thenealmorseband thesimilitudeofadreamHat man im November 2016 dieses Doppelalbum mit dem vielsagenden Titel „The Similitude Of A Dream“ in der Hand, dann kann man rückblickend sagen, dass Anfang 2015 „The Grand Experiment“ mit seinen fünf Songs und seinen 52 Minuten Spielzeit lediglich so eine Art „Hors d’ouvre“ für dieses Mammutwerk gewesen ist, das Mike Portnoy im Vorfeld indirekt auf eine Stufe mit „The Whirlwind“ (TRANSATLANTIC) und „Scenes From A Memory“ (DREAM THEATER), eines von drei Alben, die mich persönlich mit am meisten geprägt haben, gestellt hat. „The Similitude Of A Dream“ sei neben den beiden anderen genannten Alben das dritte abendfüllende Epos seiner Karriere und ist zudem das achtzehnte Album, bei dem Neal Morse und Mike Portnoy zusammenarbeiten, für diese Zahl möchte ich allerdings nicht die Hand ins Feuer legen, denn auch als langjähriger Fan von Morse und Konsorten verliert man so allmählich den Überblick.

Das alles ist dann letztendlich und vorab zusammengefasst Fluch und Segen zugleich für „The Similitude Of A Dream“, das für sich genommen tatsächlich eine Menge Aufmerksamkeit verdient und wer Neal Morse bis dato noch nicht kennen sollte und das hier nun hört, wird vermutlich zu Recht total aus dem Häuschen sein. Wer allerdings den Werdegang von Neal Morse seit, sagen wir, Ende der Neunziger Jahre verfolgt, der wird sich etwas schwerer tun mit diesem Konzeptalbum, das eine von Religion inspirierte Geschichte erzählt, mit Religion und Glauben sonst aber recht wenig zu tun hat. Den Vorwurf des Predigens muss sich Neal Morse leider allzu häufig anhören, wenngleich dieser eher an den Haaren herbeigezogen ist.

Musikalisch eingeordnet ist „The Similitude Of A Dream“ typischer Morse „Wohlfühlprog“, der einen gewissen Anspruch besitzt, der sich handwerklich auf hohem Niveau abspielt, der den Hörer aber nicht mehr so bewegen und mitnehmen kann, wie das in der Vergangenheit der Fall war. Neal Morse hat, was Emotionalität angeht, das Maximale bereits erreicht, bei seiner Solokarriere mit dem sehr persönlichen „Testimony“ Doppelalbum (2003), das dazugehörige Konzert werde ich nie mehr vergessen und mit SPOCK’S BEARD ein Jahr vorher mit der fiktiven Geschichte „Snow“. Mehr geht nicht mehr und was den musikalischen Part angeht, werden Morse und Portnoy gemeinsam nie wieder das Niveau der ersten beiden TRANSATLANTIC Alben erreichen, bei denen nahezu alles stimmte.

Das alles hat mit „The Similitude Of A Deam“ direkt erst einmal nicht allzu viel zu tun, man kann es als Fan und auch im Rahmen der journalistischen Pflicht zur objektiven Wahrheit aber nicht komplett ausklammern, umgekehrt gilt natürlich dann auch erfreulicherweise, dass man einfach den Hut davor ziehen muss, dass jemand, der geschätzt bereits dreißig oder vierzig Alben in ganz verschiedenen Konstellationen veröffentlicht hat, es immer noch schafft ein in sich geschlossenes Werk wie dieses hier abzuliefern, das eindeutig die eigene Handschrift trägt, bei dem man aber ganz deutlich die Einflüsse der anderen beteiligten Musiker Bill Hubauer, Eric Gilette und Randy George heraushören kann, bei THE NEAL MORSE BAND handelt es sich wirklich um eine inzwischen auch eingespielte Band, bei der jeder Musiker seine eigene Aufgabe besitzt und seine eigenen Ideen einbringen darf.

Vielleicht klingt „The Similitude Of A Dream“ auch deshalb nicht ganz perfekt, was ich insbesondere an den verteilten Rollen am Gesang festmachen möchte, nicht jedes Bandmitglied ist ein guter Sänger, muss oder darf aber trotzdem mitmachen und nicht jeder der insgesamt 23 Parts wirkt bis ins kleinste Detail ausgearbeitet, aber wenigstens klingen die beiden Seiten des Albums spontan und nach einer Band, die gemeinsam im Studio war und nicht nach einer Band, die sich Dateien quer um die Welt geschickt hat, aus denen dann ein Album gebastelt wurde.
Da es sich vorliegend um ein Konzeptalbum handelt, das nicht nur textlich eine Geschichte erzählt, sondern auch musikalisch immer wieder Querverweise und Wiederholungen von Themen bietet, möchte ich eigentlich nur ungerne einzelne Parts namentlich hervorheben. Ich tue es trotzdem, weil es gewisse Leitmotive gibt, die eine zentrale Bedeutung haben, auf der ersten Seite sind dies „City Of Destruction“ sowie „So Far Gone“, auf der zweiten Seite „Shortcut To Salvation“ sowie „Broken Sky“. In meinen Augen sind die genannten Songs auch dann tatsächlich mit die besten des Doppelalbums, wobei das Wort Song schon wieder in die falsche Richtung lenkt, „The Similitude Of A Dream“ ist eine lange Geschichte, die von Anfang bis Ende zusammengehört und wenn es etwas gibt, das man hier nun wirklich noch löblich sagen muss, dann sind es die Übergänge der einzelnen Fragmente. Diese sind so flüssig und natürlich gestaltet, dass man das Doppelalbum wirklich an einem Stück hören kann, dumm dass man zwischendurch die CD tauschen muss.

Je mehr ich nun darüber nachdenke, desto mehr könnte ich noch über „The Similitude Of A Dream“ äußern und es einordnen, das auf den ersten Blick den Eindruck eines typisches Neal Morse Soloalbums weckt, bei genauerem Hinsehen dann aber doch enorm viel an Abwechslung bietet, ich kann mich zum Beispiel nicht daran erinnern, dass Neal Morse in der Vergangenheit so sehr nach LED ZEPPELIN geklungen hat wie in „The Man In The Iron Cage“. Am Ende sind es tatsächlich diese Kleinigkeiten, die im guten wie im schlechten den Unterschied machen, auch wegen der beiden „neuen“ Musiker klingt die Neal Morse Band hier so frei, frisch und ungezwungen wie schon lange nicht mehr, zu diesen Kleinigkeiten gehört auch, dass 90 Minuten auch gereicht hätten, dann hätte man vermutlich nicht ganz so häufig das Gefühl, dass Neal Morse auf seinem x-ten Solowerk alten Wein in neuen Schläuchen kredenzt.

Natürlich würde ich nun gerne 9 oder 9,5 Punkte vergeben für ein Doppelalbum, das mich auch in den nächsten Monaten noch regelmäßig begleiten wird, da bin ich felsenfest von überzeugt, aber es wäre nicht ehrlich, weil „The Similitude Of A Dream“ eben nur zu 85% überzeugt. Auf der anderen Seite merke ich, je mehr ich mich mit diesen knapp zwei Stunden beschäftige, umso mehr gefällt mir „The Similitude Of A Dream“. Und viel mehr als das war bei klarem Verstand auch nicht zu erwarten, da darf Mike Portnoy gerne noch so euphorisch die Werbetrommel rühren. (Maik)


Bewertung: 

Maik 20168,5 8,5 / 10

Anzahl der Songs: 23
Spielzeit: 106:45 min
Label: Radiant Records
Veröffentlichungstermin: 11.11.2016

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