Zwei Alben haben die saarländischen Piraten-Metaller mittlerweile veröffentlicht, für das dritte ließen sie sich etwas Besonderes einfallen. Die beiden Gesichter dahinter, Tina und Gernot Gebhard haben neben der Band noch ein weiteres Projekt am Laufen, das nennt sich Familie. Da es derzeit eine ganze Reihe Rockveröffentlichungen für Kids gibt, wollten die beiden da nicht hinten anstehen und ihren Kindern etwas Wunderbares kreieren. Angelehnt an die Zusammenarbeit mit dem „Theater Der Härteren Klangart“ setzte man statt einer Metaloper nun ein eigenes Hörspiel mit Musikeinlagen um. Unter dem Banner TORTUGA FOR KIDS schufen sie die Piratengeschichte „Leinen Los!“, welches bei der Band geordert werden kann. Leider fielen die beiden Aufführungen des Werkes der Pandemieregelungen zum Opfer.

Das Ganze teilt sich in zehn Spielszenen und zehn Lieder auf, die auch eine erzählende Rolle einnehmen. Thematisch bleibt man natürlich bei den Piratenklischees wie Schatzsuche, rauen Gesellen und Seeschlachten, ein wenig Johnny Depp-Gedächtnis-Hokus Pokus muss heute natürlich auch dabei sein. Es werden ebenso geschickt kindgerechte Themen eingewoben, um die Storyline für die Kleinen greifbarer zu machen. So behandeln die Titel auch Freundschaft und Zusammenhalt, Mut oder wie man sich aus Ausgrenzung oder unterschätzt werden befreit.

Gespielt werden die Rollen von Mitgliedern und Freunden der Band, wobei Gebhard die Rolle des Kapitän Schwarzbart übernimmt. Gerade die alten Piraten versuchen mit betont rauer Stimme charmant grollend zu klingen, was vor allem David Schöneberger als Einäugigem Ole sehr gut gelingt. Auch andere Charaktere wurden liebevoll gezeichnet wie der tolpatschige Matrose Ben oder der verschlagene Horst Holzbein.
Sängerin Tina alias Captain Mary Read fungiert noch als Erzählerin, welche die Zuhörer auf eine Reise durch viele Gefahren mitnimmt. Dabei fängt es ja schon zum Auftakt damit an, als man zuerst einmal eine Mannschaft anheuern muss. Die Erzählweise ist weniger abenteuerlich, sondern eher witzig und somit auch für ganz kleine Seeräuber geeignet.

Musikalisch hat man gegenüber den regulären Scheiben ein paar Pfund runtergenommen, was natürlich der Zielgruppe geschuldet ist. Allerdings schraubte man den Härtegrad schon auf „When The Shit Hits The Fan“ herunter, bei dem mehr Folkeinflüsse und genrefremde Instrumente zum Zug kamen als auf dem Debüt. Für Geige und Flöte sind Julia Neumann und Susanne Lehmann zuständig, die auch beim „Theater Der Härteren Klangart“ involviert sind. Am rockigsten nimmt sich da noch „Auf Nach…“ aus, welches auch den Weg ins Liveset schaffte.

Nahe am ursprünglichen Einfluss aus der Hamburger Piratenschmiede ist „Fertig machen zum Entern“, das mit einem interessanten Rhythmus daher kommt. Ansonsten ist dieser auch eher simpel gehalten wie die Riffs, lediglich in „Die Lila Palme“ haut Drummer Woodleg Willy ein paar Breaks dazwischen. Gitarrentechnisch halten sich Sir Blackbeard und Jack The Knife ebenfalls zurück, auf Soli verzichten können sie aber dann doch nicht.
Die Melodien stehen klar im Vordergrund, so ist auch der Gesang nach vorne gemischt. Manches driftet dabei in eine etwas kitschige Richtung ab, aber die Balance zwischen dem eigenen Anspruch und der Kinderthematik. Allerdings erinnert „Hey Ho – Das Piratenlied“ ein wenig zu sehr an das altbekannte Fliegerlied. Dazu haben sich TORTUGA mit „Seeungeheuer Sven gekonnt an einer Ballade versucht.
Auch die Gestaltung der CD ist liebevoll aufgemacht, alle Texte sind abgedruckt, damit der Nachwuchs mitsingen kann. Grafikerin Julia Trampert hat das Booklet sehr schön illustriert, zeigte dabei einen ganz anderen Ansatz als bei ihren üblicherweise eher düsteren Bildern. Damit runden sie „Leinen Los!“ als lohnenswerte Sache ab, den Nachwuchs an härtete Klänge heran zu führen, wobei man ernstere Themen wie sie zuletzt HEAVYSAURUS einbrachten umschifft. (Pfälzer)

Bewertung:

 7,5 / 10

Anzahl der Songs: 20
Spielzeit: 62:56 min
Label: Eigenproduktion
Veröffentlichungstermin: 23.11.2019