Entwine - Painstained

entwine_painstained.jpgDie Ausnahme von der Regel ist zurück mit einem neuen Album. Die Rede ist von ENTWINE, eine von wenigen finnischen Gothicbands, denen ein größerer Durchbruch bislang sowohl in der Heimat (trotz einiger Chartnotierungen, aber das ist dort ja keine Besonderheit mehr) als auch auf dem zentraleuropäischen Kontinent verwehrt blieb. Warum das bis jetzt so war, kann ich ehrlich gesagt aus zwei Gründen nicht nachvollziehen. Erstens sind die Finnen eine der Bands, die bislang immer an mir vorbeigegangen sind, warum auch immer. Das heißt, "Painstained" ist für mich der erste Kontakt mit ENTWINE, und so ist mir weder ein Vergleich mit den bisherigen 5 Releases (eine beachtliche Anzahl für einen Zeitraum von 8 Jahren) möglich, noch kann ich was dazu sagen, ob die bisherigen Alben einfach zu schlecht waren für mehr. Und zweitens muss ich gestehen, dass "Painstained" eine der besten Veröffentlichungen des Gothicgenres ist, die mir in den letzten 2 Jahren so untergekommen ist; und das waren nicht wenige!

Vielleicht hat man einfach seinen Sound zu oft einer Kurskorrektur unterzogen, schließlich waren ENTWINE ursprünglich eine reine Death Metal Band, bevor man dann recht flott zum Gothic Metal umschwenkte. Auf dem 2004er Album "DiEversity" überraschte (oder schockte?) man die Fans dann mit Anleihen aus der elektronischen Musik, das dürfte nicht jeden begeistert haben. Und auch wenn ich mit dem Material der Band nicht vertraut bin, würde ich behaupten, dass sich ENTWINE auch auf Album Nummer 6 einen Schritt weiter bewegen, nämlich vom Gothic Rock/Metal weg, hin in Richtung Alternative; und damit jetzt ohne Umwege zum bärenstarken neuen Album.

Eröffnet wird "Painstained" vom Paradeopener "Soul Sacrifice" der ohne Vorgeplänkel direkt in die Vollen haut, einen solch wahrhaft heftigen Beginn hätte ich den Finnen gar nicht zugetraut. Herzstück von "Soul Sacrifice" ist der großartige Refrain, den auch PEARL JAM nicht besser hinbekommen hätten. Ja ihr lest richtig, der Vergleich mit der Grungelegende PEARL JAM ist kein Zufall, denn die stimmlichen Ähnlichkeiten zwischen ENTWINE Fronter Mika Tauriainen und Eddie Vedder sind frappierend. Die erste Single "Strife" hingegen klingt deutlich entspannter, wie ein typischer massenkompatibler Gothic-Rocker im Stile von THE RASMUS; nur ein gutes Stückchen besser. Mit so einem Song müssen ENTWINE die finnischen Top 10 unsicher machen.

Auch die nächsten beiden melancholischen Songs "Dying Moon" und "Beautifully Confined" halten das eingeschlagene Niveau, für solche Hooklines würden andere Bands töten. "Lost In My Denial" kommt etwas balladesker daher, wohingegen "Greed Of Mankind" fast eine reinrassige Alternativenummer geworden ist. Steht den Finnen aber ebenfalls bestens zu Gesicht, meiner Meinung nach das Highlight von "Painstained". "Dead By Silence" rockt anschließend ziemlich modern durch die finnischen Wälder. Die Nummer fällt zwar im Vergleich zum restlichen Material etwas ab, live dürfte aber gerade dieser knackige Song am Besten abgehen. Der vielseitigste Song des Albums folgt auf dem Fuße und ist mit Sicherheit "Hollow", da ist von Progressive bis hin zu New Metal alles dabei, aber das Wichtigste ist, auch diese Nummer lässt einen nicht mehr los, wenn man sie zwei drei Mal gehört hat. Mit dem THE RASMUS artigen "Caught By Desire" geht’s rockig weiter, bevor "Say Goodbye" nach knapp 40 Minuten bereits den Schlusspunkt setzt. Traurige, schwerfällige Pianoklänge leiten die Schlussnummer ein, dann setzen ganz langsam das Schlagzeug und der Gesang von Mika Tauriainen ein, bevor es zum Pre-Chorus hin zur ersten Explosion kommt; die zweite folgt mit dem eigentlichen Refrain. Und bei der Abschlussnummer ziehen ENTWINE nochmals alle Register ihrer Musikkunst, ganz großes Kino für die Ohren; lediglich das ganz abrupte Ende ist etwas unglücklich, reißt es einen doch mit einem Schlag nach 43 Minuten und 35 Sekunden aus seinen schönen Träumen.

ENTWINE haben sich für "Painstained" über drei Jahre Zeit gelassen, so viel wie für kein anderes Album vorher, und das hat sich definitiv gelohnt. Alle 10 Kompositionen wirken sehr ausgereift, und schaffen es, so viele Emotionen zu verbreiten, dass einem nichts anderes übrig bleibt, als sich fallen zu lassen und in die Songs einzutauchen. Gleichzeitig ist "Painstained" eine sehr kurzweilige Angelegenheit geworden, und man entdeckt sich immer wieder dabei, wie man noch mal und noch mal die Repeattaste drückt. Dieses Album macht süchtig und ist für mich die positivste Überraschung des ersten Quartals.
Der eingangs angesprochene Durchbruch müsste mit diesem grandiosen Album endlich Realität werden; wollen wir hoffen, dass die Zukunft für ENTWINE nicht verflucht ist, wie in "Say Goodbye" prophezeit wird! (Maik)


Bewertung: 9 / 10

Anzahl der Songs: 10
Spielzeit: 43:35 min
Label: Spinefarm Records/Soulfood
Veröffentlichungstermin: 27.02.09