Da ja nun die Welt nicht untergegangen ist, kann sich Jaz Coleman nun wieder anderen Projekten widmen. Eines davon ist die neugewonnene Stärke seiner wichtigsten Formation KILLING JOKE weiter auszubauen. Die ist seit ein paar Jahren wieder im Original-Line-Up zusammen und feiert in diesem Jahr ihr 35-jähriges Bestehen. Nachdem man im letzten Jahr mit "MMXII" noch einen neuen Studiolongplayer veröffentlicht hat, begehen die Post-Punk-Pioniere ihr Jubiläum mit einer Sammlung ihrer Hits. Dabei konzentriert man sich ausschließlich auf die Singles, die unter dem Titel "The Singles Collection 1979-2012" erschienen sind.

Und das sind nicht wenige, auch wenn diese in letzter Zeit zunehmend als Downloadsingles veröffentlicht wurden. Es reicht dennoch, um zwei Silberlinge rappelvoll zu bekommen, die Werkschau fällt also beachtlich aus. Nebenbei gibt es noch eine 3-CD-Box, mit einer Bonusdisc auf der man diverse Raritäten entdecken kann. Da sämtliche Tracks chronologisch geordnet sind, kann man die Entwicklung der Band gut nachvollziehen. Hier macht diese Vorgehensweise durchaus Sinn, denn im Verlauf ihrer Karriere durchliefen KILLING JOKE mehrere Metamorphosen.

Mit Nummern wie "Wardance" oder "Nervous System" vom Debüt "The Unperverted Pantomime" besann man sich auf die Punk-Wurzeln, machte aber auch schon ihre Vorliebe für Bands wie THE CLASH oder JOY DIVISION keinen Hehl. Von letzteren ließ man sich vor allem bei den dominanten Basslinien inspirieren. Auch Songs wie "Empire Song" oder "Lets All Go" von den Folgealben wie "Revelations" oder "Fire Dances" gingen in eine ähnliche Richtung.
Den Schwenk zum New Wave vollzog man mit dem Hitalbum "Night Time", hier vertreten mit drei Stücken, welches zum ersten Mal den immensen Einfluss der Truppe deutlich machte. Nicht umsonst übernahmen NIRVANA in "Come As You Are" das Hauptriff von "Eighties" eins zu eins, wenn auch ein wenig langsamer. "Love Like Blood" avancierte dagegen zum großen Clubhit in den Achtzigern und prägte auch die Dark Wave-Szene. Mit "Brighter Than A Thousand Suns" wurde die Musik des Quartetts dann ein wenig gradliniger, wie etwa "Sanity" belegt".

Es folgten ein paar Jahre der Richtungslosigkeit und internen Unruhen, in der Alben wie "Outside The Gate" Songs wie "America" enthielten. 1994 gelang KILLING JOKE dann mit "Pandemonium der große Wurf, als sie mit ihrer Industrial-Anbiederung "Pandemonium" die Kritiker überzeugen konnte. Zwar war die intensive, mit harten Beats durchsetzte Lärmorgie "Exorcism" stark an MINISTRY geschult, dennoch war die Band in der Lage auch in dem Genre Akzente zu setzen. Der stampfende Marschschritt vom "Millenium" nimmt RAMMSTEIN vorweg, so ein packender Refrain glückte den Deutschen nur selten. Das folgende "Democrazy" schlug in eine ähnliche Kerbe und konnte vor allem mit dem Titeltrack überzeugen.

Anschließend gab es eine weitere längere Pause, die von "Killing Joke 2" mit "Lose Cannon" und Seeing Red beendet wurde. In den Jahren darauf wurde neues Material nicht mehr in so hoher Schlagzahl veröffentlicht, vom eher atmosphärischen "Absolute Dissent" sind hier allerdings vier Lieder vertreten. Auch die erste Single vom aktuellen Dreher, "In Cythera" kommt ruhiger daher, doch mit dem ruppigen "Corporate Elect" beweist Jaz Coleman, dass er von Altersmilde noch weit entfernt ist.
Er ist auch die einzige Konstante in all den Jahren, der die Fäden in der Hand behält, egal in welche Richtung das Pendel ausschlug. Sein Verdienst ist es auch, dass seine Formation zu jeder Zeit ihre Identität wahren konnte, sein morbid-schauriges, bellendes Organ hält die Songs zusammen und ist ihr Markenzeichen. Wer sich für deren Werk interessiert, der findet mit der starken "The Singles Collection 1979-2012" den idealen Einstieg, weil diese alle Facetten von KILLING JOKE aufzeigt. (Pfälzer)

Bewertung: - / -

Anzahl der Songs: 33
Spielzeit: 134:20 min
Label: Spinefarm Records
Veröffentlichungstermin: 26.04.2013