Nach ihrem gefeierten Open-Air-Auftritt anlässlich des Luxemburger Nationalfeiertags im Juni 2024, für die Bevölkerung natürlich gratis (ja, so was gibt’s in Luxemburg, während am letzten Tag der Deutschen Einheit die Weltstars JULI und Roland Kaiser die Menschen belästigten), gaben sich die US-Amerikaner erneut die Ehre, in der Rockhal ihre „Dogz Of Oz“-Worldtour fortzusetzen. Wie erwartet ausverkauft, erneut ein total gemischtes Publikum aller Alterssegmente; nichts mit nostalgischen Rentnern, die der verlorenen Jugend nachtrauern. Besser kann man die zeitlose Relevanz des AOR nicht dokumentieren. TOTO perfektioniert Genre-übergreifend seit Jahrzehnten Rock, Pop, Blues, Jazz und Funk. Der Popularitätsschub von TOTO scheint endlos, was statistisch in Zahlen durch ausschließlich ausverkaufte Shows, 50 Millionen verkaufte Alben und vier Milliarden Spotify-Streams belegt ist.
CHRISTOPHER CROSS
Aber erst einmal zum Anfang; denn wie es sich für eine Top-Band gehört, lässt man das Konzert durch ebenso namhafte Musiker eröffnen. Am heutigen Montag war es den Zuschauern tatsächlich vergönnt, eine absolute Ikone der Achtzigerjahre als Support begrüßen zu dürfen. Kein geringerer als Christopher Cross ist der Opener an diesem denkwürdigen Abend. Heutzutage nicht mehr so präsent, kennt die balladesken Songs des gebürtigen Texaners, der immerhin fünf Grammys und einen Oscar gewann, noch jedes Kind. Das Debutalbum von Christopher Cross aus dem Jahr 1979, das stilistisch vornehmlich im relaxten Westcoast-Sound verankert ist, einfach erstklassige Melodien und Sounds hervorbrachte, war weltweit derart erfolgreich, dass eine wahre Hysterie um den Sänger mit der eigentümlich hohen Stimme ausbrach. Dies war Fluch und Segen, denn der Protagonist konnte anschließend nie mehr die Erwartungen erfüllen, die an die Nachfolgealben gestellt wurden. Am heutigen Abend führt uns allerdings dieser großartige Musiker mit seinen zehn Songs auf eine Zeitreise zur glorreichen Epoche.
Seine leicht gealterte, aber immer noch auffallend hohe Stimme, wird unterstützt von drei hervorragenden Background-Sängerinnen. Die Band ist perfekt eingespielt, Christopher Cross eröffnet souverän und sehr locker mit „All Right“, vom 1983er „Another Page“-Album, legt aber schnell den Fokus auf die epischen Songs des Debut-Albums, die jeder in der Halle kennt. „Never Be The Same“, „Sailing“ und vor allem der Song, der ihm den Oscar einbrachte, „Arthur`s Theme (Best That You Can Do)" werden euphorisch bejubelt. Im Mix mit den sehr starken und gefühlvollen Songs vom „Another Page“-Album, steuert das Set auf den Höhepunkt zu. Der Welthit, auf den das gesamte Publikum wartet, beschließt ein tolles Set mit viel Wehmut und Freude. „Ride Like The Wind“, der lässige Rocker, wird in einer ausgedehnten Version präsentiert und zeigt die hochklassigen Mitstreiter und einen Protagonisten, der mit seinem größten Hit die Menge so richtig wachrüttelt. Christopher Cross ist ein fantastischer Support und ich bin äußerst glücklich, diese Ikone live erlebt zu haben.
TOTO
Nach kurzer Pause ist es dann so weit. Erneut mit schlichter Bühne, das das „Dogz Of Oz“-Credo ziert, ohne Video-Leinwände, erscheinen die US-Amerikaner um Bandleader und Gitarrenlegende Steve Lukather, Sänger Joseph Williams, Greg Phillinganes (Keyboards/Gesang), Shannon Forrest (Schlagzeug), John Pierce (Bass), Warren Ham (Bläser/Schlagzeug/Gesang) sowie dem jungen Talent Dennis Atlas (Keyboards/Gesang). Man weiß ja von Lukather und Williams, dass sie sich nur mit den Allerbesten in der Band begnügen.
Das epische Instrumental „Child`s Anthem“ aus dem Jahr 1978 ist der perfekte Opener und geht sofort in das soulige „Carmen“ vom 1984er „Isolation-Album“ über, in der gleich alle Qualitäten der Band manifestiert werden. Joseph Williams, der mit seinen langen Haaren mittlerweile wie ein Gründungsmitglied von LYNYRD SKYNYRD aussieht, ist absolut perfekt bei Stimme, der mehrstimmige Gesang der Band ist umwerfend und die brachiale Gitarre des Bandleaders durchbricht perfekt die harmonischen Bassläufe und die Funkklänge des Synthesizers in der Nummer. Dann folgt das erste Highlight. „Rosanna“, ein Meilenstein der Band, der einen ersten Jubelsturm im Publikum auslöst. Die markanten Bläsereinsätze, der mitreißende Schlagzeug-Groove, lange Gitarren- und Keyboard-Soli, machen den Song bis heute unsterblich, insbesondere, wenn die ganze Halle zum rhythmischen Mitklatschen des Refrains einsetzt. Ja Steve Lukather, der mit seiner weißen Mähne einem „Herr der Ringe“-Film entsprungen sein könnte, und Joseph Williams haben die Halle zu diesem Zeitpunkt fest im Griff.
Keine Atempause, es folgt „Mindfields“, der Titelsong aus dem Album von 1999. Er beginnt gemächlich und steigert sich zusehends zu einem tollen Rock-Klassiker. Joseph Williams scheint in jedem Jahr besser zu werden in seiner Gesangsleistung; wiederrum ist der Mehrstimmen-Gesang außerordentlich gut. Natürlich fehlen die großen Balladen von Toto auf keinem Konzert: Das von Steve Lukather perfekt intonierte, schwermütige „I Will Remember“, weckt Erinnerungen an die eigene Jugendzeit, „I Won`t Hold You Back“, vom Album Toto IV, ist ein Dokument der Band-Perfektion; die 86er Schmachtballade „I'll Be Over You“ ist ebenfalls ein „All Time Favourite“. Das pop-rockige und progressiv verspielte „I'll Supply The Love“, aus dem Jahr 1978, überzeugt immer. Eine lange Version von „Pamela“ zeigt einen überragenden Joseph Williams und wird garniert mit starken Keyboardeinlagen.
Es geht Schlag auf Schlag weiter mit den Welthits, unterbrochen höchstens durch die berechtigten Solo-Einlagen der Ausnahmemusiker. Gerade der junge Dennis Atlas hat sich perfekt in die Band integriert und sorgt mit seinem Rockstar-Image, seinen Keyboard-Künsten und einem Organ im hohen Kopfstimmen-Bereich, zu einer echten Bereicherung. Nach dem hammerharten Schlagzeugsolo von Shannon Forrest, würdigt der bestens aufgelegte Steve Lukather sein Idol Jeff Beck, den er als größten Gitarristen aller Zeiten erklärt, mit dem bluesigen „Don`t Chain My Heart“ und einem extravaganten Gitarrensolo. Immer wieder zeigt der Bandchef, warum auch er als einer der besten Gitarristen der Welt gilt. Sehr geil kommt auch der Rock-Klassiker „White Sister“, vom Hydra-Album aus dem Jahr 1979; schnell, hart und stimmlich perfekt gesungen. „Georgy Porgy“, das eigentümliche, auf keinem Konzert fehlende Soul- und Westcoaststück, leitet er mit den Worten ein:“ Are You Ready To Get Funky Luxemburg“?
Nach fast zwei Stunden Spielzeit könnte TOTO locker weitere zwei Stunden aus unermesslichen Song-Fundus der über 50 Jahre andauernden Bandgeschichte aufwarten. Aber so leiten sie leider in den Endspurt mit den beiden Übersongs „Hold The Line“ und „Afrika“, mit dem gefühlt nicht endenden Gesang des Publikums, animiert von einem, am heutigen Abend überragenden Joseph Williams, der permanent vom linken zum rechten Bühnenrand wandert und mit winkenden Armbewegungen die Zuschauer der letzten Reihen zum Mitmachen animiert. Man erlebt es auch selten, dass es bis zum Ende des letzten Tons keine erkennbaren Abwanderungen aus der Halle gibt.
Fazit: Ich bin in Ekstase von der Präzision und Spielfreude der Band. Hier haben wir keine abgehalfterten Rockstars erlebt, die noch mal richtig abkassieren wollen. Nein, TOTO scheint immer besser zu werden, weckt generationsübergreifend Emotionen wie kaum eine andere Band und wird hoffentlich noch sehr lange auf den Bühnen präsent sein. (Bernd Eberlein)
Setlist CHRISTOPHER CROSS:
1. All Right
2. Never Be the Same
3. I Really Don't Know Anymore
4. Dreamers
5. Sailing
6. Think of Laura
7. Arthur's Theme (Best That You Can Do)
8. The Light Is On
9. No Time for Talk
10. Ride Like the Wind
Setlist TOTO:
1. Child's Anthem
2. Carmen
3. Rosanna
4. Mindfields
5. I Will Remember
6. Pamela
7. Keyboard Solo (Greg Phillinganes)
8. I Won't Hold You Back
9. Angel Don't Cry
10. Georgy Porgy
11. Keyboard Solo (Dennis Atlas)
12. White Sister
13. I'll Be Over You
14. I'll Supply the Love
15. Drum Solo
16. Don't Chain My Heart
(Preceded by band Introduction incl. Beat It, I Keep Forgetting, The Power of Love and other)
17. Stop Loving You
18. Hold the Line
19. Africa