Suzi Quatro - A's, B's And Rarities

SUZI QUATRO ist wohl neben Janis Joplin die essenzielle Vorreiterin aller weiblichen Rockstars in einem klar männlich-dominierten Musikbusiness, als sie 1973 mit „Can The Can“ die Charts stürmte. Zu dieser Zeit war es doch sehr ungewöhnlich, dass eine Frau als „Frontmann“ derart selbstbewusst mit ihrer leidenschaftlichen, unkonventionellen Bühnenpräsenz, im engen schwarzen Leder-Outfit als Elvis-Hommage, harten elementaren Rock'n'Roll spielte. SUZI QUATRO selbst brachte es in einem Interview auf den Punkt: “Ich habe den Frauen eine laute Stimme gegeben“. Sie ebnete nachfolgenden Rockstars wie z.B. Debbie Harry, Joan Jett und künftigen Generationen den Weg zur Anerkennung.

Nun erscheint im November eine sehr interessante Kompilation von Susan Kay Quatro, wie sie mit bürgerlichem Namen heißt, unter dem Titel "A’s, B’s & Rarities" auf rotem Glitzer-Vinyl oder CD. Hervorragend remastert liegt der Fokus der Scheibe auf den A-Singles und B-Seiten der frühen Siebzigerjahre. Dementsprechend werden ihre meistverkauften späteren Pop-Megahits wie „If You Can`t Give Me Love“, She`s In Love With You“ oder „Stumblin In“ nicht berücksichtigt.

Der Sampler ist eine klare Fan-Hommage; ansonsten greift man besser zu einer Best-Of der großen kleinen Frau aus Detroit, die im Laufe ihrer langen Karriere mehr als 55 Millionen Platten verkauft hat. Auf der Scheibe befinden sich zunächst einmal die relevanten A-Singles und Chart-Stürmer „Can The Can“, „48 Crash“, "Daytona Demon“, „Devil Gate Drive“ oder „The Wild One“, also diejenigen Songs, die man unmittelbar mit Suzi Quatro in Verbindung bringt. Rhythmisch akzentuierter harter Rock mit Glam-Attitüde aus der Hochzeit von Bands wie THE SWEET, T. REX oder SLADE. Das Ganze getragen von exaltierter Bühnenpräsenz der jungen Suzi, unter der Ägide des erfolgreichsten Songwriter- und Produzentenduo der Siebzigerjahre, Nicky Chinn und Michael Chapman. Alles in allem Songs, die so manchem Teenager damals feuchte Träume bescherten.

Für Fans interessant sind aber insbesondere die weniger bekannten, vergessenen Songs, oder Eigenkompositionen, meist auf B-Seiten der erfolgreichen Singles zu finden. Hier kann man die Genre-übergreifende musikalische Vielfalt der Sängerin und Bassistin erfahren. Auftakt macht ihre erste Single „Rolling Stone“ aus dem Jahr 1972, noch sehr gediegen, ohne den typischen späteren Rocksound. Die Single floppte in Großbritannien und bis heute weiß eigentlich niemand, warum sie gerade in Portugal Platz 1 der Charts belegte. „Brain Confusion (For All The Lonely People)“, vor dem großen Durchbruch, zeigt die starke stimmliche Präsenz der jungen Suzi in einem schleppenden Blues aus dem Jahr 1972. Das Clarence Henry Cover „Ain`t Got No Home“, ursprünglich aus dem Jahr 1956, ist ein flotter, immer noch untypischer Rock'n'Roller im Elvis-Stil, der von Suzi`s klagender und kratziger Stimme lebt und zierte die B-Seite ihres riesigen Erfolges „Can The Can“. Das von ihr selbst komponierte „Ain't Ya Somethin' Honey“ präsentiert sich als schöne im Blues verankerte Rock'n'Roll-Nummer; ein Indiz, dass sich Suzi Quatro stilistisch nicht stoisch festlegen wollte. Die B-Seite von „48-Crash“ ist dann wiederum im typischen Rock-Stil gehalten. Das von Suzi Quatro und Len Tuckey komponierte „Little Bitch Blue“ rockt durch hervorragende Gitarren-Leads.

Auf der Scheibe befinden sich ihre Ausflüge in den souligen Funk mit „Your Mamma Won`t Like Me“ oder „Peter Peter“, die höchstens bei den eingefleischten Fans punkten. Viel Bläser im Hintergrund zeigen ihre Affinität zur Motown-Musik und die FUNK BROTHERS. Die Blues-Nummern „Too Big“ mit coolen Piano-Klängen und der dazu passenden sehr rauchigen Stimme, oder „I Wanna Be Free“ mit dominanten Gitarren-Leads sind hervorragend, nur verbindet man mit Suzi Quatro nun mal rudimentären und eingängigen Rock. Mit den Ausflügen in den Country und einer im Song „Shake My Sugar“ jodelnden Suzi kann ich persönlich weniger anfangen.

Da ist „Tear Me Apart“ schon ein ganz anderes Kaliber, Boogie-Woogie mit hämmernden Honky Tonk Klavier und schnellen Gitarrenriffs, die klar an STATUS QUO erinnern; sehr stark. Ebenso klasse ist „Kids Of Tragedy“, eine verdammt coole Siebziger-Ballade, trotz der ABBA-Reminiszenz beim Chorgesang. Der Schlusstrack ist wohl das ungewöhnlichste Musikstück; aufgenommen 1974, erst 2004 veröffentlicht; ein anspruchsvolles, knapp 11 Minuten langes, orchestrales Epos mit progressivem Charakter und ständigen Rhythmus-Wechseln. Streicher, Klavier, Flöten und eine elegisch verbreitete Stimmung erinnern an JEFFERSON AIRPLANE oder die MOODY BLUES. Völlig anders, als alles, was Suzi Quatro herausgebracht hat, aber äußerst interessant.

Fazit: Sehr interessante Kompilation für echte Suzi Quatro Fans, welche die musikalische Vielseitigkeit der berühmten Rockerin im schwarzen Lederdress zeigt, wenn ich auch die rockende Suzi bevorzuge. Sehr positiv gestaltet sich auch die deutlich verbesserte Klangqualität. (Bernd Eberlein)

Bewertung:

8,5 7,5 / 10

Anzahl der Songs: 20
Spielzeit: keine Angabe
Label: Chrysalis Records
Veröffentlichungstermin: 07.11.2025

 

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