UFO - The Visitor

Mehrfach-Wertung der Redaktionufo_visitor.jpgHeutzutage haben es die alten Rockdinosaurier leider schwer, sinkende Absätze, Trendreiterei und mangelndes musikalisches Geschichtsbewusstsein lassen ihre Art so langsam aussterben. Zum Glück gibt es noch Labels wie SPV, welche die regelmäßige Qualität von SAXON, MOTÖRHEAD oder MOLLY HATCHET zu schätzen wissen und damit ein Pool für all diese Legenden geworden sind. Auch die britischen Hardrockmitbegründer von UFO stehen seit Jahren bei den Deutschen unter Vertrag.
Ihre besten Zeiten hatten sie Mitte bis Ende der Siebziger, als sie mit dem deutschen Gitarrengenie Michael Schenker fünf prägende Alben und ein superbes Live-Dokument veröffentlichten. Die Reunion in den Neunzigern ließ sich zwar gut an, doch auch da war nach drei Scheiben wieder die Luft heraus. Seit 2003 bedient der US-Amerikaner Vinnie Moore, der sich seine Meriten bei VICIOUS RUMORS und als Solokünstler verdiente die sechs Saiten. Nun steht ein Jubiläum ins Haus, denn „The Visitor“ markiert das zwanzigste Studio-Output.
Nicht mit dabei allerdings ist Bassist Pete Way, der aus gesundheitlichen Gründen für die Aufnahmen nicht zur Verfügung stand. Auch die kommenden Dates werden UFO ohne ihn bestreiten müssen, bis er seine Lebererkrankung auskuriert hat, was mich aber bei seinem Lebenswandel nicht wundert. Manchmal fordert der Rock´n´Roll seinen Tribut, erstmal gute Besserung und ach ja, wie ist die Scheibe denn nun?

Die ist ein wenig anders als gewohnt, aber keine Angst auf Experimente haben UFO heutzutage sicherlich keine Lust mehr. „The Visitor“ tönt sogar noch ein Stück weit mehr retro als man es von solch einer erfahrenen Formation erwarten könnte, der Blues hat sehr stark Einzug gehalten. Nun war ja Blues seit jeher ein Bestandteil im Klangkosmos des Flugobjektes, man höre nur Scheiben wie „No Heavy Petting“, doch war er nie so präsent wie beim aktuellen Album.

Doch diese Entwicklung war abzusehen, denn schon seit ein paar Jahren tauchen immer mehr Blues – und Southernelemente auf ihren Scheiben auf. Und das liegt auch nicht an der Verpflichtung von Vinnie Moore, seines Zeichens auch eher Guitar Hero, denn schon auf „Sharks“ dem letzten Output mit Schenker zeichnete sich der Kurs ab.
Schon damals mischte man den kraftvollen Hardrock mit dem man populär geworden ist mit dem urwüchsigen Sound. Nun sind die Power-Riffs und die knalligen Arrangements im Stile von "Too Hot To Handle“ oder „Venus“ fast völlig verdrängt worden, UFO musizieren anno 2009 wesentlich gediegener, abgehangener. Die Stimmung auf dem Album ist mehr laid back, hat fast ein Louisiana-Feeling.

Vor allem „Living Proof“ steckt knietief in der Cajun-Hölle, während das riff-rockige „Hell Driver“ die Hardrockerseele bedient. Eröffnet wird er Reigen vom mit akustischen Gitarren eingeleiteten treibenden Bluesrocker „Saving Me“, der von seinem Aufbau an „Borderline“ vom „High Stakes And Dangerous Men“-Langeisen erinnert.
Am typischsten für UFO gestaltet sich der eingängige Kracher „Stop Breaking Down“, während Moore bei „Rock Ready“ ordentlich die Slide-Guitar auspackt. Dem gegenüber stehen entspanntere Nummern wie das Westcoast-ähnliche „Forsaken“.

Die Befürchtung, dass die Briten jetzt seicht geworden sind ist allerdings unbegründet, denn es gibt einen Unterschied zwischen ruhiger und soft. Vielmehr tönen sie heuer einfach rauer und ursprünglicher. Auch eventuell verwässernde Keyboards sind nicht auszumachen, Paul Raymond hat meist die Rhythmusklampfe umhängen. Wenn er doch mal in die Tasten haut, dann um bei ein paar Liedern, etwa dem erdigen „Villains & Thieves“ schwere Hammondtupfer beizusteuern.
Andy Parker ist ja auch noch an Bord, sein kraftvolles Schlagzeugspiel war ja seit jeher prägend für den Bandsound. Auch wenn Pete Way vermisst wird, der klassische UFO-Groove ist immer noch da und zusammen mit Phil Mogg´s Stimme klingt man immer noch unverwechselbar.

Eigentlich hat die konsequentere Umsetzung der Blues-Geschichte sogar positive Auswirkungen auf „The Visitor“. Klangen die Vorgänger etwas unausgewogen zwischen zwei Stilen, so wirken das Songwriting und die Arrangements nun schlüssiger. Das ganze Album erscheint dadurch runder und wärmer, auch wenn die Produktion passender weise trocken ausgefallen ist.
Hier wird ohne viel Schnörkel drauf losgerockt, die Titel kommen schnell auf den Punkt. Da merkt man den Muckern einfach ihre Erfahrung an, das Zusammenspiel erfolgt fast blind. Und ein Händchen für gute Songs und Melodien hatten die Herren ja schon immer, geschmackvoll in Szene gesetzt ist hier der gängige Terminus.
Auch wenn so mancher Metaller hier sich die Zähne ausbeißen wird, die immer noch vorhandene Qualität lässt sich nicht leugnen. Und was Classic-Rock-Fans hier falsch machen könnten weiß ich beim besten Willen nicht. (Pfälzer)

 

Bewertung: 8 / 10

Anzahl der Songs: 10
Spielzeit: 42:27 min
Label: SPV
Veröffentlichungstermin: 29.05.2009

Wertung der Redaktion
Brix Mika Holger Seb Reini Bernie Maik
7 7 7 7,5 8,5 7 8
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