Pirate´s Bride - Eine Metaloper nach Tortuga (14.04.2019, Nonnweiler)

piratesbride logoEs war wieder Metalopernzeit im Nordsaarland. Das hört sich erst Mal schon abenteuerlich an, doch mittlerweile hat sich das THEATER DER HÄRTEREN KLANGART seinen festen Platz in der Metalszene des kleinsten Bundeslandes erspielt. Die Mischung aus Musikern und Laienschauspielern findet immer enger zusammen und stellt jedes Mal tolle Produktionen auf die Bühne. Zum zehnjährigen Jubiläum war es wieder soweit, nachdem die Fans drei Jahre auf die nächste Aufführung warten mussten. Nachdem man sich zuletzt zwei Adaptionen von Konzeptalben aus der Feder von AYREON gewidmet hat, war es nun an der Zeit wieder etwas Eigenes auf die Beine zu stellen, wobei die Musik von der saarländischen Metalformation TORTUGA stammte. Und da wurde es schon wieder abenteuerlich, denn das Stück entführte am 13. und 14. April die Zuschauer in der Nonnweiler Kurhalle in die Karibik zur Zeit der Piraterie. Mit diesem im Metal nicht gänzlich fremden Thema konnte das Ensemble gar keinen Schiffbruch erleiden, NECKBREAKER hisste am zweiten Auftrittstag die Totenkopffahne.

Bei so einem Haufen mit mehr als dreißig Akteuren sind natürlich immer viele Ideen unterwegs in welche Richtung man jetzt segeln möchte. Unter all den Möglichkeiten kam man auf Gernot Gebhard zurück, der ja schon bei „01011001“ in die Saiten gegriffen hat. Er hat mit seiner eigenen Band das titelgebende Album „Pirate´s Bride“ und „When The Shit Hits The Fan“ veröffentlicht, auf denen die Lieder eher lose aneinander gereiht sind. So war es einmal mehr an dem Regisseur und passionierten Theatermann Yannik Trampert diese mit einem Skript zu einer schlüssigen Geschichte zusammen zu fügen. So mischten sich zum Teil textlich abgewandelte Songs mit erklärenden Spielszenen ab, die weitaus fröhlicher erzählten als die bedeutungsschwangeren Aufführungen zuletzt.

Alles was eine Piratenstory so braucht gab es da zu sehen, Action, Kämpfe, Spannung, ein paar geschickte Finten und Wendungen in der Handlung. Dadurch war das Stück auch für die jüngeren Zuschauer geeignet, die Lacher kamen nicht zu kurz. Gespielt wurde nicht nur auf der Bühne, Verfolgungsjagden durch das Publikum standen ebenso auf dem Plan. Wie es sich gehört fand der Auftakt in einer Hafenkneipe in dem einst berüchtigtsten Piratennest statt, wo eine dezimierte Crew neue Mitstreiter rekrutieren wollte. Doch stattdessen bekamen sie eine Schatzkarte und einen blinden Passagier, was eine Verkettung der Ereignisse zur Folge hatte. Einen Schwenk zur Spielfilmreihe mit Johnny Depp kann man sich heutzutage ebenfalls nicht verkneifen, wenn dieses Thema angeschnitten wird, so segelte man in "Pirate´s Bride“ mit Geisterpiraten um die Wette.

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Wie alle Akteure die humorige Seite neben den witzigen Dialogen mit allerlei Details liebevoll ausschmückten war schon bemerkenswert. Alleine das Minenspiel von David Schöneberger als „Woodleg Willy“ und Johannes Adams alias „Jack The Knife“, ist immer wieder köstlich. Auch die Charaktere waren sehr fein heraus gearbeitet, wie etwa „Valery Barnet“, die Tochter aus gutem Hause, die der höfischen Etikette Lebewohl sagt, um sich der Piratencrew anzuschließen. Svenja Trampert brachte diese Rolle der liebenswert naiven „Lady In Nöten“, welche der Mannschaft neuen Mut einhaucht herrlich erfrischend rüber.
Dann natürlich auch die Hauptrolle „Captain Mary Read“, mit der doch ein paar aktuelle tiefgehende Themen nicht ganz außer Acht gelassen wurden. Wo es Frauen heute in Führungspositionen immer noch schwer haben, kann man sich ausdenken wie es wohl einem weiblichen Piratenkapitän ergangen wäre. All die Widerstände und Zweifel ließ Wiebke Neu die Zuschauer in ihrer grandiosen Darbietung des getragenen „Silence Before The Storm“ spüren. Und die latent eingewobene Lovestory erwies sich als cooler und wichtiger Kunstgriff, gegen den der Tabubruch in „Brokeback Mountain“ wie ein CSU-Parteitag anmutet.

Moderne Seeräuber hören natürlich auch zeitgemäße Musik, der Einfluss von RUNNING WILD war bei der Riffarbeit nicht zu überhören. Doch hier wurden die Stücke mit Akkordeon und Violine umarrangiert, so dass der stimmungsvolle Charakter mehr im Fokus stand. Den Schauspielern war der Spaß anzusehen, wenn sie die Krüge schwenkend in die „Hey Hey“-Chöre einstimmten. Neben Gebhard waren mit Dennis Roloff und Sebastian Clasen zwei weitere Gitarristen am Start, welche sich die Soli teilten und rocken durften, sofern es der Platz zuließ. Der musikalische Leiter Andreas Meyer spielte das Schlagzeug und Julia Neumann lieh ihre Streichkünste dem THEATER DER HÄRTEREN KLANGART schon öfter. Bei der Abmischung hätte man sich vielleicht ein wenig mehr Volumen auf den Instrumenten gewünscht, doch das wäre womöglich zu Lasten der Stimmen passiert.

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Gesanglich muss man lobenswert erwähnen wie sicher die Truppe agierte, obwohl einige bühnenerfahrene Sänger wie Martin Klein nicht an Bord waren. Er war wie auch Rubina Kapahnke als Vocal Coach im Hintergrund aktiv, doch auf der Bühne mussten es die Jungs und Mädels alleine richten. Das tat nicht nur die erwähnte Wiebke Neu mit Bravour, auch bei den anderen Freibeutern saß der Gesang sehr gut. Klar war eine Ilka Simon mit ihrer opernartigen Version der britischen Nationalhymne eine Klasse für sich. Doch was dieses Ensemble beim abschließenden Stelldichein im „Tortuga Inn“ beim gleichnamigen Song an Satzgesängen lieferte, war unglaublich. Wie sicher die Akteure in ihrer Darbietung waren zeigte die Kampfszene am Ende, bei welcher selbst das härteste Duell keinen Einsatz verpassen ließ.

Damit nicht genug der Mühen, welche dieser einzigartige Verein nicht gescheut hat. So leistete sich die Technik fast keinen Aussetzer und das Bühnenbild wurde mit wenigen Mitteln schnell in ein neues Szenario verwandelt. Der jeweilige Schiffbug der „Revenge“ und „Damnation“ konnte an den Seiten der Bühne im Handumdrehen in einer abgedunkelten Phase ausgeklappt werden und schon befand sich der ganze Saal auf hoher See. Zahlreiche Kostüme wurden zum Teil aus dem einen oder anderen Fundus zusammen getragen oder stilecht selbst geschneidert, Yannik Trampert trug als „Commodore Nathaniel Barnet“ gleich noch die Puderperücke auf.
So war der Applaus nach jeder musikalischen Nummer verdient, ebenso die stehenden Ovationen am Ende. Der Regisseur musste ein paar Mal ansetzen, bis ihn sein Publikum zu Wort kommen ließ. Nach den Dankeshymnen gab es mit „10 Little Pirates“ noch eine umjubelte Zugabe. Das THEATER DER HÄRTEEN KLANGART hat sich mit „Pirate´s Bride“ zum Jubiläum selbst das schönste Geschenk gemacht und zweimal eine volle Kurhalle begeistert. Vor dem Werk kann man nur den Hut ziehen und gespannt sein, was als Nächstes kommt. Die Ideen versiegen jedenfalls nicht, wie der Insider weiß, NECKBREAKER bleibt dran. (Pfälzer)

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