Ich kann mich eigentlich nicht daran erinnern, dass wir beim „Neckbreaker“ schon einmal eine Banddokumentation besprochen hätten. Mal abgesehen von der 10th Anniversary Edition von METALLICAs „Some Kind Of Monster“. Und zumindest mir geht es meistens so, dass ich diese Dokumentationen überwiegend stinklangweilig finde oder mich wie zum Beispiel im Falle von „Some Kind Of Monster“ frage, wie viel von dem Gezeigten wirklich echt ist und wie viel nur stattfindet, weil gerade ein Mensch mit einer Kamera zugegen ist. Sprich, man fragt sich unweigerlich, ob die Musiker nicht einfach aus Imagegründen eine mehr oder weniger interessante Show abziehen.
Ganz zu schweigen von den Veröffentlichungen, die nur irgendwelche Musiker auf Tour oder im Umgang mit Groupies zeigen. Der Selbstbeweihräucherung stehen hier meist Tür und Tor offen. Zum Glück verfolgte Ian McFarland bei seinem Film „The Godfathers Of Hardcore“ einen gänzlich anderen Ansatz.
Hier kommen mit Roger Miret und Vinnie Stigma nicht nur die beiden wichtigsten Mitglieder von AGNOSTIC FRONT zu Wort, sondern auch zwei Wegbereiter des New York Hardcore. Zwar geht McFarland auch auf die Geschichte der Gruppe ein, lässt Miret und Stigma diese jedoch in weiten Teilen selbst erzählen.
Besonders Stigma, welcher AGNOSTIC FRONT 1982 ins Leben rief und die 60 mittlerweile hinter sich gelassen hat, zeigt sich hier als echtes Original der Szene. Wenn er im breitesten New Yorker Dialekt über die Entwicklung der Lower Eastside erzählt, wird schnell klar, dass ihm der Stadtteil in dem er aufgewachsen ist und in dem er auch heute noch lebt wirklich am Herzen liegt. Beim Thema Gentrifizierung merkt man dann, dass Stigma mit vielen Veränderungen alles andere als einverstanden ist.
Auffällig ist, dass „The Godfathers Of Hardcore“, dessen Dreharbeiten bereits 2014 begannen und für dessen Fertigstellung Ian McFarland extra eine Crowdfunding Kampagne ins Leben rief, sich überwiegend auf das Privatleben der Protagonisten und deren charakterliche Unterschiede konzentriert.
Wo Stigma der positiv verrückte Paradiesvogel ist, so ist Miret, der die 50 auch schon hinter sich gelassen hat, der Macher und Kontrollfreak. Richtig ernst wird es, wenn der gebürtige Kubaner von seinen Anfangsjahren in den USA oder vom Verhältnis zu seinem Halbbruder Freddy Cricien erzählt und wie er den damals Siebenjährigen mit zu Konzerten schleppte, um ihn vor seinem Vater zu schützen.
Auch die Szenen in denen Mirets älteste Tochter zu Wort kommt sind sehr intensiv und hinterlassen einen bleibenden Eindruck. Der Film endet kurz nach Mirets Herzattacke, nach der ihm ein Herzmonitor eingesetzt wurde. Doch anstatt kürzerzutreten, buchte dieser erstmal eine Tour mit über 400 Konzerten.
„The Godfathers Of Hardcore“ Ist trotz seiner Länge von 95 Minuten eine äußerst kurzweilige Angelegenheit. Bevor der Film in Amerika auf Showtime ausgestrahlt wurde, war er nur in einigen New Yorker Kinos sowie bei diversen Festivals zu sehen.
Insgesamt erhält man hier einen ungeschönten Blick hinter die Kulissen einer der wichtigsten Bands des Hardcore überhaupt. In Deutschland ist „The Godfathers Of Hardcore“ seit dem 09.02. abrufbar und wird voraussichtlich im April auf DVD/Blu Ray erscheinen. Momentan ist er nur im englischsprachigen Original ohne Untertitel zu sehen.
Für Fans von AGNOSTIC FRONT ist der Film sowieso Pflicht, für alle, die sich für Hardcore im Allgemeinen interessieren ist er absolut empfehlenswert.(Matthias)
Bewertung:

8 / 10
Spielzeit: 95:00
Art: Dokumentation
Genre: Hardcore
Veröffentlichungstermin: Stream: 09.02.2019, DVD/Blu Ray: voraussichtlich April 2019