Hardline - Heart, Mind And Soul

hardline heartmindandsoulIm Zuge des letzten Langeisens "Life" der Hardrocker hatte ich noch die hohe Schlagzahl von Frontmann Johnny Gioeli angemerkt, nun wurde auch er unsanft ausgebremst. Kurz vor dem allgemeinen Herunterfahren gab es von HARDLINE noch das erste Livealbum, fast zeitgleich war er an der letzten AXEL RUDI PELL-Scheibe beteiligt. Während sein deutscher Bandleader die Tournee immer weiter verschiebt, gibt es bei seiner eigenen Truppe weniger Liveauftritte, wohl auch weil die mittlerweile komplett aus Europa stammt. Dafür ist das Line-Up erstmals gleich geblieben, weswegen "Heart, Mind And Soul" erneut schneller das Licht der Welt erblickte als der Vorgänger.

Vielleicht ist auch deswegen der musikalische Entwicklungssprung so gering ausgefallen wie nie zuvor, wo die Werke immer einen sehr prägnanten Charakter innerhalb der eigenen Koordinaten hatten. Jedenfalls schließt die nunmehr siebte Scheibe nahtlos an das letzte Album an, wobei der flotte Opener stets Programm war. Auch in "Fuel To The Fire" gießt der Fünfer erst einmal Öl ins Rockfeuer, "OhOh"-Chöre schauen direkt zum Start im Stadion vorbei, die Tasten untermalen leicht, die Riffs treiben nach vorne und im Refrain hagelt es Mitsingchöre.
Darüber hinaus ist der Bluesgroove wieder vorhanden, die Gitarrenlinien haben viel Tiefe, Josh Ramos hatte das im Blut, doch auch Mario Percudani steht ihm in Nichts nach. Ganz stark kommt das, wenn man ihn knallig arrangiert wie bei "The Curse", bei dem die Akkorde schön swingen. Nur schade, dass der Refrain da nicht ganz mithalten kann und ein wenig Drive vermissen lässt, aber wie sechs Saiten mit Feeling und Biss zupacke ist aller Ehren wert.

Geradliniger geht es bei "Waiting For The Fall" zur Sache, in welchem Alessandro Del Vecchio seine Klänge noch mehr in Richtung Synthesizer bewegt. Das cleane Picking in der Strophe und die flüssige Melodieführung haben eine höhere Achtzigeraffinität, während weite Teile des Albums eher an die bluesige Schiene angelehnt sind, aus der die Band dann Anfang der Neunziger auftauchte. Mit Blick auf die ähnliche Ausrichtung wie bei "Life" könnte man sagen, HARDLINE sind dort angekommen, wo sie einst losgezogen sind. Einen weiteren Achtzigermoment bekommt der Hörer im programmatisch betitelten "80´s Moment" spendiert, in dem die sechs Saiten am deftigsten krachen, aber eben auch ein bisschen von der bluesigen Note einbringen.

Bei einigen Stücken scheint auch eine gewisse Affinität zu WHITE LION durch, Percudanis Spiel ist deutlich von Vito Bratta beeinflusst, wie man in den Leadfills von "Heartless" heraus hören kann. Nach langsamem Einstieg rockt das Ding locker los und steigert sich zur Hymne. Diese flüssigen Melodien findet man genauso in "Surrender", wo besagter Einfluss ebenfalls präsent ist. Im Gegensatz beginnt der Song allerdings genretypisch kraftvoll, um dann erst einmal das Tempo heraus zu nehmen.
Natürlich bleibt eine der größten Inspirationen in dem Bereich nicht außen vor, wobei "If I Could I Would" eher die späten BON JOVI zitiert. Leads und Piano verschmelzen zu einer Harmonie, die ein wenig zu bieder ausfällt, in der Bridge hofft man auf mehr, doch der Chorus verharrt zu statisch. Gleiches gilt auch für die Ballade "Heavenly", welche die Ansätze in ruhigerer Form bringt, im Refrain zu sehr im Mainstream wildert, um überzeugen zu können. Wenigstens das Outro-Solo reißt es etwas raus, bei dem Percudani in die Nähe von Neal Schon, dem ersten Gitarristen der Formation rückt.

Dass man das sanfte Fach beherrscht, beweist man mit "Searching For Grace" ein weiteres Mal, hier kann Johnny Gioeli sein ganzes Können, seine Stimmfärbung und seine Power entfalten. Sphärische Tom-Patterns und bluesige Leads sorgen für wohliges Empfinden, im Refrain hebt das Lied von Backgroundchören getragen ab, hier darf so richtig geschmachtet werden. Eine wunderbare Melancholie erfüllt den Raum, wie auch im ausgeklügelten, offenen "Like That". Bass und Piano zaubern eine tolle Atmosphäre, die Leadfills tendieren erneut zum Blues, was sich beim warmen Solo noch mehr heraus kristallisiert.
Mit "Heart, Mind And Soul" scheint sich die Formation gefunden zu haben, wenn sie auch nicht mehr ganz auf dem Niveau wie Mitte der letzten Dekade agiert. Vielleicht könnte Francesco Jovino an den Kesseln etwas mutiger sein, doch das sind Kleinigkeiten. Jetzt im Sommer macht das auf alle Fälle viel Spaß, zumal auch das Klangbild des Haus - und Hofproduzenten an den Tasten richtig Druck hat. Bleibt nur zu hoffen, dass man die Songs bald auf der Bühne bejubeln kann, sie bringen einem tolle Zeiten wieder, ohne zu kopieren. (Pfälzer)

Pfaelzer7,5 7,5 / 10


Anzahl der Songs: 11
Spielzeit: 50:02 min
Label: Frontiers Music
Veröffentlichungstermin: 09.07.2021

Wir benutzen Cookies
Für optimalen Benutzerservice auf dieser Webseite verwenden wir Cookies. Durch die Verwendung unserer Webseite erklären Sie sich mit der Verwendung von Cookies einverstanden