Mehr als 35 Jahre ist es her, dass die Veröffentlichung ihrer zweiten LP „Metal Queen“ der heute fast 60-jährigen Karen Lynn Greening, besser bekannt als Lee Aaron, den Stempel aufdrückte, der ihr bis heute noch anhaftet. Aber die Powerfrau aus Kanada lässt sich heute nicht mehr durch das Management sexualisieren.
Optisch zwar immer noch äußerst attraktiv, hat Lee Aaron längst alle Fesseln der Fremdbestimmung, die sie allerdings zum Kultstatus in den achtziger Jahren führte, abgelegt und ist mit ihrer großartigen Stimme musikalisch gereift. Seit geraumer Zeit verbindet sie Rock- Jazz- und Blueseinflüsse und widmet sich völlig unterschiedlichen Projekten.
Sie arbeitete an experimenteller Musik mit kanadischen Musikern, produzierte 2000 ein Jazz-Album mit den „SWINGIN`BARFLIES“ und kehrte 2016 mit dem Album „Fire and Gasoline“ wieder zum Hardrock zurück. Daneben veröffentlichte sie 2018 noch ein Bluesrock-Album mit dem Titel „Diamond Baby Blues“. 2021 brachte sie das erstklassige Rockalbum „Radio On“ heraus.
Bereits 2020 setzte sie angesichts der Corona-Pandemie und der damit verbundenen eingeschränkten Auftrittsmöglichkeiten ihren Wunsch eines Weihnachtsalbums um. „Almost Christmas“ wurde ausschließlich über Lee Aaron`s Webside vertrieben. Nun steht die besinnliche Jahreszeit wieder bevor, die Tage werden kürzer, viele Menschen kehren zu einer melancholischen Stimmung zurück und selbst gestandene Metal-Fans sind geneigt, auch mal eine (rockende) Weihnachtsplatte aufzulegen. Dass dies nicht immer unbedingt TWISTED SISTER oder TSO sein muss, beweist das als Re-Release nun über das Label Metalville neu aufgelegte Album „Almost Christmas“, dem zwei neue Bonustracks gegenüber der 2020er Scheibe hinzugefügt wurden.
Das Album selbst experimentiert mit verschiedenen Stilrichtungen, überwiegend im radiotauglichen, melodiösen Rock-Genre und enthält sehr gut interpretierte Neuveröffentlichungen aber auch standardisierte Coverversionen wie das hundertfach eingespielte, traditionelle „Run Rudolph Run“, in einer flotten Rock`N Roll Version, die einfach Spaß macht oder „Baby Please Come Home“, mit starker E-Gitarren-Untermalung.
Auf der Scheibe befinden sich sehr interessante Stücke, die Lee Aaron mit ihrer dominanten Stimme, die keinerlei Alterserscheinungen aufweist und ihrer souverän rockenden Band raus haut. Dazu zählen beispielsweise „Zat You Santa Claus“, im Original von Louis Armstrong als schleppender, cooler Bluessong, das mitreißende „Merry Christmas Everybody“ von SLADE oder „It Doesn`t Often Snow At Christmas, eine klasse Pop-Rocknummer, die sehr emotional dargeboten wird und im Original von den PET SHOP BOYS stammt.
Der neue Song „More Fun On The Naughty List" (inklusive "Jingle-Bells"-Part) ist ein rockiger Weihnachts-Party-Hit, der gleich im Ohr bleibt. Auch die Singleauskoppelung „Everything's Gonna Be Cool This Christmas“ ist ein AOR-Song vom Feinsten; ein verdammt cooler Rocksong „for the Road“. Nachdenklich kommt die Coverversion ihrer berühmten Landsfrau Joni Mitchell, „The Fiddle And The Drum“ aus dem Jahr 1969 daher. Eigentlich kein Weihnachtslied, wirkt der Song als A Capella- Nummer im Album integriert etwas spröde und langweilig.
Die Band um Lee Aaron setzt sich übrigens aus den überzeugenden Instrumentalisten Sean Kelly (Guitar), Dave Reimer (Bass) und John Cody an den Drums zusammen.
Fazit: Die „Metal-Queen“ ist auch im Weihnachtsgeschäft eine sichere Bank. Lee Aarons umwerfende Stimme hat nichts von der Brillanz alter Zeiten verloren. Das Album ist kurzweilig, abwechslungsreich, zeitlos und bestens geeignet das Weihnachtsfest zu einem gelungenen Event zu machen, ein hoffnungsvolles und positives Zeichen in schweren Zeiten. Dem Weihnachtsmann wird`s definitiv gefallen. (Ebi)
Bewertung Album:
7,5 / 10
Anzahl der Songs: 12
Spielzeit: 41:11 min
Label: Metalville
Veröffentlichungstermin: 26.11.2021