Dass es nicht immer ganz einfach ist Musik objektiv korrekt und richtig einzuordnen, dafür ist dieses Album ein schönes Beispiel. Je nach Gewichtung der einzelnen Argumente kann ich hier locker alles zwischen 4 und 9 Punkten vertreten. Dass ich mich am Ende des Tages am oberen Ende des Machbaren bewege, liegt vor allem daran, dass „Within Each Lies The Other“ auch nach dem zwanzigsten Mal hören keine Spur von Abnutzung offenbart.
Und gerade das ist bei dieser Art der Musik nicht selbstverständlich. AS EVERYTHING UNFOLDS werden seitens des Label in die Post-Hardcore Schublade gedrückt, vermutlich weil es einfach etwas mit „Post“ sein sollte, und am Ende kann dieser Begriff bekanntlich auch für so ziemlich alles und nichts stehen. Und so wirklich Hardcore finde ich die Band ehrlich gesagt auch nicht, zumindest dann wenn man bei diesem Begriff an Bands wie SICK OF IT ALL oder CRO-MAGS denkt.
Auf „Within Each Lies The Other“ findet sich definitiv keine Musik von der Straße für die Straße, sondern das hier ist ein super produzierter Soundtrack für die junge Generation unserer Zeit, kein Wunder, dass die Band bei den Streaming-Diensten bereits gut abgeht, obwohl gerade erst das Debütalbum rausgekommen ist. Die Band aus Großbritannien weiß definitiv, wie man sich in Szene setzt und könnte mit etwas Glück auch größer rauskommen.
Das Songwriting der Band klingt jedenfalls außerordentlich reif, man weiß ganz genau, wie man tolle Pop-Songs schreibt, die sich dann aber so anhören als ob die Band tatsächlich ein großes Stück Metal im Herzen trägt. Und genau das ist der Punkt, an dem die Meinungen auseinander gehen werden, für die einen wird das hier genauso klingen wie moderne Musik 2021 klingen muss, andere werden sich an dem recht sterilen Sound und den arg poppigen Refrains stören. Wie gesagt, mir gefällt es richtig gut, obwohl ich eigentlich bereits viel zu alt für die eigentliche Zielgruppe bin.
Mir gefällt es, weil die Band es ganz geschickt schafft, eben diese poppigen Passagen fließend mit solchen zu kombinieren, die richtig derb und dreckig klingen, als bestes Beispiel hierfür trifft der Song „Wallow“ voll auf die zwölf. Klar, vieles davon klingt nach „Emo“, aber es ist wirklich gut gemacht. Außerdem ist es lobenswert, dass die Band zwei Gitarristen hat, das sorgt für zusätzliche Härte und Abwechslung im Sound.
Größter Trumpf von AS EVERYTHING UNFOLDS ist ohne jeden Zweifel die Sängerin, Charlie Rolfe, ich denke zumindest da kann es keine zwei Meinungen geben. In den ruhigen, klaren Passagen erinnert sie stimmlich an Hayley Williams von PARAMORE und an Lacey Sturm von FLYLEAF, wenn sie der Teufel packt, dann gibt es aber kein Halten mehr und selbst Alissa White-Gluz von ARCH ENEMY muss sich warm anziehen. Charlie Rolfe hat locker vier verschiedene Arten zu Singen, Schreien und Growlen drauf, dass einem echt schwindelig wird. Wenn sie das so auch auf der Bühne hinbekommen sollte, dann kann das wirklich was werden mit dieser Band. Neben „Wallow“ möchte ich den Abschlusstrack „Wither“ noch ausdrücklich hervorheben, der auf den ersten Blick vielleicht wie die Quotenballade erscheinen mag, beim zweiten Blick aber offenbart, dass dieser episch-melancholische Ansatz dieser Band ebenfalls gut zu Gesicht steht.
Fast nichts erwartet, fast alles gewonnen, so fühlt es sich für mich an, wenn ich „Within Each Lies The Other“ höre. (Maik)
Bewertung:
8,5 / 10
Anzahl der Songs: 11
Spielzeit: 40:30 min
Label: Long Branch Records/SPV
Veröffentlichungstermin: 26.03.2021