ANTI-FLAG waren schon immer Verfechter der offenen Worte und der klaren Kante, die Missstände offen anprangern und sich von jeher klar links positionierten. Dass die Truppe aus der Stahlmetropole Pittsburgh eine politische Band ist, wird schon alleine an ihrem Namen deutlich. Allerdings haben sie auf ihren bisherigen 10 Alben und in ihrer mittlerweile siebenundzwanzigjährigen Karriere in ihren Songs selten einzelne Individuen ins Visier genommen, sondern sich immer darauf fokussiert andauernde Unterdrückung zu thematisieren und tiefverwurzelte Systeme der Ungerechtigkeit zu enthüllen. Justin Sane (Gesang, Leadgitarre), Pat Thetic (Schlagzeug, Percussion), Chris Head (Rhythmusgitarre, Hintergrundgesang) und Chris #2 (Gesang, Bass) hatten sich eigentlich dafür entschieden, die Präsidenten der Vereinigten Staaten weder mit Albumcovern noch mit Liedern direkt anzugreifen.
Doch bei ihrer am 17.01. erschienenen neuen Scheibe „20/20 Vision“ sagten ANTI-FLAG sich laut Chris #2 „Scheiß drauf, wir müssen ein Gegengewicht zur Politik von Donald Trump und Mike Pence sein.“
Laut Justin Sane, ist „20/20 Vision“ eine Warnung an Menschen, die neofaschistische Ideen haben oder diese Art von Positionen ermöglichen, egal ob sie offen rassistisch sind oder Rassismus, Sexismus, Homophobie oder Transphobie verbreiten. Und so nehmen die Musiker auf ihrem neuen Werk auch kein Blatt vor den Mund.
Dies beginnt bereits mit dem Opener „Hate Conquers All“, welches für ANTI-FLAG-Verhältnisse musikalisch recht ungewöhnlich daher kommt und mit dem berühmt berüchtigten Trump-Zitat „In den guten alten Zeiten passierte das nicht, weil sie sie früher sehr, sehr rau behandelt haben “ „Und wenn sie einmal protestierten, taten sie es nicht so einfach wieder.“ Auch die restlichen der 11 Songs sprechen eine deutliche Sprache.
So greift „Christian Nationalist“ offen all diejenigen an, die versuchen ihren Neofaschismus hinter religiösem Eifer zu verstecken. Doch auch Kinder in Käfigen, die Fentanyl-Krise und die Rücknahme der EPA-Beschränkungen sind Thema der Texte.
Musikalisch gehen ANTI-FLAG hier recht melodisch und teilweise fast poppig zu Werke. Doch es gibt auch Stücke wie „A Nation Sleeps“ bei denen die Band zeigt, dass sie immer noch in der Lage ist, wütende und harte Punksongs zu schreiben. „You Make Me Sick“ schlägt in dieselbe Kerbe. Die ungewöhnlichste Nummer auf „20/20 Vision“ ist ganz klar „Un-American“, das schon fast Country ist.
ANTI-FLAG bleiben sich auf ihrer neuen Scheibe treu, haben gleichzeitig aber auch den Mut zu dezenten Neuerungen. Abwechslung ist hier also reichlich geboten. Über die Wichtigkeit der Botschaft hinter den Texten muss man wohl nicht diskutieren. (Matthias)
Bewertung:
9 / 10
Anzahl der Songs: 11
Spielzeit: 30:26 min
Label: Spinefarm Records
Veröffentlichungstermin: 17.01.2020