Orphan Hate - Blinded By Illusions

orphanhate_blindedbyillusions.jpgInzwischen auch schon seit 12 Jahren treibt die in Berlin ansässige Band ORPHAN HATE ihr (Un)wesen in der Szene und nach einigen Demos hat es jetzt endlich zum ersten Plattenvertrag bei Plainsong Records gereicht. Glückwunsch an dieser Stelle sowohl an die Band als auch an das Label, denn erstens haben ORPHAN HATE aufgrund ihres Einsatzes über Jahre diesen redlich verdient (so hat die Band bspw. bereits mehrere erfolgreiche Tourneen durch Russland bestritten. Respekt!) und zweitens könnten ORPHAN HATE bei entsprechender Promotion schon bald zu einem Siegeszug quer durch das Land aufbrechen.
Die stilistische Einordnung von ORPHAN HATE fällt außerordentlich schwer. Ursprünglich als reine Death/Thrash Metal Kapelle gestartet, hat man in der Zwischenzeit auch Elemente anderer Stilarten in den Gesamtsound adaptiert. So findet man neben dem Hauptbestandteil Thrash (insb. Riffs) auch Einsprengsel aus Hard-/Metalcore (der eine oder andere Moshpart und die gesanglichen Wutausbrüche), Nu Metal, Progressive (insb. die Soli und das abwechslungsreiche Songwriting) oder auch Emo (die Melancholie). So verwundert es nicht, dass die Band selbst ihren Stil gerne als "Metalfusion" bezeicnet.
Versucht Euch einfach eine Mischung aus IN FLAMES, SLAYER, FEAR FACTORY, MERCENARY, DEFTONES und STONE SOUR vorzustellen und ihr wisst in etwa wie ORPHAN HATE klingen.


Doch von all den bislang genannten Bands unterscheiden sich ORPHAN HATE dadurch, dass sie mit der 22-Jährigen Sina Niklas eine Leadsängerin in ihren Reihen haben, die es voll drauf hat. Bei den heftigen Passagen kann sie locker mit der Konkurrenz mithalten (die derben Growls und vocalen Wutausbrüche, die sie immer wieder einstreut, sind wirklich beeindruckend), in den klaren Passagen erinnert sie etwas an Sandra Nasic (ehemals GUANO APES). Doch nicht nur der Gesang hebt das Album von der Masse ab, auch das Spiel der Instrumentalfraktion sucht seinesgleichen. Besonders die beiden Gitarristen stechen immer wieder positiv hervor.

Als Blaupause für das gesamte Album steht sehr gut das eröffnende Trio aus "Walk Straight", "24/7 Liar" (Highlight!) und "Circus". In "Walk Straight" trifft ein flotter Groove zu Beginn auf einen langsameren instrumentalen Zwischenpart mit mitreißenden Soli. "24/7 Liar" baut auf einem faszinierenden Rhythmus auf, den man in dieser Form nur selten bereits gehört hat, wohingegen das eingestreute instrumentale Intermezzo an DREAM THEATER erinnert. Die erste Single "Circus" hingegen beginnt deutlich düsterer und offener, das Feeling gerade zu Beginn und im Refrain erinnert etwas an LACUNA COIL.
Und Refrain ist ein gutes Stichwort, denn bei aller Härte konzentrieren sich ORPHAN HATE immer wieder darauf, grandiose und mitreißende Melodien mit Langzeitwirkung in die einzelnen Songs einzubauen (z.B. in "24/7 Liar", "King’s Misery", "Evil A", "Homeless", "This Child", "Passion", "Fragrance").

Ein weiterer Pluspunkt von "Blinded By Illusions"liegt darin, dass ORPHAN HATE das Gaspedal nicht durchgehend durchtreten: Mit "Étude N°" gibt’s zum Durchatmen ein recht kurzes ruhig-düsteres Instrumental, und der Albumabschluss "Fragrance" stellt eine reinrassige hochemotionale Halbballade dar. 

Zwar haben sich auf "Blinded By Illusions" auch 2 Songs eingeschlichen, die man sich erst einmal schön hören muss ("The Spine", "Nothing’s What It Seems"), einen richtigen Ausfall findet man aber trotz Lupe keinen.

Und so muss ich abschließend konstatieren, dass es ORPHAN HATE mit "Blinded By Illusions" schaffen, den Zeitgeist in Sachen Heavy Metal zu treffen, ohne sich bewusst auf diesen ausgerichtet zu haben. Für eine Band, die gerade mal das Labeldebüt veröffentlicht ist eine solche Eigenständigkeit ungewöhnlich und bemerkenswert. 
Metalheads, die nicht nur eine Schublade ihr Eigen nennen, sollten sich auf jeden Fall einmal mit "Blinded By Illusions" beschäftigen. (Maik)


Bewertung: 8,5 / 10

Anzahl der Songs: 14
Spielzeit: 55:15 min
Label: Plainsong Records
Veröffentlichungstermin: 09.05.2008