Wie meine Redaktionskollegin Sarah-Jane in ihrem Artikel bereits angekündigt hat, haben wir vom Neckbreaker Magazin in den vergangenen Wochen eine ganze Reihe von Interviews geführt mit Vertretern der nationalen und internationalen Kulturszene - genauer gesagt mit vielen verschiedenen Veranstaltern, Bands, Künstlern und Promotern.
Wir möchten damit den Menschen, die für uns Musikliebhaber mit ihrer Kreativität und ihrem Engagement so besonders wichtig sind, eine Plattform bieten, euch und uns mitzuteilen, wie sie mit den Einschränkungen durch die "Corona-Maßnahmen" leben und umgehen.
Seit zwanzig Jahren ist der ehemalige PINK FLOYD-Coverband nun schon mit eigenem Material unterwegs, welches zum stärksten Art Rock-Output der Nation zählt. Im letzten Jahr war man mit dem neuen Album "Tales From Outer Space" und der dazugehörigen Tour inklusive DVD-Dokument sehr aktiv. Doch nicht nur als aktive Musiker haben die Bandköpfe Kalle Wallner und Yogi Lang viel zu tun, sie halten geschäftlich alle Fäden in der Hand und haben mit Gentle Art Of Music ihr eigenes Label gegründet, auf dem sie auch andere Gruppe veröffentlichen. Deswegen hat unser Redakteur Rainer, der die Formation schon mehrmals live gesehen hat, Gitarrist Wallner Mitte April angeschrieben, der sich die Zeit nahm, unsere Fragen zu beantworten.
Neckbreaker Magazin: Wie beeinflusst das Veranstaltungsverbot Eure tägliche Arbeit? Welche Auswirkungen hat das ganz konkret auf Euch?
Kalle Wallner: Es ist unterschiedlich: Für große Teile der Studioarbeit sind wir nicht betroffen, weil ja im Studio auch der Abstand voneinander eingehalten werden kann und viele Teile auch ohne den Künstler stattfinden z.B. editieren oder mischen. Bei Auftragskompositionen, etc. ist man eh fast immer allein.
Was wegfällt, sind die Gigs. Ich persönlich spiele auch sehr viel kleinere Akustik-Gigs (Jazz/Pop/etc.) und das fällt natürlich alles weg.
Ich nutze dafür die Zeit, um viel nachzuarbeiten und vorzubereiten. Wir haben ja ein eigenes Label und da konnte ich vieles erledigen und optimieren, was ich schon lange vorhatte, aber nie die Zeit dazu hatte. Außerdem können wir für kommende Releases vorarbeiten.
Ich habe auch schon einige neue Songs, vor allem für RPWL, komponiert und unsere RPWL November Tour anlässlich unseres 20jährigen Jubiläums des ersten Albums fertig gebooked. Mir ist also alles andere als langweilig.
Neckbreaker Magazin: Wie beeinflusst das Kontaktverbot Eure tägliche Arbeit? Welche Auswirkungen hat das ganz konkret auf Euch? Wie probt Ihr zum Beispiel aktuell?
Kalle Wallner: Ich versuche wie gesagt, die Zeit für Dinge zu nutzen, die oft ein wenig zu kurz kommen: üben, komponieren, etc.
Allerdings bin auch ich seit der Blind Ego Tour Anfang März, die ich gerade noch durchbringen konnte in meiner Wahlheimat in Tirol in Quarantäne. Nachdem die Grenzen zu sind, arbeite ich von dort aus in meinem Homestudio bzw. Homeoffice. Zum Glück ist das in der digital Welt einigermaßen möglich.
Ansonsten hatte ich mit unseren eigenen Bands RPWL und Blind Ego Glück, dass momentan keine eigenen großen Tourneen stattfinden, lediglich ein Festival von uns wurde verschoben - bis jetzt. Wir proben auch üblicherweise nicht wöchentlich, sondern am Block, wenn neue Gigs anstehen.
Neckbreaker Magazin: Haltet Ihr persönlich das Veranstaltungsverbot/Kontaktverbot für eher angemessen oder eher übertrieben?
Kalle Wallner: Nein. So sehr ich es auch bedauere, aber die Verbreitung des Virus zu verlangsamen ist die einzige Möglichkeit, um die Situation halbwegs zu kontrollieren. Schwierig wird es meines Erachtens, die Balance zwischen kontrollierten Anstecken und einer schlimmen zweiten Welle zu finden.
Neckbreaker Magazin:Wärt Ihr als Band ggf. bereit Veranstaltern und Clubs zu helfen, bspw. durch Verzicht auf Gage?
Kalle Wallner: Natürlich. Aber als professionelle Musiker sitzen wir mit den Veranstaltern quasi auf einer gemeinsamen Bank.
Neckbreaker Magazin:Welche Maßnahmen, ggf. auch freiwillige, werdet Ihr ergreifen, damit Besucher zukünftig sicher Eure Konzerte besuchen können? Rechnet Ihr in Zukunft mit konkreten Auflagen des Gesetzgebers bei der Durchführung von Events? Wann glaubt Ihr, geht es endlich mit Konzerten und Festivals wieder weiter?
Kalle Wallner: Schwer zu sagen. Alles hängt davon ab, ob sich jeder Einzelne bei einer kommenden Lockerung der Maßnahmen sich daran halten wird. Aber Konzerte und Veranstaltungen waren das erste, was abgesagt wurde und ich fürchte, es wird das letzte sein, was wieder stattfinden kann.
Neckbreaker Magazin: Wie steht Ihr zu dem Thema Livestreaming von Konzerten?
Kalle Wallner: Es hilft, die Situation von Musikern, Kunst und Kultur in der öffentlichen Diskussion zu halten, aber es kann natürlich kein Ersatz für ein Konzerterlebnis sein.
Neckbreaker Magazin: Habt Ihr bereits eine staatliche Unterstützung erhalten oder habt Ihr Hoffnung darauf, dass der Staat Euch unterstützt?
Kalle Wallner: Wir müssen abwarten, wie lange die Situation andauert. Aber wir haben uns natürlich schon im Detail informiert.
Neckbreaker Magazin: Was hättet Ihr als Teil der Kulturszene anders gemacht, wenn Ihr auf Entscheidungen hättet Einfluss nehmen können?
Kalle Wallner: Ich würde mich freuen, wenn in Deutschland eine gewisse Einigkeit bei den Maßnahmen und auch bei den Soforthilfen herrschen würde. Lauter unterschiedliche Regeln in den einzelnen Bundesländern und sogar Kommunen helfen da nicht sonderlich. Auch dass sich die EU unter diesen Umständen nicht als Einheit bewährt, sondern sich sehr in ihre Nationalstaaten zurückzieht, finde ich enttäuschend. Aber ich denke, die Maßnahmen waren ok. Vielleicht hätten sie sogar noch etwas früher und rigoroser beschlossen werden müssen. Aber das ist im Nachhinein leicht zu sagen.
Neckbreaker Magazin: Wie können Fans und Interessierte Euch ganz konkret unterstützen? Plant Ihr oder habt Ihr schon ein Crowdfunding?
Kalle Wallner: Nein, noch leben wir und haben zum Glück auch ein bisschen vorgesorgt für schlechte Zeiten.
Neckbreaker Magazin: Vor was habt Ihr momentan am meisten Angst?
Kalle Wallner: Dass die zweite Welle stärker und unkontrollierter wird als befürchtet und dass diese Situation insgesamt zu lange dauern wird.
Neckbreaker Magazin: Könnt Ihr der Situation eigentlich auch etwas Positives abgewinnen?
Kalle Wallner: Naja, die Umwelt, die Gesellschaft und mal selber kann mal wieder durchatmen. Es schien ja alles rings um einen und auch man selbst nur noch im Dauerstress zu befinden. Man sieht auch, wie sehr die Umweltverschmutzung selbst so kurzfristig zurückgeht. Persönlich hat man auch mal die Muse, sich selber und sein Leben zu hinterfragen oder einfach mal in Ruhe ein Buch zu lesen. Sonst werden wir ja oft selbst im Urlaub oder an freien Tagen „durch- und dauer-entertained.“
Zumindest, wenn man zu den Glücklichen gehört, die jetzt (noch) nicht ums berufliche oder finanzielle Überleben kämpfen muss.
(Bildquelle: RPWL)