Der Altmeister schlechthin hatte in der Vergangenheit immer seine Phasen in denen er sehr produktiv war, dann aber auch gerne mal eine Pause einlegte. Seit der Veröffentlichung von "Paranormal" vor vier Jahren war er pausenlos unterwegs. Zwischen all den Touren kam die Idee auf seinen Wurzeln in der Motor City Detroit zu huldigen, immerhin hat ALICE COOPER ja auf dem letzten Album wieder mit den Mitgliedern seiner Originalband zusammen gespielt. Auf der "Breadcrumps"-EP ging er noch einen Schritt weiter und coverte frühe Helden wie BOB SEGER und MC5, wobei von letzteren Wayne Kramer mit von der Partie war. Nun wird die Idee noch weiter gesponnen und auf Albumlänge gestreckt. Was können uns die "Detroit Stories" erzählen?
Das der letzte Longplayer auch musikalisch zu den Wurzeln ging ist nichts Neues, die EP führte den Weg nur konsequent weiter. Und da knüpft man auch nun an, wobei es einige Songs vom Kurzformat rüber auf die Langrille geschafft haben. Doch nicht nur Liedgut, sondern auch einiges an Personal wurde beibehalten, so sind Johnny "Bee" Badanjek am Schlagzeug, sowie GRAND FUNK RAILROAD-Gitarrist Mark Farner und eben Kramer erneut am Start. Dabei wurden alle Titel aber neu eingespielt, hier verpasste ihnen Produzentenlegende Bon Ezrin einen tieferen, erdigen Sound, was den Nummern gut zu Gesicht steht, wie dem zum dritten Mal eingezockten, flirrenden "Detroit City", welches schon auf "The Eyes Of Alice Cooper" zu hören war.
Die schweren Riffs zieren bereits "Rock & Roll", das LOU REED schon in den Sechzigern verfasste, wo sie sich mit der Orgel duellieren, während immer wieder der Bass dazwischen tänzelt. Ein fast gospelähnlicher Chorus setzt der Nummer die Krone auf, der auch den Weg für das Bluessolo ebnet. Das übernimmt in dem Opener niemand Geringeres als JOE BONAMASSA, einer der vielen Gäste der Scheibe. Ihm zur Seite steht mit Steve Hunter noch ein weitere alter Weggefährte von Cooper und auch Tommy Denander greift bei ein paar Songs in die Saiten und bringt sich ins Songwriting ein.
Richtig bluesig geht es bei dem Werk vor allem in "$ 1000 High Heel Shoes" und "Drunk And In Love" zu, wobei Bonamassa auch zum zweitgenannten etwas beiträgt. Bei dem herrlich schleppenden Titel beweist sich dann der Meister selbst an der Mundharmonika. Das andere Stück kommt viel lässiger um die Ecke, das E-Piano gibt den Ton vor, Bläser sorgen für Akzente und die Gesangsarrangements erinnern fast an Doo-Wops.
Nun darf man nicht annehmen, dass "Detroit Stories" stilistisch ausufert wie vor zehn Jahren das großartige Alterswerk "Welcome 2 My Nightmare", dazu hält das Klangbild alles mehr zusammen, wenn natürlich wieder einiges an Eklektizismus an den Tag gelegt wird. Es sind die schweren Nummern, die das Bild bestimmen wie etwa der bereits bekannte Rausschmeißer "East Side Story", der sich auf Orgelschwingen hymnisch ausbreitet. Auch wenn seine alten Mitstreiter Michael Bruce, Dennis Dunaway und Neal Smith bei "Social Debris" ran dürfen, herrscht der schwere Groove, dem sie Leadfills entgegen stellen. Mehr an die früheren gemeinsamen Tage erinnert das witzige "I Hate You" mit seiner Glamschlagseite.
Eher punkig schießt "Go Man Go" daher, hätte sicher auf dem bereits angesprochene 2003er Release Platz gefunden, die Gangshouts belegen die Spielfreude des vielköpfigen Ensembles. In die Richtung tendiert auch "Sister Anne", wenngleich mit mehr Melodie und ursprünglicher Rock´n´Roll-Attitüde. Als Gegenstück hat ALICE COOPER dann Nummern wie das schwermütige, fast wavige "Wonderful World" platziert, in dem man beinahe glaubt, Glenn Danzig singen zu hören. Auch die Anti-Suizid-Anklage hat derlei Stimmungen, von Synthesizer-Flächen getragen, gibt sich aber doch hoffnungsvoller im starken Refrain, der einen Kontrast zu den gesprochenen Strophen bietet.
Die größte Überraschung liefert allerdings "Our Love Will Change The World" ab, wobei man solche psychedelischen Ausflüge von den ganz frühen Gehversuchen kennt. Hier haben sich die Protagonisten umgehört, was heute die Musiker in Detroit bringen und blieb bei den Psychedelic-Popper OUTRAGEOUS CHERRY hängen. Der swingende Titel entführt tief in die Sechziger, das Piano klimpert über Indie-Riffs, während der Gesang Hippie-Feeling herauf beschwört. Insgesamt geht kreativ sicher anders, aber "Detroit Stories" ist sehr gepflegt eingezimmert worden und wer will es "The Coop" verdenken, wenn er sich mal eine Spaß-Projekt widmet. Der scheint hier auch aus allen Poren, die musikalische Spurensuche sei ihm gegönnt. (Pfälzer)
Anzahl der Songs: 15
Spielzeit: 50:18 min
Label: earMUSIC/Edel
Veröffentlichungstermin: 26.02.2021
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