Ja, so kann’s gehen. Als Sabina Classen 1981, im zarten Alter von 18 Jahren, zum ersten Mal ans Mikrofon der bereits 1980 an ihrem Aachener Gymnasium gegründeten HOLY MOSES trat, wollte sie ihrem damaligen Freund und späteren Ehemann Andy Classen und seinen Bandkumpels eigentlich nur beweisen, dass sie nicht singen kann. Die fanden das Gehörte jedoch irgendwie ziemlich geil und machten sie prompt zur neuen Sängerin der Gruppe. Was sie mit zwei Pausen (einmal für kurze Zeit im Jahr 1984 und dann noch einmal von 1992 bis 2000) die nächsten 42 Jahre auch bleiben sollte.
Mir persönlich fielen HOLY MOSES das erste Mal 1987 auf. Da hatten sie gerade ihr Zweitwerk „Finished With The Dogs“ veröffentlicht. Damals hätte ich niemals geglaubt, dass ich ganze 36 Jahre später einmal ein Review zum allerletzten Album der Truppe aus Nordrhein-Westfalen verfassen würde.
Wo ist nur die Zeit hin?
Über die TV-Engagements von Sabina kann man denken was man will. „Mosh“ habe ich nie gesehen, weil wir zu der Zeit noch kein Kabelfernsehen hatten und über die Sendungen beim Trash-Sender RTL ZWEI hülle ich mal gnädig den Mantel des Schweigens.
Eins ist jedoch sicher: HOLY MOSES waren immer sträflich unterbewertet. Was Sabina Classen als erste Sängerin einer Thrash Metal Band für alle weiteren Damen, die nachher in diesem Genre tätig waren getan hat, kann man gar nicht hoch genug bewerten. Sängerinnen wie Angela Gossow, Aliza White-Gluz, Diva Satanica, Britta Görtz und viele andere hätte es ohne sie vielleicht nie gegeben.
Doch, wenn es auch schwerfällt irgendwann muss Schluss sein, auch weil Classen Ende des Jahres 60 wird und nach eigener Aussage nicht noch als Oma auf der Bühne stehen will. Somit ist das am 14.04. erschienene „Invisible Queen“ nicht nur das zwölfte Studioalbum der Band, sondern auch das letzte.
Ganze 9 Jahre sind seit dem letzten Album „Redefined Mayhem“ vergangen. Irgendwie hatte ich die Hoffnung auf ein neues Werk von Sabina Classen-Hirtz (Gesang), Peter Geltat (Gitarre), Thomas Neitsch (Bass) und Gerd Lücking (Schlagzeug) schon fast aufgegeben.
Sagen HOLY MOSES mit „Invisible Queen“ nun zum Abschied leise „Servus“? Mitnichten!
Der Opener „Downfall Of Mankind“ beginnt mit einem verzweifelten Schrei und danach bricht die Hölle los. Das folgende „Cult Of The Machine“ könnte auch locker von MESHUGGAH stammen. Altersmilde? Nicht mit HOLY MOSES. Jeder einzelne der hier enthaltenen 12 Songs packt einem am Schlafittchen und schüttelt einen durch, dass die Zähne klappern.
Als Bonus hat man sich etwas ganz Besonderes einfallen lassen. Auf der Bonus-CD „Invincible Friends“ befinden sich zwar sämtliche Songs des Albums noch einmal, der Gesang kommt aber von echten Größen des Thrash Metal. So findet man hier unter anderem Bobby „Blitz“ Ellsworth, Tom Angelripper und Gerre um nur ein paar zu nennen.
„Invisible Queen“ ist ein würdiges Abschiedsalbum. Nach der Tour zur Scheibe wird es die Band nicht mehr geben. Auf Wiedersehen HOLY MOSES. Danke für all die Jahre. Und wie sang schon Trude Herr? „Niemals geht man so ganz“. (Matthias)
Bewertung:
8,5 / 10
Anzahl der Songs: 24
Spielzeit: 95:44 min
Label: Fireflash Records
Veröffentlichungstermin: 14.04.2023