock bis hin zu New Wave-Einflüssen ist alles vertreten. Eine gewisse Detailverliebtheit ist Euch nicht abzusprechen. Ist das die Essenz von LORD VIGO?
Volguus: Definitiv. Wir haben viele Einflüsse und alle sind ein Teil des Gesamtsounds. Ich denke das macht viel von unserem Stil aus. Es gibt Bands, die nehmen immer das gleiche Album auf und es funktioniert, dann gibt es Bands die ihren Stil radikal ändern und es funktioniert selten, dann gibt es Bands die sich weiter entwickeln ohne ihren Ursprung zu vergessen. Ich denke in diese Kategorie fallen wir. Es wird sich immer nach LORD VIGO anhören, immer episch sein und immer Heavy Metal. Das sind die drei Attribute, die mit Sicherheit auch auf der nächsten Platte zu finden sind. Alles andere ist völlig offen und ich kann nicht sagen was für Einflüsse noch dazu kommen oder welche bleiben. Ist jedes mal wie ein Überraschungsei
Ralf: Das Coverartwork finde ich ebenfalls sehr gelungen. Was kannst Du mir dazu sagen?
Volguus: Dazu kann ich sagen, dass ich es gefunden habe, haha. Alle LORD VIGO Cover waren eher meine Geschichte. Entweder hab ich dem Künstler gesagt was er zeichnen soll, oder, wie bei den letzten beiden Platten, hab ich das Gemälde gefunden. Cover waren mir persönlich schon immer wichtig, da sie unmittelbar mit der Atmosphäre des Albums verbunden sind. Ich sage nur „Somewhere in Time“. Das Cover von „Danse De Noir“ ist von Peter Gric und da das neue Album eine Fortsetzung der Geschichte ist, wollten wir eine gewisse Konstante im Artwork, also haben wir ihn wieder kontaktiert und wieder wurde es ein bereits gemaltes Gemälde. Das Motiv passt wunderbar zur Stimmung des Albums, da es ein leicht surreale Atmosphäre transportiert. Ferne. Zeiten werden ja oft so dargestellt. Die Kugeln kann man durchaus als verschiedene Welten interpretieren, die eine Übereinkunft anstreben. Passt dann auch zum Albumtitel. Fast schon eine positive Message. Das war aber keine Absicht, haha.
Ralf: Wie sieht es an der Livefront aus?
Volguus: Zur Zeit ziemlich mau, was schade ist, denn wir haben eine neue Show, neues Equipment usw. Das Bang You Head wurde ja leider wieder verschoben. Das Problem ist einfach, dass es aufgrund der Pandemie ein absolutes Überangebot an Konzerten gibt. Logischerweise gehen die Leute erst mal auf die ganzen verschobenen Gigs, von denen die Karten schon zwei Jahre daheim liegen. Wir hoffen aber, dass sich das bald wieder normalisiert und wir evtl. eine kleine Deutschland Tour mit zwei anderen Bands machen können. Im übersichtlichen Rahmen natürlich und wenn uns der Virus keinen Strich durch die Rechnung macht.
Ralf: Eine Frage zur Gründung. Wie kamt ihr darauf diese Band zu gründen und wer hatte die Idee mit dem Namen?
Volguus: Eigentlich war es nur ein Sideprojekt. Im Jahre 2014 rief Vinz mich und Tony Scoleri ins Studio mit der Aussage, er hätte da was. Letztendlich waren das genau 3 Töne auf dem Keyboard. Der Grundton war C also stimmten wir die Gitarren runter auf C und eine halbe Stunde später gab es den ersten Song. Zu hören auf dem Debüt. „Babylon The Great“ war das. Das sind übrigens genau die Gitarren aus jener halben Stunde, haha. Jedenfalls war unser zweiter Song „Vigo von Homburg-Deutschendorf“ und da wir immer noch verzweifelt einen Namen suchten machte Tony den Vorschlag uns LORD VIGO zu nennen. Passte zum Sound und Konzept. Da wir auch alle riesen Ghostbusters Fans sind, war der Name gefunden.
Ralf: Wie wurdest Du damals mit dem Metalvirus infiziert?
Volguus: Ein Mixtape im Jahre 1987 von meinem älteren Cousin. Darauf waren ACCEPT, DIO, MAIDEN, SAVATAGE, HELLOWEEN und einige anderen Sachen. Danach gab es kein Halten mehr und das hat sich bis heute nicht geändert.
Ralf: Danke für Deine Zeit und viel Spaß beim Antworten!
Volguus: Cheers, Ralf
Danke dir für das Interview.
Bildquelle: Band