Die düstere Seite des progressiven Metal scheint zur Zeit Hochkonjunktur zu haben, denn viele Bands Strömen aus den unterschiedlichsten Richtungen in diese Ecke. In Deutschland machen sich DARK SUNS auf diesen Weg, den sie jetzt schon mit ihrem dritten Album „Grave Human Genuine“ befolgen. Und im Gegensatz zu den beiden Vorgängern lösen sie sich von den Vorbildern um etwas neues zu erschaffen. So erwartet einem eine spannende Mixtur der verschiedensten Einflüsse, die schon vom Namen her viel erwarten lässt. Übersetzt heißt das Album soviel wie düstere, menschliche Wirklichkeit, also tauchen wir ein in diese Welt. Klar ist beim eröffnenden Intro „Stampede", das sich bedrohlich steigert, der Einfluss von OPETH oder auch PORCUPINE TREE zu erkennen. Doch DARK SUNS fügen dem ganzen ihre eigene Note hinzu. Eine Vielzahl unterschiedlicher Soundschichten will durchgearbeitet werden, um die düstere Schönheit zu erkennen.
So finden sich tribal-mässige Grooves, die wie beim psychedelischen „Flies in Amber" hypnotisieren genauso wieder wie ungewöhnliche Bassläufe. Hierfür ist Kristoffer Gildenlöw zuständig, der lange für die Schweden von PAIN OF SALVATION die dicken Saiten bedient hat. Er half der Band im Studio aus und konnte den Kompositionen seinen persönlichen Stempel aufdrücken.
Düstere Grooves beherrschen den nächsten Song „Thornchild", der ruhig beginnt, sich dann zu einem düsteren, bedrohlichen Etwas entwickelt, bevor er sich im Refrain in fast süßlichen Atmosphären auf löst.
Gerade diese Stimmungswechsel machen den Reiz von „Grave Human Genuine" aus. Immer wieder erfährt die Musik eine Steigerung der Intensität, die dann auch just zusammenbrechen kann. Die Stilelemente bleiben die ganze Zeit ungewöhnlich, bei „Amphibian Halo" schrecken sie auch vor massiven Einsatz von Elektronik nicht zurück. Heraus kommt ein fast am Trip Hop orientierter Song, der mit Vocoder-Sounds eine weitere Facette einbringt.
Die Dynamik schwankt von bedrohlich-aufbegehrend bis zum verletzlichen, fragilen Ende. Dazwischen liegen noch viele Feinheiten, die entdeckt werden müssen, das schöne Zusammenspiel im akustischen Bereich, wenn es fast jazzig vom Piano unterstützt wird. Schöne, klassische Soli, verhallter Frauengesang, Streicher, alles da.
Und auch die härteren Wurzeln der Truppe sind zu hören, wenn es sich in bester Post-Core-Manier quälend nach vorne schleppt. Oder wenn Black-Metal-Gesirre wie aus dem nichts eine schöne Harmonie unterbricht.
DARK SUNS gelingt es diese ganzen Versatzstücke zu einem einzigen Ganzen zusammen zu fügen, ohne dass es sich zusammengestückelt anhört. Das ist die große Kunst der progressiven Musik und die Deutschen haben sie verstanden. Auffällig ist vor allem die unprätentiöse Herangehensweise, der Sound wirkt nie überladen, aber stets intensiv. Im Gegenteil, er wirkt eher minimalistisch, die Arrangements sind in den Hintergrund gedrückt und die Musiker erlauben den Songs nur, was sie wirklich brauchen. Dadurch entsteht eine völlig eigenständige Version der bekannten Vorgaben, die aber auch einige Gewöhnungszeit erfordert.
Interessanterweise fiel die Wahl des Sängers auf Schlagwerker Nico Knappe, der diese Aufgabe hervorragend meistert. Und das obwohl er sich als Taktgeber normal nur schwer auf die melancholischen Melodien konzentrieren kann. Doch der Spagat gelingt genauso wie der zwischen den ruhigen, fast gehauchten Vocals und ein paar aufkommenden Growls. Hier ist jemand am Werk, dem es gelingt seine Emotionen gekonnt auszudrücken.
Auch die Stimmfärbung klingt sehr ungewöhnlich für eine Band, die mal im harten Sektor beheimatet war. In den klaren Momenten erinnert sein Timbre stark an das von Steve Hogarth der Neo-Prog-Legende MARILLION. Ich weiß nicht ob es nur an der Ähnlichkeit der beiden Frontmänner liegt, oder sind tatsächlich Einflüsse aus der Spätphase der Briten auszumachen, gerade in den akustischen Passagen.
Das soll die Leistung nicht schmälern, denn DARK SUNS bringen auf „Grave Human Genuine" alles mit, was ein Prog-Act braucht. An der Eigenständigkeit muss wie gesagt noch gearbeitet werden, aber die Fortschritte sind deutlich zu erkennen. Ob aber alle Fans mit dieser Entwicklung mithalten können, muss jeder für sich entscheiden. Anhänger dieser Richtung machen hier aber nichts falsch, den es offenbart sich einem eine ebenso düstere wie schöne Welt. (MetalPfälzer)
Bewertung: 7,5 / 10
Anzahl der Songs: 8
Spielzeit: 58:09 min
Label: Prophecy
Veröffentlichungstermin: 22.02.2008
