Blackfoot - Southern Native

blackfoot southernnativeAuf kaum ein anders Album habe ich länger gewartet, nicht nur weil es die Musiker vor zehn Jahren bei ihren großartigen Reunionshows ankündigten. Das letzte Werk der Southernrocker hatte 2005 auch schon zehn Jahre auf dem Buckel. Dabei war die Truppe das heißeste Eisen aus Jacksonsville, schlug Ende der Siebziger wie eine Bombe in die Szene ein. Doch wechselndes Personal und die Abkehr von den musikalischen Wurzeln ließen den Stern in den Achtzigern sinken. Chefindianer Rick Medlocke war bei der Wiedervereinigung nicht mehr an Bord, weil er zwischenzeitlich beim Branchenprimus LYNYRD SKYNYRD angeheuert hat. Ein wenig hatte ich die Band aus den Augen verloren, ich registrierte nur weitere Abgänge der Originalbesetzung, von welcher Jackson Spires nicht mehr unter uns weilt. Nun erscheint wie aus dem Nichts, ohne Vorankündigung, „Southern Native“, und irgendwie weiß ich nicht, was ich davon halten soll. Von den Namen, die da auf der Homepage zu lesen sind, sagt mir kein einziger etwas.

Worüber KISS schon länger fabulieren, nämlich eine alte Band mit komplett runderneuertem Line-Up weiter zu führen, BLACKFOOT haben es nun getan. Rick Medlocke fungiert seltsamerweise als Produzent und Mentor im Hintergrund, war er doch bei den Konzerten in den letzten Jahren nie mit von der Partie. Da muss man sich zuerst einmal fragen, ob die neuen Leute überhaupt einen Background bei den Schwarzfußindianern haben, wie es früher ja Usus war. Frontmann Tim Rossi könnte mit seinem Iro eher in einem anderen Stamm seine Wurzeln haben.

So offensiv wie er äußerlich rüber kommt, so bellt er auch direkt beim Eröffnungstrack ins Mikrofon. In „Need My Ride“ rockt und raucht es nach aller Regel der Kunst, wunderbar rau, aber nie zu überdreht, sondern immer geerdet. Damit beweisen die Vier schon mal, dass sie die Disziplin Weckruf in bester „Good Morning“-Marnier beherrschen. Wie auf dem Klassiker „Marauder“ so folgt auch hier mit dem Titelsong eine etwas souligere Nummer.
Und hier stößt die rohe, kantige, am Livesound orientierte Produktion an ihre Grenzen, denn für diese Komposition fällt sie einfach zu deftig aus, hier wird zu hardrocklastig agiert, was man schon dem letzten LYNYRD SKYNYRD-Longplayer vorwerfen konnte. Die weiblichen Backgroundchöre gehen im harschen Grundcharakter unter, das nötige Feeling wissen BLACKFOOT hier nicht zu transportieren. Ein wenig siegt auch das jugendliche Ungestüm gegen die gesetzte Geschmackssicherheit.

Weiter geht es in der Analogie ihres 81er Meisterwerks mit einer balladesken Nummer, wobei es ihnen hier gelingt das erforderliche Gefühl hinein zu bringen. Die bluesigen Licks überzeugen, während vieles fast Singer/Songwriter-Attitüde versprüht. Doch gerade durch dieses weit zurück genommene kommen die Jungs auf den Punkt, „Everyman“ glänzt in einer spröden Schönheit. Ähnlich ruhig biegt noch “Take Me Home“ um die Ecke, welches auch ein bisschen versucht die alten Zeiten zu zitieren. Die vielen Solopassagen am Ende haben einen Hauch von „Highway Song“, auch wenn man an dessen Qualität nie heran kommen kann. Mit den wuchtigeren Arrangements im Chorus klingt das Lied ein wenig nach einer neueren Powerballade von Medlockes derzeitigem Arbeitgeber.

Richtig auf die zwölf wie zum Auftakt bekommt man es nur noch von „Love This Town“ zu, ansonsten herrscht eher der Groove vor. Mal schwerer ausfallend wie in „Call Of A Hero“, dann wieder dezent angefunkt wie bei „Satisfied Man“. Dabei scheinen immer wieder kurz die Einflüsse der früheren Arbeit der Formation durch, wobei „Whiskey Train“ noch am deutlichsten in Richtung Klassiker wie „Dry County“ oder „Queenie (Every Man Should Know“ schielt. Richtig interessant ist noch die lyrisch leicht abgewandelte Version von NEIL YOUNGs „Ohio“, mit welcher die alte Fehde zwischen dem Kanadier und dem Mann des Südens wieder angestachelt wird.

Was mir auf „Southern Native“ fehlt sind die typischen rockfremden Zutaten des Südstaatensounds wie Country, Blues oder Folk. Hier wird zu sehr, wenn auch gekonnt, auf knackige Riffs und dampfende Soli gesetzt, anstatt auf Feeling. Einzig der instrumentale Schlussakkord „Diablo Loves Guitar“ wartet mit Anflügen davon auf, dazu weiß dieser auch in den Klangbild zu bestehen. Da einige ruhige Momente von der druckvollen Produktion zerlegt werden, wirkt es an den Stellen inhomogen. So bleibt unterm Strich eine gute und lebendige Hardrockscheibe, die eigentlich unter einem andern Banner veröffentlicht werden müsste. (Pfälzer)


Bewertung:

Pfaelzer7,0 7 / 10


Anzahl der Songs: 10
Spielzeit: 41:08 min
Label: Loud & Proud Records
Veröffentlichungstermin: 05.08.2016

 

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