Dicke Jacken und Schals? Der Winter ist eindeutig angekommen und damit auch die graue Wolkendecke. Doch dafür haut uns die Ska-Punk-Band von LESS THAN JAKE ein neues Album um die Ohren, welches von dem Wort „Winterdepression“ vermutlich noch nie etwas gehört hat. „Silver Linings“ versprüht sommerliche Vibes und unbeschwerte Momente, die man in Zeiten wie diesen besser als zuvor gebrauchen kann. Und wegen des Strebens nach Freude, ist mir die Band zum ersten Mal seit 30 Jahren Bandgeschichte aufgefallen. Normalerweise halte ich mich nicht in dem Genre auf, doch dieser luftigen und leichten Musik wollte ich eine Chance geben.
Der neue Schlagzeuger Matt Yonker, der früher LTJ-Tourmanager war und der zusammen mit Punk-Bands wie den TEEN IDOLS und den QUEERS spielte, bringt wohl frischen Wind mit in die Runde. Die Zeiten von BLINK 182 leben wieder auf, die LESS THAN JAKE durch Bläser, wie einer Posaune und Saxofon, ergänzt und den Stil weiterentwickelt.
Dass die Band den Opener „The High Cost of Low Living“ mit dem Soundeffekt eines sich füllenden Glases versehen, zeigt, dass der Party-Mood, die Unbeschwertheit und gute Laune nicht in Vergessenheit geraten sind. Dazu passend die Bläser, ein Klavier und ein stimmlicher Chor und der Song wurden schön abgerundet.
Doch „Silver Linings“ beinhaltet nicht nur die Party Lieder, die das leichte Leben widerspiegeln. „Lie To Me“ hat es textlich in sich. Ein ziemlich emotionaler Song, der die Realität zeigt und auch ein Teil der Band wiedergibt. „Pick up the pieces and just move on / Two drinks and I’m on my way / To a place where I’m not afraid“
Ein weiteres Highlight folgt mit dem ohrwurmverdächtigen „Anytime And Anywhere“, wobei Less Than Jake das Tempo anziehen und erneut vor allem im Gesamtbild punkten. Und wer beim Refrain nicht mitwippt, mitsing oder summt, der sollte sich eindeutig eine andere Musikrichtung suchen.
„The Test“, der mich musikalisch ein wenig an GOOD CHARLOTTE erinnert, ist eine Selbstreflektion durch eines anderen Menschen. An diese kritischen texte knüpft zusätzlich der Rocksong „Dear Me“ an, dass den Verlust von Freunden durch Distanzen und Tragödien aufzeigt. Für eine Punk-Band sind das ungewöhnlich viele Emotionen, jedoch wollte sich Wasilewski von LESS THAN JAKE von einer anderen Seite zeigen: "Wir haben uns erlaubt, verletzlich zu sein.“. In der Vergangenheit ging es in den Texten früherer Platten darum, einen bestimmten Ort oder eine bestimmte Zeit zu verlassen. Hier geht es mehr um die Abgänge in unserem persönlichen Leben: Familie, Freunde, Beziehungen. Diese Seite haben wir nie wirklich erforscht. Mit dieser Platte haben wir versucht, den Vorhang zurückzuziehen. Wir zeigen eine gewisse Zerbrechlichkeit in einer Zeit, in der die Menschen so verhärtet scheinen.“
„Bill" ist eine mit Vollgas vorgetragene Hommage an den legendären Schlagzeuger/Produzenten Bill Stevenson. Als Mitglied der einflussreichen Kombos Black Flag, Descendents und ALL half er mit, die Wege zu ebnen, auf denen heute jegliche Art von Punk-Band voranschreitet. Dieser flotte Song ist mit groovigen Elementen durchzogen, bei denen man einfach mitwippen muss. „So Much Less" ist Wasilewskis erstes Saxophon-Solo überhaupt auf einer LTJ-Platte, davon könnte man gerne mehr hören!
Bisher habe ich wenige Songs gehört, dessen Texte tiefgründig sind, aber die Melodien groovig und unbeschwert sind. Aber das auf einem Album durchgezogen? Daran muss man sich dran gewöhnen, denn so geht, zumindest bei mir, die Tiefgründigkeit etwas verloren, da es für mich ungewohnt ist. Trotzdem schön etwas Neues kennenzulernen. Und abholen können sie mich alle mal mit vielen abwechslungsreichen Song, die auf dem Album glänzen.(Sarah-Jane)
Bewertung:
8 / 10
Anzahl der Songs: 12
Spielzeit: 36:00
Label: Pure Noise Records
Veröffentlichungstermin: 11.12.2020