ASYLLEX sind eine junge Band von den Färöern, genauer von Suðuroy. Das heißt, ganz so jung sind sie mittlerweile auch nicht mehr. Gegründet 2013 durften sie im Jahr 2017 die Färöer als Gewinner der färöischen Wacken Metal Battle auf dem Wacken Open Air vertreten. Im Jahr davor brachten sie ihr Debütalbum „War Order“ heraus. Das konnte mich damals nicht so wirklich überzeugen, aber nichtsdestotrotz will ich „Ephemeros“ natürlich eine Chance geben.
Und was soll ich sagen? Ich habe es nicht bereut. Thrash ist ja nun nicht meine bevorzugte Musikrichtung, aber „Ephemeros“ gefällt mir trotzdem ziemlich gut. Wahrscheinlich, weil es nicht der stupide „schneller, härter, roher“-Thrash ist, den man sonst so oft findet, sondern hier gibt es durchaus viele ruhige Momente und nicht zuletzt viele Melodien. Und außerdem hat man sich mit dem Komponisten Clemens Wijers zusammen getan, der sich für die orchestralen Arrangements verantwortlich zeigt. Thrash und Orchester? Geht das? Ja. Hervorragend sogar. Die orchestralen Parts fügen sich perfekt in die Musik des Fünfers ein ohne sich zu sehr in den Vordergrund zu spielen. Vielmehr fungieren sie als eine gelungene Ergänzung.
Das merkt man schon beim ersten Song „Lost Life“. Hier beginnt das Album schon stark mit einem meiner Favoriten. Nach einem sanften, von Streichern begleiteten Einstieg geht es in eher getragenem Tempo los. Auffallend ist die markante Stimme von Sänger Hans Hammer, die im ersten Moment etwas ungewöhnlich klingt, aber im Grunde perfekt zur Musik passt. Und klingt, als würde sie zu einem deutlich älteren Mann gehören. Besonders gut gefallen mir hier die etwas versteckten färöischen Chöre, die man zwischendrin mal im Hintergrund hört.
Und während man bei „Lost Life“ noch darüber streiten kann, ob das jetzt wirklich noch Thrash ist, beweist die Band mit „Soul“: Ja, das ist Thrash. Aber auch hier kommen Melodien nicht zu kurz, was mir persönlich das Ganze dann doch sehr sympathisch macht. „Welcome To The Night“ zeigt noch einmal eine andere Seite der Band. Ruhig und akustisch rockt der Song vor sich hin, wird dann aber doch noch ziemlich hart und geht damit als richtig schöne Powerballade durch.
„Endless Greed“ dürfte einer der ältesten Songs auf dem Album sein, haben ASYLLEX ihn doch schon 2017 bei ihrem Auftritt auf dem Wacken Open Air gespielt. Auch dieses Stück zeigt wieder eine leicht andere Seite der Band. Rhythmus und Melodie gehen sofort ins Ohr, gewürzt mit einer guten Portion Thrash und immer wieder Sprechgesang. Überfallartig setzt dann das harte „Bite“ ein, das jedoch außer dem Ohrwurmrefrain nicht allzu viel zu bieten hat. Ein guter Song, aber eben nichts Besonderes.
Dafür folgt aber mit „Concrete Shoes“ ein weiterer meiner Favoriten auf dem Fuß. Der Song braucht ein wenig, bis er zündet, aber mir gefällt er mittlerweile richtig gut. Nach einem countrymäßig angehauchten Einstieg kommt man schon bald zum Refrain, den man nicht mehr aus dem Kopf bekommt. Überhaupt ist der Song vom ganzen Aufbau her sehr interessant, fast schon progressiv gestaltet. Auch hier könnte man wieder darüber streiten, ob das noch unter Thrash fällt, aber da ich Schubladen ohnehin nicht mag ist mir das jetzt mal eben egal.
„Frostbitin“ ist einer von zwei Songs mit färöischen Titeln auf dem Album, allerdings ist der Text bis auf den sehr kurzen Refrain dann doch englisch. Wobei ich grundsätzlich der Meinung bin, dass gerade die Kombination aus englischen und färöischen Texten in der Regel sehr gut funktioniert, das haben schon andere Bands vor ASYLLEX gezeigt. Allerdings ist mir hier der Färöischanteil etwas zu niedrig. Nichtsdestotrotz macht der Song aber Spaß.
Bei „Wither“ schlägt man wieder ganz ruhige Töne an. Mehrstimmiger Gesang liegt über Akustikgitarren, bevor der Song zum Ende hin immer härter wird, aber insgesamt doch ruhig bleibt. Hier ist die Orchestrierung auch wieder besonders gut gelungen und setzt nicht nur Akzente, sondern ist ein wichtiger Bestandteil des Songs und macht ihn zu etwas besonderem auf dem Album.
Auch „Spirits“ ist ein schöner Song geworden, bei dem man immer wieder etwas Neues entdecken kann. Außerdem ist es der Song mit dem markantesten Gitarrensolo des Albums. Ganz ruhig wird man dann – passend zum Namen – bei „Kyrra“, das mehr oder weniger ein akustisches Instrumental ist, abgesehen von Spoken Words auf Färöisch, die die Reiter der Apokalypse ankündigen. Passend dazu geht es mit „Tranquillity“ weiter, ein Song, der mir eigentlich schon zu ruhig ist, aber schöne Melodien aufzuweisen hat.
Und gegen Ende dreht man dann nochmal richtig auf. Zunächst mit „Murder“, das ruhig und sanft klavierbasiert beginnt, und sich dann ruhig rockend seinen Weg tief in die Gehörgänge bahnt, bevor es gegen Ende nochmal richtig hart wird. Auch hier kommt die Orchesterinstrumentierung richtig schön zur Geltung. Und zum Abschluss gibt es dann einen weiteren meiner Lieblingssongs auf dem Album: „Between Life And Death“. Eingeleitet von ruhigem Gesang geht es bald richtig zur Sache. Auch hier harmonieren Orchestrierung und Gitarren wieder perfekt miteinander. Dazu kommen noch die Melodien, die man einfach nicht mehr aus dem Kopf bekommt. Im Grunde hat man hier noch einmal alles zusammengefasst, was das Album ausmacht.
Und so kann ich abschließend nur sagen, dass „Ephemeros“ ein wirklich gutes Album geworden ist. Ob das jetzt (noch) Thrash Metal ist – ich weiß es nicht. Ich tue mich ja ohnehin schon schwer, Bands in Schubladen zu stecken. Bei ASYLLEX ist es nochmal schwieriger. Gibt es schon das Genre Melodic Thrash? Das würde am ehesten passen. Auf jeden Fall finde ich die Idee, den Songs auch noch orchestrale Arrangements zur Seite zu stellen sehr gelungen. Manchmal fallen diese gar nicht auf, manchmal sind sie sehr präsent, aber immer unterstützen sie die Wirkung der Songs und verleihen ihnen mehr Kraft und Gewicht. Im Gegensatz zum Debütalbum sind die Färinger nun auch deutlich eigenständiger geworden und haben ihren eigenen Sound entwickelt. Da kann man jetzt schon gespannt sein, wo diese Entwicklung wohl in Zukunft hingehen noch wird. (Anne)
Bewertung:
8 / 10
Anzahl der Songs: 15
Spielzeit: 62:10 min
Label: Tutl
Veröffentlichungstermin: 18.09.2020