Heavenly - Carpe Diem

heavenly_-_carpe_diem_artwork.jpgIn unserem östlichen Nachbarland ist die Metalszene bei Weitem nicht so gut entwickelt wie hierzulande. So gehören die melodischen Powermetaler von HEAVENLY noch zu den renommiertesten Acts. Bisher hat die seit 1994 bestehende Formation fünf Studioalben auf den Markt geworfen, begleitet wurden diese Releases auch immer von Plagiatsvorwürfen. Ebenfalls Erwähnung fanden sie als ihr Gitarrist Frédéric Leclerq zu DRAGONFORCE an die vier Saiten wechselte. Nun steht mit „Carpe Diem“ der nächste Streich in den Läden, mal sehen ob sich an den man daran oder an der stilistischen Ausrichtung generell was ändern konnte.

Um es vorweg zu nehmen, das Thema Eigenständigkeit bleibt bei den Franzosen weiterhin ein heißes Eisen. Und das obwohl sie stilistisch ein paar neue Ufer antesten, wo sie aber ebenfalls zu sehr an den Vorbildern orientiert sind. Das muss ja nicht zwangsweise schlecht sein, besser gut kopiert als keine guten neuen Ideen.

Das fängt schon mit dem titelgebenden Opener an, der zwar von heftigen Staccatos und Soli eingeleitet wird, sich aber im Refrain den genretypischen Melodien nicht entziehen kann. Da werden sofort Erinnerungen an HELLOWEEN und vor allem STRATOVARIUS wach. Das folgende „Lost In Your Eyes“ zielt noch mehr in Richtung Suomi, der hohe Melodiegehalt, die Harmonien, alles nach dem klassischen Schema, bei „Full Moon“ gibt es noch eine ruhige Strophe und rockige Bridge dazu.
Richtig nach vorne gehen HEAVENLY dann erst mit „Ashen Paradise“, dessen hohes Tempo aber immer wieder von ruhigen Passagen gestoppt wird. Hier ballert die DoubleBass richtig nach vorne ebenso wie im Up-Temporausschmeißer „Save Our Souls“.

Bei „Farewell“ kommen die klassischen Nuancen dann stärker zum Vorschein, was sich bombastischen Chören nach balladeskem Beginn und Anleihen von QUEEN zeigt. Gerade der Verweis zu den Briten fällt direkt auf, derselbe Schmiss in den Songs, die Arrangements, die sehr ähnliche Melodieführung. Noch deutlicher wird das beim epischen „A Better Me“, welches noch mit einem fast originalen Solo aufwartet, selbst der Gitarrensound ist verblüffend ähnlich. Auch wenn es ziemlich dreist abgekupfert klingt, irgendwie kommt das richtig gut.
Ähnlich klassisch geht es bei „Ode To Joy“ zu, das wiederum basiert auf der„Freude Schöner Götterfunke“-Fanfare. Überflüssig zu erwähnen, dass es hier klanglich noch wuchtiger zugeht wie auf dem Rest des Albums, macht aber auch Spaß.

Und das ist die Krux an dem Album, denn eigentlich gibt es da wenig zu bemängeln, das Teil ist gut produziert und Frontmann Ben Sotto verfügt über ein gutes, auch in Höhen kraftvolles Organ. Die beiden Sechssaiter Olivier Lapauze und Charley Corbiaux brauchen ihre Künste an auch nicht zu verstecken, vor allem in der „Ode An Die Freude“ glänzt man mit einem MALMSTEEN-Gedenk-Speed-Solo. Und die Songs zünden, sind routiniert in Szene gesetzt, dennoch strahlen sie eine Frische aus, die dem arg weidwundenen finnischen Flagschiff auch stehen würde.
Da ist aber halt wie oben beschrieben noch die Kehrseite der Medaille, denn das Unwort „Plagiat“ hängt immer noch wie ein Damoklesschwert über HEAVENLY. Wer von dem Stoff nicht genug bekommen kann, der darf hier ruhig zugreifen, denn „Carpe Diem“ macht durchaus Spaß. Wer auf Abwechslung schwört, sollte es bei den Originalen im Schrank belassen und hier einen Bogen drum machen. (Pfälzer)

Bewertung: 6,5 / 10

Anzahl der Songs: 9
Spielzeit: 45:32 min
Label: AFM Records
Veröffentlichungstermin: 19.12.2009