Ich muss ja gestehen, dass ich SURMA als Band zunächst schon etwas kritisch gegenüber gestanden habe. Denn zumindest auf den ersten Blick wirkt sie nicht wie eine Band, sondern eben nur wie ein Projekt von Heri Joensen und seiner Freundin Viktorie Surmøvá, nach der die Band ja auch benannt ist (wobei das Wort Surma interessanterweise in vielen Sprachen existiert und z.B. das finnische Wort für Tod ist – also doch ganz schön Metal). Die beiden anderen Bandmitglieder, Rens Bourgondiën und Andrey Ischenko treten dagegen so gut wie gar nicht in Erscheinung und werden auch nur selten erwähnt. Auch auf dem Albumcover sind nur Heri und Viktorie zu sehen. Außerdem streckt Heri bei jeder sich bietenden Gelegenheit irgendwas in die Kamera, auf dem TÝR steht, so dass ma den Eindruck bekommen könnte, es handele sich um eine Werbeplattform für seine eigene Band. Aber – all das ist ja grundsätzlich nicht verboten und legitim und wenn ich das komisch finde, ist das in erster Linie mein Problem.
Dazu kommt auch noch die erste Single „Reveal The Light Within“, die im Grunde wie TÝR light mit Sängerin klingt. Zu ähnlich sind sich die Melodien und natürlich Heris Gitarrenspiel. Doch die Band einfach nur darauf zu reduzieren, wird ihr nicht gerecht. Was die Truppe auch von vielen Bands unterscheidet, ist ihre extreme Fannähe. Schon lange vor Erscheinen des Albums hat man mit den Fans darüber diskutiert, ja, die Fans durften sogar bei der Entscheidung über die Songreihenfolge mitentscheiden. Dazu konnte man die Vorproduktion des Albums schon im Januar hören. Ich muss sagen, damals konnte mich das Album, selbst mit dem Hintergedanken, dass es sich um eine Vorproduktion handelt, nicht wirklich überzeugen. Ich weiß noch, dass meine Favoriten nicht den Favoriten der meisten anderen entsprachen. Leider weiß ich nicht mehr, welche Songs das waren. Wäre ja mal interessant zu sehen, ob sich das geändert hat. Aber geht ja leider nicht.
Doch zurück zur Musik. Wie schon gesagt, erinnert „Reveal The Light Within“, der erste Song nach dem Intro, doch noch stark an Heris eigentliche Band TÝR. Beeindruckend ist jedoch, wie sehr sich Viktories Gesang in der letzten Zeit verbessert hat. Und nach diesem Song zeigt sich, dass die Band eben nicht nur ein TÝR-Ableger ist, sondern durchaus eigenständige Kompositionen und einen eigenen Sound aufweisen kann. „Like The River Flows“ begeistert mit einer guten Portion Bombast und macht richtig Spaß. Der Kontrast zwischen Viktories glockenklarer heller Stimme und den tiefen, düsteren Growls gibt dem Song das gewisse Etwas und hier habe ich dann schon meinen persönlichen Lieblingssong gefunden.
Aber auch der Rest des Albums ist nicht zu verachten. Teilweise hat man das Gefühl, dass Heri es genossen hat, mal etwas anderes zu komponieren als für TÝR und sein Soloprojekt HELJAREYGA. Natürlich scheinen immer wieder seine persönlichen Trademarks durch, in vielen Songs hört man das für ihn typische Gitarrenspiel, das einfach unverkennbar ist. In „The City Of Winds“ klingt sein Einsatz z.B. sehr nach TÝR zu „Eric The Red“- und „Ragnarok“-Zeiten. Aber ansonsten ist das hier doch wesentlich bombastischer, dabei aber auch direkter und weniger vertrackt bzw. weniger progressiv. Die Songs sind kurz, knackig und kommen – trotz vieler orchestraler Ausschmückungen – direkt auf den Punkt. Natürlich muss man symphonischen Metal mögen. Ich gebe zu, dass es nicht so ganz meinen persönlichen Geschmack trifft, aber rein objektiv ist das hier wirklich gut.
Dass man gleich zwei Sänger in der Band hat, hat man gut genutzt. Zwar steht Viktorie immer im Vordergrund (interessant wäre auch mal ein Song gewesen, bei dem nur Heri singt), aber die Interaktionen der beiden in den verschiedenen Songs sind super ausgeführt. Sei es nun in einer Art Call & Response wie in „The City Of The Winds“, im starken Kontrast wie in “Like The River Flows” oder “Cages Of Rage” oder einfach in einem wunderschönen Duett wie in “Emptiness (Is No More)” oder in “Lost To Time”. Gerade letzteres würde ich gerne live sehen. Hauptsächlich, weil ich wissen möchte, ob sie es live genauso gut hinbekommen.
Der einzige Song mit Färöerbezug ist „The Selkie (Kópakonan)“. Ein Motiv, das nun nicht so selten ist und schon öfter vertont wurde. Hier allerdings nicht aus erzählerischer Sicht, sondern aus Sicht der titelgebenden Kópakonan, der Seehundfrau. Und das finde ich sehr gelungen. „Cages Of Rage“ (der Reimetitel macht mich etwas fertig) erinnert zu Beginn etwas an NIGHTWISH, eine Atmosphäre, zu der auch der später im Song einsetzende Kinderchor beiträgt, während Heris Einsatz natürlich wieder an TÝR erinnert. Was jetzt nach einem ziemlichen Mischmasch klingt, passt jedoch trotzdem harmonisch zusammen. Und ich bin beeindruckt, in welche Höhen Viktorie ihre Stimme schrauben kann.
Und so muss ich ja doch zugeben, obwohl ich es anfangs eigentlich nicht gedacht habe, obwohl mir das Album einen Ticken zu fröhlich und positiv ist und obwohl dies hier nicht meine präferierte Musikrichtung ist, dass mir „The Light Within“ doch ziemlich gut gefällt. Denn die beiden haben es geschafft, jede Menge Bombast in ein Album zu packen, ohne dabei in Kitsch abzudriften, was eben gerade im Symphonic Metal oft passiert und dann kann ich es mir nicht mehr anhören. Auch wenn sie mit diesem Album sicher nicht das Rad neu erfinden ist es doch ein Stück Musik, das vielen gefallen dürfte und das aus der Masse an ähnlichen Veröffentlichungen positiv hervorsticht. (Anne)
Bewertung:
7,5 / 10
Anzahl der Songs: 13
Spielzeit: 47:07 min
Label: Metal Blade
Veröffentlichungstermin: 06.11.2020