Vor einem Monat ließen TRIVIUM uns mit öffnen Mündern dastehen, als „Catastrophist“ veröffentlicht wurde. Mit einem wahrlich ernsten Text und kleinen Wortspiel zwischen „catastrophist und catastrophe“ knüpfen sie mit den Song an ihre älteren Vorgänger an. Weitere Lieder wurden vorab veröffentlicht, die uns eine gute Vorahnung auf das heute erschienene neunte Album „What The Dead Men Say“ gaben. Auf diesem Album haben sie ihre zahlreichen Erfahrungen zusammengetragen und eine Mischung aus allen bisherigen entstandenen Alben gemischt. Und weil das Album so gut überzeugt hat, haben Matthias und ich uns dazu entschieden beide unseren Senf zum Album abzugeben.
Bereits jeder zuvor gelesene Artikel und gelesenes Interview erklingt für mich, als würde die Band ihre Nummer neun als eine Nummer „zehn“ präsentieren wollen; als wollten sie Nummer neun zum „Jubiläumsalbum“ kreieren und Nummer zehn wird dann mal beiläufig veröffentlicht. Aber sie haben ja durchaus einen guten Grund, auf das neue Album so stolz zu sein. Viel Kraft, Kreativität, Erfahrung und Liebe wurde in das Album reingesteckt, nachdem sie die letzten Jahre nicht so richtig wussten, in welche Richtung es sie nun führen würde. Nun haben sie wieder zu sich gefunden und starten wieder durch.
Mit einem Titel wie „IX“ kann man ein Album doch nicht besser anfangen oder? Ein Instrumental Intro zu Beginn ist mal was anderes als sonst. Anfangs hatte es mich an ihr letztes Album erinnert, sodass ich zunächst die Vermutung hatte, es würde wieder in die ruhigere Richtung führen. Aber damit habe ich mich eindeutig getäuscht. Ab der Mitte ändert sich der Ton schlagartig und die schweren metallischen Klänge geben den Ton an. Ein nahtloser Übergang für “What The Dead Men Say“ wird gelegt und wir werden mit einem „Go“ ins Geschehen geschmissen. „It’s just between us What the dead men say“ ich würde auch sagen, zwischen uns ist alles über diesen Song gesagt, oder? Wer den nicht mittlerweile schon rauf und runter gehört hat, dem ist auch nicht mehr zu helfen. In dem Song kehrt der alte Wert von TRIVIUM zurück!
Wem auf dem letzten Album die melodischen Lieder in Kombination seines Cleangesang nicht gefallen hat, dem sollte „Bleed Into Me“ schon eher gefallen. Zunächst mit einem Bass und Cleangesang fängt der Song an und artet doch schnell aus. Eine Mischung aus Härte und Melodie entsteht, indem Cleanvocals und Growling gegenüberstehen und die Gitarren in Gegensätzen zueinander wirken. Der Ohrwurm lässt auch nicht lange auf sich warten, das kann ich euch garantieren.
Obwohl „The Defiant“ überwiegend im Cleanvocal von Matt gesungen wird, ist es die Mischung aus Thrash und einer Melodie, die dem Song ein Erkennungsmerkmal gibt. Zu Beginn noch recht ruhig, baut sich die Stärke, Power und Emotion nach und nach auf. Sie enttäuschen uns nicht, denn der Hass „I stand in defiance of your ways (The defiant, the defiant) Nothing can absolve you from this hate“ kristallisiert sich gegen Ende so gut raus, dass der Hörer es mit in sich aufnimmt. Mich hatte der Gesang zeitweise an „Other Worlds“ erinnert. Nimmt man den Gesang, baut mehr Screaming und Growling ein, dann kann man sich den Gesang ganz gut vorstellen. Und darum noch blecherne Gitarren und ein Schlagzeug (es übertönt fast die anderen Instrumente) und wir erhalten TRIVIUM, die ihr ganzes Wissen und bisherigen Richtungen in diesen Song stecken. Es könnte live einer der Songs werden, die wie gemacht sind für Crowdsurfer.
Moshpit, Moshpit, Moshpit! Wer macht mit mir einen Moshpit? Okay, Spaß beiseite, wir können weiter davon träumen. Aber irgendwann, wenn „Sickness Unto You“ live gespielt wird, dann wird das ein riesen Spaß. Der gehetzte Sound lädt zum Headbangen und moshen ein. Zwischendurch bedarf es einer Pause, in der wir mit einem melodischen Gitarrensolo unterhalten werden. Aber danach geht’s weiter, das Schlagzeug wird zerkleinert unter den Schlägen und vermutlich fliegen irgendwie Holzspäne, denen man ausweichen muss.
Mit „Scattering The Ashes“ erklingt ein etwas „ruhigerer“ Song. Er trägt zumindest nicht so viel Thrash und Bass mit sich, wie viele andere Tracks auf dem Album. Man könnte fast soweit gehen und sagen, dass es in die Alternative-Rock Richtung leitet. Aber abgesehen von der Melodie, hat sich Matt definitiv im Cleangesang weiterentwickelt und gibt es hier im emotional geladenen Refrain zum Besten. Textlich gesehen hätte man sicherlich mehr rausholen können, wenn man den Chorus nicht so oft wiederholt hätte. Dann wäre der Song realer und emotionaler geworden, denn es handelt von einer Situation, die nicht ungewöhnlich ist und öfter vorkommt als man glaubt. Aber so klingt es doch nur ein wenig heruntergerattert, um das Album zu vervollständigen. Trotzdem ein netter Song für zwischendurch, um sich und den Nacken zu entspannen.
Also im Gesamtpaket hat TRIVIUM mit ihrem neunten Stück gezeigt, was es heißt, wenn eine Band all ihre Erfahrungen sammelt und bündelt. Es entsteht ein wunderbarer Mix aus Thrash, Härte, Growling, Melodie und Cleangesang. Die Gegensätze stehen sich alle gleichberechtigt gegenüber und keiner wird hier vernachlässigt. Nicht zu vergessen: Das Schlagzeug. Das bekommt auf diesem Album mit die meiste Aufmerksamkeit und ich könnte schwören, dass die Drumsticks bestimmt das eine oder andere Mal zerbrochen sind. Aber mal abgesehen davon, sie sind definitiv zu ihren alten Wurzeln zurückgekehrt. Ein Wahnsinnsalbum, das eine Mischung für jeden bietet und einen aus den Socken haut. Mal ehrlich, nach Ende des Albums schmerzt einem der Nacken! Und doch denke ich ein wenig wehmütig an ihr letztes Album zurück, denn auch ihre melodischeren Songs gefallen mir gut. Sie hatten teilweise viel Charakter, der mir in Erinnerung blieb(ich sehe förmlich vor mir, wie nun zehn Augenpaare rollen ;)). Aber sicherlich gibt sich das auch nach mehreren Malen hören, wenn ich meine Mitmenschen damit beschallen darf. Wenn schon keine Konzerte stattfinden, dann sollte man sich selbst eines kreieren, oder?
In dem Sinne übergebe ich mal an meinem Kollegen Matthias das Wort, der sicherlich genauso begeistert ist wie ich. ;)
Es kommt beim Neckbreaker äußerst selten vor, dass wir zwei verschiedene Meinungen zu einem Album in einem Artikel veröffentlichen. Die einzige Ausnahme bilden hier eigentlich die Reviews zu den Werken von HEAVYSAURUS, bei denen es auch absolut Sinn macht, jemanden aus der Zielgruppe, schließlich ist die Musik für Kinder gedacht, zu Wort kommen zu lassen. Wer allerdings herausfinden möchte, ob und wann wir schon einmal so etwas bei einem „normalen“ Album hatten , sieht man einmal von den beiden voneinander unabhängigen Reviews von Ralf und mir zu „Part Of A Sick World“ von SURGICAL STRIKE ab, der muss ein gewaltiges Stück in der Zeit zurückgehen. Genau gesagt bis ins Jahr 2008, was sogar noch zwei Jahre vor meinem Einstieg bei diesem Magazin war. Damals taten sowohl Bernie (GODSLAVE) als auch unser Chefredakteur Maik ihre Meinung zu „The Crucible Of Man“ von ICED EARTH kund. Lang, lang ist es her! Da bot es sich doch an, diese gute Idee wieder für TRIVIUM aufleben zu lassen.
Hier trifft nun also die „Moderne“, vertreten durch unseren Neuzugang Sarah-Jane, auf die so zu sagen „Alte Schule“, vertreten durch meine Wenigkeit. Doch warum besprechen wir beiden jetzt ausgerechnet die neue TRIVIUM? Dazu muss man sagen, dass die Amerikaner, die es bereits seit 1999 gibt, die Fans schon immer mehr oder weniger gespalten haben. Vielleicht etwas weniger als die ein Jahr früher gegründeten BULLET FOR MY VALENTINE, doch während vor allem die Jüngeren die Band lieben, gibt es nicht wenige aus meiner Generation, die mit der ursprünglich aus Orlando stammenden Truppe wenig bis nichts anfangen können. Wobei man sagen muss, dass TRIVIUM in ihrer Karriere, sieht man mal von dem, in meinen Augen, schwachen „Silence In The Snow“ (2015) ab, noch kein wirklich schlechtes Werk veröffentlicht haben. Jede ihrer Scheiben stellt eine Weiterentwicklung dar. Egal, ob man nun die härtere Schiene von „Ember To Inferno“ (2003) und „Ascendancy“ (2005) oder die melodiöse, stark von METALLICA beeinflusste von „The Crusade“ (2006) bevorzugt. Und auch mit ihrer neunten Veröffentlichung „What The Dead Man Say“ wissen TRIVIUM zu überzeugen. Zwischen dieser und dem Vorgänger „The Sin And The Sentence“ sind ganze drei Jahre vergangen. Doch TRIVIUM haben die Zeit genutzt. So verbindet die neue Scheibe nahezu perfekt das Beste aus den 8 Vorgängern. Man merkt außerdem sofort, dass Schlagzeuger Alex Bent ein echter Glücksgriff für die Band ist. Zumindest muss er den Rest der Truppe dazu angespornt haben im Studio wirklich alles zu geben. Stücke wie der Titelsong „Catastrophist“, „Defiant“, und ganz besonders „Scattering The Ashes“ zeigen Matt Heafy, Corey Bealieu, Paolo Gregoletto und Alex Bent von ihrer besten Seite. Auf „What The Dead Men Say” liefern die Musiker durchgängig auf hohem Niveau ab. Eine schwache Nummer konnte ich auch nach mehrmaligem Hören nicht entdecken. (Sarah-Jane und Matthias)
Bewertung:
8,5 / 10
8,5 / 10
Anzahl der Songs: 10
Spielzeit: 46:27 min
Label: Roadrunner Records
Veröffentlichungstermin: 24.04.2020