Die letzten Jahre waren für die Piratenmetaller nicht ereignislos, kurz vor der Pandemie hat man mit "Leinen Los!" ein eigenes Kindermusical auf den Markt gebracht. Im Jahr zuvor brachte man zusammen mit dem "Theater Der Härteren Klangart" eine Rockoper für Erwachsene auf die Bühne, "Pirate´s Bride" baute auf Songs der ersten zwei Scheiben auf. So nutzte man die viele freie Zeit um neues Material zu schreiben und im heimischen Studio aufzunehmen. Auf jedem segeln die Piraten der Saaribik mit dem "Flying Dutchman" eher Steampunk-Ästhetik entgegen. Wohin geht die Reise von TORTUGA musikalisch?
Nach dem Intro wird schon direkt deutlich, dass man nach dem eher folkigeren "When The Shit Hits The Fan" und dem noch ruhigeren Ausflug ins Kinderfach jetzt wieder mehr Bock darauf hatte, es richtig krachen zu lassen. Natürlich muss man erst einmal die Planke des atmosphärischen "Above The Clouds" entlang wandeln, das sich problemlos als Filmscore eignen würde. Eher weniger cineastisch kracht "Stowaway" dann herein, hier geht man bei den eigenen Wurzeln noch weiter zurück als bisher bekannt. Das treibende Riffing atmet definitiv den Geist der NWOBHM, schön rau und direkt.
In diese Richtung tendiert auch "Rackham´s Revenge", das noch ein wenig düsterer daher kommt. Dafür sorgen neben den Zutaten wie beim Opener auch atmosphärische Fills und ebensolche "AhAh"-Chöre. Interessanterweise wurden beide Titel bereits für die Metaloper komponiert und kommen hier noch einmal zu Ehren. Das Eröffnungsstück gibt es am Ende ein weiteres Mal als TDHK-Version, auf der sich mit Wiebke Neu und Svenja Trampert zwei der Protagonisten des Ensembles wie bei der Aufführung den Gesang teilen.
Auch die taufrischen Nummern lassen es ordentlich krachen. "Parley" rockt im gehobenen Tempo und hat ein wenig der IRON MAIDEN-Anklänge vom Vorgänger. Nach einer witzigen Bridge, bei der sich Gitarrist Sir Blackbeard einschaltet gerät der Refrain so richtig in den Fluss, im Gegensatz zu den ansonsten vorherrschenden dicken Piratenchören. Noch mehr an der britischen Legende ist "FSM" geschuldet, das von den Leads getrieben wird. Der weite Refrain lüftet dann auch das Geheimnis des Kürzels, das an TWISTED SISTER´s "SMF" erinnert. Doch weit gefehlt, hier geht es lediglich um das "Fliegende Spaghetti Monster" und nicht um irgendwelche Attitüde, was das Augenzwinkern der Truppe unter Beweis stellt. Natürlich darf die RUNNING WILD-Hommage nicht fehlen, in "Shark Of The Dark" treiben die Drums nach vorne, während Chorarrangements das Ganze auflockern.
Zeit für Folk muss auch sein, die Bandhymne "Pirates Of Saaribia" lässt schon im zweiten Stück die Fidel erklingen. Jene steuert Julia Neumann bei, die ebenfalls bei der Metaloper zum Einsatz kam und sorgt so für den beschwingten Touch des lässig rockenden Songs. Wem da nicht genug geschunkelt wird, der darf zu "Code Of Conduct" das Tanzbein schwingen. Mit Frank Scheider bedient ein weiterer Gast das Akkordeon, das lässt er sehr flott kreisen lässt, Partystimmung ist an Bord garantiert. Dessen ruhiges Ende geht direkt in "A Place Behind The Sun" über, eine von Fabian Görgen geschriebene Pianoballade. Dieses Instrument übernimmt der ebenso aus dem "Theater Der Härteren Klangart"-Umfeld stammende Keyboarder gleich selbst.
Gerade das Lied bereichert die gute Mischung von lockeren und härteren Momenten auf "Flying Dutchman" noch mehr, beim letzten Longplayer hat man so etwas vermisst. Was hier vor allem auffällt ist das Gitarrenspiel, das sich bei aller Knackigkeit speziell in den Soli eine schöne warme Note mit einbringt. Klangtechnisch ist das differenziert in Szene gesetzt, die Beckenarbeit sehr sauber, lediglich ein bisschen Volumen hätte die Produktion vertragen. Doch hier wird auf hohem Niveau gemeckert, mit Freunden hatten TORTUGA viel Spaß im Studio, der sich auf Platte überträgt. Und als Krönung des Ganzen streut die Crew das Werk nach Freibeuter-Manier einfach so unter das Volk, schreibt die Mannschaft einfach an. (Pfälzer)
7,5 / 10
Anzahl der Songs: 11
Spielzeit: 43:12 min
Label: Eigenvertrieb
Veröffentlichungstermin: 09.07.2021