Powerwolf + Dragonforce + Warkings (03.12.2022, Saarbücken)

live 20221203 powerwolf 00ENDLICH ist es so weit. Lange mussten wir auf dieses Konzert warten. Ursprünglich sollte es im Sommer 2020 als Open Air stattfinden. Doch daraus wurde nichts. Es wurde auf Sommer 2021 verschoben, dann auf den Winter 2021 (wenn ich mich richtig erinnere) und letztendlich wurde es Ende 2022, bis POWERWOLF wieder in Saarbrücken spielen können. Vier lange Jahre ist es her, dass die Saarbrücker zum letzten Mal ihr Heimspiel in der Saarlandhalle feierten. Nun ist es endlich soweit. Damals sollten BEYOND THE BLACK als Vorband spielen, doch auch das hat sich geändert. Mittlerweile sind die international besetzten WARKINGS sowie die Londoner DRAGONFORCE mit von der Partie.




WARKINGS

Den Reigen eröffnen WARKINGS. Die haben ein mit viel Liebe gestaltetes Bühnenbild aufgebaut, wirken auf den unvoreingenommenen und uninformierten Betrachter jedoch erst einmal chaotisch. Das durchaus leicht seltsame Konzept der Band muss man auch erst mal kennen. Die Story ist etwas abstrus, aber das ist jetzt nicht wirklich wichtig, da hier wohl in erster Linie der Spaß im Vordergrund steht. Dazu gehört, dass man einen eigenen Ansager beschäftigt, der die Band, unterstützt von einem – wie soll man es nennen? – Ziervorschlaghammer, ankündigt bevor die als Römer, Kreuzritter und Wikinger verkleideten Mannen die Bühne stürmen. Das Publikum wird mit „Saludos Saarbrückos!“ begrüßt, bevor es mit eingängigen Mitsingsongs beschallt wird. Man spielt ein wenig mit dem Prinzip der enttäuschten Erwartungshaltung, denn hier singt der Sänger clean und die Sängerin growlt. Was ausgesprochen gut funktioniert, auch wenn es fast schon zu konstruiert wirkt. Zu „Fight“ leiert man fröhliche Mitsingspielchen an, bei denen auch wirklich jeder mitmachen soll, „even those outside in the Scheißhaus“, was das Publikum doch sehr amüsiert. Sänger Georg Neuhauser alias Tribune stellt fest: „The Scheißhaus is always an icebreaker“. Das mag stimmen, aber ich frage mich an dieser Stelle, warum der Mann am Mikro, der doch angeblich Österreicher ist, die Ansagen überhaupt auf Englisch macht. Doch da kommt auch schon wieder der Riese mit dem großen Hammer, da ist man lieber ruhig. Den Song „Sparta“ kann man wohl nur mit „This is Sparta!!!“ ansagen. Insgesamt sind WARKINGS ja ganz nett, um sie mal live zu sehen, allerdings erscheint mir die Bühnenshow fast schon etwas zu sehr von POWERWOLF inspiriert zu sein und musikalisch... kann man haben, muss man aber nicht. Live ganz unterhaltsam würde ich mir zu Hause wohl eher nichts von dieser Truppe anhören.

Setlist WARKINGS:
The Last Battle
Spartacus
Maximus
Monsters
Fight
Hephaistos
Sparta
Gladiator

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DRAGONFORCE
DRAGONFORCE. Ein bisschen habe ich Angst, bekomme ich bei den Auftritten dieser Band doch leicht mal Herzrasen. Vielleicht bin ich zu alt für den Scheiß, aber mir ist das zu hektisch. Doch zunächst erschlägt mich etwas ganz anderes: Die Bühnendeko. Zwei riesige LED-Wände stehen auf der Bühne, die als alte Fernseher aufgemacht sind, auf denen alte Videospiele laufen. Zusätzlich stehen rechts und links noch zwei Spielautomaten, auf denen ebenfalls zwei Videospiele laufen. Natürlich andere Videospiele als auf den Fernsehern. Dazu sind die Dinger begehbar und die beiden Gitarristen Hermann Li und Sam Totman klettern abwechselnd zum posen hinauf. Oder wuseln sonst irgendwo auf der Bühne herum. Das ganze Theater lenkt so sehr von der Musik ab, dass ich gar nicht dazu komme, nervös zu werden. Da können die noch so schnell auf ihren Griffbrettern rumfummeln… mein Gehirn ist mit gucken schon überfordert. Reizüberflutung galore. Davon abgesehen ist der Auftritt der Briten (die behaupten, aus Buxtehude zu stammen) eigentlich ganz unterhaltsam, zumal in meinem Hirn im Hintergrund auch permament die DRAGONFORCE-„How to write a XXX-song in 10 min“-Sessions ablaufen und ein anderer Teil meines Hirns ständig „Let’s write a song about the war, the one with guns and tanks!“ singt. Soviel zum Thema Reizüberflutung. Dazu kommt noch Herman Lis schrecklich bunte Sonnenbrille. Mein Hirn! Egal, irgendwie isses dadurch auch schon wieder recht unterhaltsam und Herzrasen bekomme ich auch keins. Sind die älter geworden und spielen langsamer? Trotzdem denke ich, dass man vielleicht nicht wirklich jede technisch mögliche Spielerei auf eine Bühne schleppen muss. Zumindest nicht gleichzeitig. Mir ist das alles einfach optisch zu viel. Man weiß ja überhaupt nicht, wo man hingucken soll. Aber eines muss man zugeben: Sympathisch ist die Truppe. Auch wenn Sänger Marc Hudson gesteht: „Mein Deutsch ist scheiße!“. Immerhin nehme ich eines mit: Ich sterbe doch nicht vom DRAGONFORCE-Ansehen. Cool.

Setlist DRAGONFORCE:
Highway To Oblivion
Three Hammers
Fury Of The Storm
The Last Dragonborn
My Heart Will Go On (Céline Dion cover)
Cry Thunder
Through The Fire And Flames

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POWERWOLF
Nun ist es endlich an der Zeit für die wichtigste Band des Abends. Versteckt hinter einem riesigen Banner wurde die Bühnendeko für die Saarbrücker aufgebaut. Der Vorhang fällt und wir blicken in das Innere einer Kirche (natürlich einer sehr wölfischen Kirche). Ein Falltor wird hochgezogen und hindurch schreiten, geleitet von fackeltragenden Mönchen, POWERWOLF auf die Bühne. Eine ziemlich coole Art, die Bühne zu betreten. Mit „Faster Than The Flame“ geht es gleich richtig zur Sache und die Zuschauer begrüßen die Band mit lauten „Powerwolf“-Sprechchören, was dazu führt, dass Sänger Attila Dorn „Pipi in den Augen“ hat. Mit Hilfe von „Incense & Iron“ wird dann die von Attila vor vier Jahren heiliggesprochene Saarlandhalle rituell von der Popmusik gereinigt. Bei Reinigungsritualen wird ja in vielen Kulturen auch Feuer verwendet und wenn man danach geht, ist die Saarlandhalle jetzt blitzeblank. POWERWOLF schießen ein unglaubliches Feuerwerk ab, und das nicht nur im übertragenden Sinne. Zu „Amen & Attack“ wird eine riesige, feuerspuckende Orgel auf die Bühne geschoben, mit deren Hilfe Falk Maria Schlegel seiner Rolle als Frontkeyboarder mehr als gerecht wird. Offensichtlich wirken so viele lange Dinger nicht nur auf die Damenwelt anziehend, denn Attila fühlt sich genötigt, mit Falk einen Walzer über die Bühne zu tanzen. Warum auch nicht? „Dancing With The Dead“ ist uns dann aber doch lieber. Die Einleitung dazu läuft etwas aus dem Ruder. Denn eigentlich möchte Attila dem Publikum das Mitsing-hohoho erst noch beibringen. Die meisten können das aber schon, und deshalb singt das Publikum einfach gleich zu Ende und ignoriert den Fronter. Auch später werden immer wieder die Gesänge zu „Dancing With The Dead“ angestimmt.

Zwischen „Armata Strigoi“ und „Beast Of Gévaudan“ wird eine alte Tradition aus den Anfangstagen von POWERWOLF wieder aufgegriffen und das Rudel auf der Bühne wird mittels gemeinsamen Heulens mit dem Publikum zu einem riesigen Rudel vereint. Damals hieß das noch „Lasst uns mit dem Wolf heulen! A-uuuuuuuu!“. Schlag auf Schlag geht es weiter mit den Hits der Band, der ein oder andere Crowdsurfer wird über uns hinweggetragen (wobei ich mich eigentlich wundere, dass es doch relativ wenige sind) und das Publikum hat richtig viel Spaß. Die Band offensichtlich auch. Bei „Where The Wild Wolves Have Gone“ wird es dann ganz romantisch, als alle auf Aufforderung von Attila hin ihre Handys auspacken und das Auditorium beleuchten. Hier und da sieht man auch noch die ganz Altmodischen mit Feuerzeug in der Hand. Und ganz am Ende fällt dann auch noch Schnee auf die erste Reihe. Angesichts der Temperaturen, die vor der Halle herrschen gar nicht so unrealistisch. Und so romantisch! Bis Attila die Romantik zerstört indem er Applaus für die persönlichen Schneeschipper der Wölfe fordert, die jetzt, unbemerkt von den meisten im Publikum, ran müssen um die romantischen Überreste zu beseitigen. Überhaupt zieht es den Sänger jetzt mehr zu profanen Gelüsten und dem saarländischen Motto „Hauptsach gudd gess!“ Vielleicht hat der gute einfach Hunger und die Wölfe müssen sich deshalb erst mal zurückziehen.

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Doch so leicht lässt das Publikum die Band nicht ziehen und verlangt vehement nach einer Zugabe. Die gibt es nach einer längeren Wartepause auch und wieder werden die Wölfe von Mönchen auf die Bühne geleitet. Das hat einfach was, finde ich. Zunächst läuft alles ganz normal ab, die Powerwolf spielen noch mehrere Zugaben, doch nach „We Drink Your Blood“ bemerkt Sänger Attila, dass irgendetwas nicht richtig ist. Im vorderen Bereich ist jemand zusammengeklappt und POWERWOLF unterbrechen die Show, damit der Bereich ausgeleuchtet und die hinzugerufenen Sanitäter in Ruhe arbeiten können. Das ist eine absolut großartige Reaktion der Band, aber gleichzeitig wirkt der Sänger von der Situation überfordert und man merkt, dass er nicht so recht weiß, was er jetzt sagen oder tun soll. Eigentlich erstaunlich, dass das das erste Mal ist, bei dem POWERWOLF in einer solchen Situation sind. Der unglückliche Vorfall (letztendlich scheint jemand einfach nur Kreislaufprobleme gehabt zu haben, was auf Konzerten ja durchaus öfter vorkommt, die Sanis gaben auch schnell Entwarnung) hat die Stimmung etwas getrübt, aber mit dem supereingängigen „Wherewolves Of Armenia“ können die Saarbrücker das Ruder schnell wieder herumreißen. „Wolves Against The World“ beendet dann den Konzertabend, der irgendwie viel zu früh zu Ende ging. Mittlerweile haben POWERWOLF ja so viele großartige Songs, dass sie die gar nicht mehr alle in ihrer Setlist unterbringen. Dennoch hätte ich mich über den ein oder anderen alten Song gefreut. Zumindest „Kiss Of The Cobra King“, das man ja sogar neu eingespielt hat, hätte man ja bringen können. Das hätte die alten Fans schon sehr gefreut. Andererseits war meine Generation wohl in der Unterzahl, wenn man sich das Publikum so angesehen hat, da waren doch sehr viele junge Gesichter. Was auch gut ist, denn Nachwuchs in der Metalszene ist immer gut. Und in einigen Fällen waren auch Eltern mit ihren Kindern (oder Kinder mit ihren Eltern?) da und das ist doch auch schön. Alles in allem war es ein gelungener Konzertabend und so schön, POWERWOLF nach Jahren der sittsamen Enthaltsamkeit endlich wieder live zu erleben. Hoffentlich dauert es bis zum nächsten Mal nicht wieder so lange. (Anne)

PS: Im Juli 2023 wird die Band wieder in Saarbrücken, dieses Mal als Open Air, auftreten.

Setlist POWERWOLF:
Faster Than The Flame
Incense & Iron
Cardinal Sin
Amen & Attack
Dancing With The Dead
Armata Strigoi
Beast Of Gévaudan
Stossgebet
Demons Are A Girl's Best Friend
Fire And Forgive
Where The Wild Wolves Have Gone
Sainted By The Storm
Army Of The Night
Blood For Blood (Faoladh)
Let There Be Night
-------------------------------------------------
Sanctified With Dynamite
We Drink Your Blood
Werewolves Of Armenia
Wolves Against The World


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Fotos: Klaus

 

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