Haken - The Mountain

haken tothemountainAnfangs nur als weitere progressive Spielwiese der beiden TO-MERA-Cracks Thomas Mac Lean und Richard Henshall gegründet, wuchs die Popularität von HAKEN schneller als die ihrer Hauptband, obwohl sie noch gar kein Album am Start hatten. Da man sich bereits im Underground einen Namen gemacht hatte, ging ab dem Debüt "Aquarius" 2010 alles ganz schnell. Zwei Alben hat man in der Zeit aufgenommen und alle wichtigen Prog-Festivals gespielt, auf der Night Of The Prog sogar zweimal. Nun steht bereits die dritte Scheibe "The Mountain" in den Läden, die den mit viel Kritikerlob überhäuften Briten weiter die Erfolgsleiter hinauf helfen wird. Ob die vielen Vorschußlorbeeren berechtigt sind, lest ihr hier.

Sie lassen sich nicht auf einen Stil festlegen, sondern verarbeiten alles, was ihnen an Möglichkeiten in die Finger kommt. Dabei versuchen die studierten Musiker nicht allzu selbstverliebt ihr Fähigkeiten in den Vordergrund zu stellen, sondern eher songdienlich zu agieren. Gerade darunter litten TO-MERA immer, denn aus einem Berg von Klängen fühlte sich der Hörer schier erdrückt. Den Berg gibt es bei dem Dreher bereits auf dem Cover, der Einstieg gestaltet sich indes gemächlicher.
"The Path" schlängelt sich sehr sanft den Hügel hinauf in die Gehörgänge der progressiven Gemeinde, wo es in den Pianolinien von "Atlas Stone" ankommt. Ein federnder Bass nimmt so langsam Fahrt auf, bevor die ersten metallischen Riffattacken weiter Druck machen. Doch die prägen den Song nur marginal, vielmehr versprüht die Strophe einen leichtfüssigen Charakter, ebenso leicht wie die jazzigen Instrumentalparts, die immer wieder um die Elemente wie den getragenen Chorus gebaut sind.
Noch mehr den Geist der Siebziger atmen die Gesangsarrangements in "Cockroach King", die den Hörer sofort an YES denken lassen. Schon öfter wurden HAKEN als eine moderne Ausführung der Prog-Legende bezeichnet, was so weit hergeholt gar nicht ist. Zumal die Pioniere selbst seit den Achtzigern ihren Sound kaum noch erneuern, sondern sich ganz gut im eigenen Retro-Feld zurecht finden. Das schürt natürlich die Vermutungen, wie sie heute klingen könnten, auch "The Mountain" kann diese weiter füttern. Die Pianolinien in dem Stück versprühen mit noch größerer Jazzschlagseite einen Hauch von Canterbury der Marke CARAVAN.

Doch da ist noch mehr zu entdecken, vor allem mehr Zeitgemäßes, wie etwa im hektischen "In Memorian". Hier schraubt Sänger Ross Jennings ähnlich wie beim Longtrack "Falling Back To Earth" seine Stimme in Falsett-Höhen und erinnert dabei Einar Solberg von ihren norwegischen Label-Kollegen LEPROUS.  Auch die wichtigste Prog Metal-Band des Planeten hat in "Pareidolia" ihre Spuren hinterlassen. Langsam anschwellende Soundwände wechseln sich bei der Nummer mit instrumentalen Abfahrten ab, bevor der Refrain getragen ums Eck biegt.
Gerade die Songlängen sind recht unterschiedlich gehalten, auf kompakte Vierminüter treffen fünf Longtracks ab acht Minuten aufwärts. Ebenso auffällig ist der Gegensatz beim Härtegrad, da drei Nummern durchweg ruhig gehalten sind. In "Because It´s There" kann man wieder tolle Gesangsharmonien vernehmen, die durch die reduzierte Instrumentierung besser zur Geltung kommen. Das abschließende "Somebody" überrascht am Ende durch wogendes Anschwellen der Dynamik, welche durch Bläsersätze transportiert wird.

Musikalisch und von der Ideenvielfalt sind die Briten sicherlich ganz große Klasse und können das ein oder andere Mal in die Sphären ihrer übergroßen Vorbilder eindringen. Doch irgendwie fehlt mir hier der zündende Funke oder Melodien, welche sich direkt in den Gehörgängen festsetzen. Das liegt aber weniger am ausufernden Eklektizismus, denn die verschiedenen Klangschichten verbinden sich gut miteinander.
Das Hauptproblem sehe ich an der doch arg sterilen und kalten Produktion von Jens Bogren. Von den Fascination Street Studios bin ich doch ein organischeres Soundgewand gewohnt. Und das fehlt hier, vor allem um den ruhigeren Passagen mehr Tiefe zu verleihen und das Gefrickel besser in die Songs einzubetten. So bleibt am Ende ein gutes Album, welches live seine Momente haben könnte, aber mich nicht so überzeugt, wie man mir angepriesen hat. (Pfälzer)

Bewertung: 7 / 10

Anzahl der Songs: 9
Spielzeit: 62:21 min
Label: Inside Out
Veröffentlichungstermin: 30.08.2013