Das letzte Jahr war für OZZY OSBOURNE eines der schwierigsten seiner Karriere. Liest man aktuelle Interviews mit dem Madman, ist es fast schon ein kleines Wunder, dass mit “Ordinary Man” ein neues Album erscheint.
Ob er es wirklich schaffen wird, dieses auch auf der mehrfach verschobenen Europa-Tournee dieses Jahr live zu präsentieren ist noch nicht ganz sicher, doch der “Prince Of Darkness” macht nach eigenen Aussagen alles um es zu ermöglichen. Neben der Parkinsonerkrankung kämpft der Brite noch immer mit seinem Nackenbruch, der ihm noch immer schwer zu schaffen macht. Entgegen der Erwartung oder Hoffnung vieler langjähriger Fans ist auf dem Album nicht Zakk Wylde an der Gitarre zu hören, und Ozzy hat sich auch nicht im Studio mit dem Gitarrero zusammengefunden, um die Tracks einzuspielen. Stattdessen stammen die Gitarrenspuren vom Produzenten der Platte, Andrew Watt. Dieser ist vielen eher durch POST MALONE bekannt, doch Andrew Watt verlieh den kurzweiligen CALIFORNIA BREED rund um Glenn Hughes (DEEP PURPLE) einen verdammt coolen Vibe.
Auch wenn ich selbst großer Anhänger von Mr. Wylde bin, ist es für “Ordinary Man” möglicherweise das Beste gewesen, was Ozzy passieren konnte, dass er eben nicht mit den alten Bekannten zusammenkommt. Das mag nun etwas merkwürdig klingen, denn eigentlich ging ein großes Raunen durch die Menge, als klar wurde, dass Zakk bei der nächsten Tour dabei sei. Eigentlich habe ich, und viele andere auch, fest damit gerechnet, dass Zakk auf dem nächsten Album spielt, doch es kam eben anders als erwartet. Was nicht ist, kann ja noch werden, und vielleicht ist der Gute dann auf der nächsten Platte des Madman zu hören, sofern es eine geben wird. Soviel zum ersten großen Kritikpunkt, den viele an diesem Album sehen werden. Fakt ist jedoch, dass bereits der Anfang der Platte mit “Straight To Hell” , “All My Life” und “Goodbye” Zweifler besänftigen sollten. Ein starkes Opener-Triple, das auch an der Gitarrenfront punkten kann. Zumindest ich vermisse hier nichts und bin überrascht darüber, wie frisch die Songs und auch Ozzy klingen. Dabei erinnert die Textstelle in “Straight to Hell” - “I'll Make You Scream, I'll Make You Defecate” ein klein wenig an Lemmys Worte in “Rock Out” - “Rock Out, With Your Cock Out”. Kleine Gags, die nur der aufmerksame Zuhörer bemerken, doch Ozzy stellt mit dieser Wortwahl selbst Lemmy in den Schatten.
Für das Titelstück holt sich Ozzy einen ganz besonderen Gast ins Studio, zusammen mit Sir ELTON JOHN singt Ozzy die eingängige und durchaus gelungene Nummer, die aber auch in ihren stärksten Momenten nicht an “Changes” (BLACK SABBATH) heranreicht. Doch dieser Vergleich ist auch wirklich übel. ELTON JOHN ist nicht der einzige prominente Musiker auf dem Album. Der Bass wird von Duff Mc Kagan (GUNS N ROSES) bedient. An den Drums nahm RED HOT CHILI PEPPERs Schlagzeuger Chad Smith Platz. Das vorab veröffentlichte “Under The Graveyard” weist eine starke Hookline auf und geht dadurch sofort ins Langzeitgedächtnis über, ein richtiger Ohrwurm mit coolem Riffing und sehr viel Dynamik. Solo spielt hier niemand anderes als Duffs Kollege SLASH. Ob Ozzy selbst bei “Eat Me” die Mundharmonika beim Intro bedient bezweifle ich, mit einem coolen Bass-Einsatz startet kurz darauf die düstere Groove-Nummer der Platte. Ozzy bietet sich selbst als Speise an, laut eigener Aussage inspiriert vom Kannibalen von Rothenburg, bzw. dessen Opfer.
“Today Is The End” geht im Gesamtkontext ein wenig unter, aber eigentlich völlig zu unrecht. Die abwechslungsreiche Nummer weist neben einem interessanten Gitarrensolo auch eine großartige Gesangsleistung von Ozzy auf, erinnert mich ein wenig an “Life Won’t Wait” von “Scream”. Ich würde zu gerne wissen, wen Ozzy bei “Scary Little Green Men” besingt, eine leicht poppige Nummer, die einen interessanten Refrain aufweist, aber nicht so richtig “Klick” macht. “Holy For Tonight” lässt weiterhin verschnaufen und ist die klassische Ballade des Albums.
Was nun folgt, verlangt jedem Musikliebhaber starke Nerven ab. “It’s A Raid” ist noch in Ordnung, aber eine ganz extreme Hau-Drauf Orgie, die sicherlich nicht jedem gefallen wird, aber durchaus noch gut geht. POST MALONE hätte ich bei dem Stück dennoch nicht gebraucht. Mit “Take What You Want” sind die Nerven dann aber endgültig überstrapaziert und selbst mir wird der Song zu viel. Zusammen mit POST MALONE hat Ozzy hier eine richtige R’n’B-Nummer auf dem Album stehen. Kein wirklich glücklicher Abschluss eines sonst sehr gelungenen Albums.
“Ordinary Man” ist ein interessantes Spätwerk in der Karriere des Madman und wird sicher für viel Diskussion sorgen. Gerade die letzten beiden Stücke stehen im sehr starken Kontrast zum starken Anfang der Platte, in der zweiten Hälfte lässt sie dann gefühlt ein wenig nach. Doch das kann auch daran liegen, dass der Anfang so gelungen ist. Dennoch habe ich das Gefühl, dass “Ordinary” etwas über “Scream” oder auch “Black Rain” steht. Zumindest denke ich durchaus, dass ich in den nächsten Jahren öfters Songs dieser Platte als von den eben erwähnten hören werden.
OZZY OSBOURNE gelingt mit “Ordinary Man” ein interessantes Album mit zum Teil sehr unerwarteten Songs. Die Gästeliste kann sich sehen lassen, und es bleibt zu hoffen, dass es der Madman Ende des Jahres tatsächlich noch einmal nach Europa schaffen wird. Denn die US-Tournee musste er kurz vor Erscheinen seines Albums erneut verschieben. “Ordinary Man” ist sicherlich schon jetzt ein Album, an dem sich die Geister spalten werden. (Pascal)
Anzahl der Songs: 11
Spielzeit: 49:21 min
Label: Sony
Veröffentlichungstermin: 21.02.2020
Bewertung: