Zur Feier ihres Vierzigsten sind D-A-D in der Halle02 in Heidelberg zu Gast und ich nutzte die Chance dazu, vor dem Gig um 19 Uhr noch persönlich mit Jacob Binzer ein paar Worte zu wechseln.
Pascal: 40 Jahre.
Jacob: 40 Jahre, ganz genau.
Pascal: Hattest du erwartet, dass die Band derart lange bestehen würde?
Jacob: Nein, also nicht, als wir damals anfingen. Man kann es nie wissen, und wir waren damals bei der Gründung der Band in einem Alter, in dem man sich wenig Gedanken um das “Später” macht. Du denkst nur an den nächsten Schritt und was morgen sein könnte. Aber jeder hat so einen Punkt im Leben, an dem er darüber nachdenkt. Wenn du auf die 30 zugehst, denkst du darüber nach, was du in der Zeit bisher erreicht hast in deinem Leben.
Pascal: Also bist du schon 30?!
Jacob (grinsend): Ja. In meinen späten Zwanzigern habe ich mir tatsächlich das erste Mal Gedanken darüber gemacht, wieviel Zeit ich in der Band verbracht habe. Da realisierte ich, wie meine Karriere bis dahin aussah, was ich erreicht hatte und fing an, Fragen zu stellen. Aber inzwischen verfliegen die Jahre einfach so.
Pascal: Auf eurer Jubiläumsshow habt ihr nochmal Peter Jensen für ein paar Songs zurück ans Schlagzeug geholt, wie kam es dazu?
Jacob: Wir dachten darüber nach, ihn für diese ganz besondere Veranstaltung noch einmal zurückzuholen. Er spielte dann drei der alten Songs, die er früher schon mit uns gespielt hatte.
(Wir werden beide von einem Geräusch unterbrochen, das Jacob merklich stört. Wie sich herausstellt, ist es ein kleiner Kühlschrank, der im Raum steht. Mit vereinten Kräften legen wir das Gerät still und denken überraschenderweise beide nach dem Interview daran, ihn wieder anzuschließen.)
Jacob (fährt fort): Er spielte bei drei Songs mit, bei einem kam Laust mit dazu, spielte ein Drum-Solo mit Peter und gemeinsam spielten sie dann noch den dritten Song. Sie hatten beide ihren Spaß dabei und auch beim Publikum kam es super an.
Pascal: Siehst du eine Chance, dass ein Mitschnitt der Show auf Blu-ray erscheint?
Jacob: In irgendeiner Form ist die Show aktuell im Stream verfügbar.
Pascal: Oh, ok. Ein kompletter Mitschnitt?
Jacob: Ja, es wurde während des Konzerts live gestreamt und jetzt sollte es im Streaming verfügbar sein. Ich schätze aber, dass wir offiziell einen Audiomitschnitt veröffentlichen werden. Ob es eine DVD oder Blu-ray wird, weiß ich noch nicht.
Pascal: Das klingt in jedem Fall vielversprechend, mir war bisher nicht bekannt, dass ein Mitschnitt existiert. Wo du gerade von einem Audiomitschnitt sprichst, beim letzten Interview in Mannheim mit Laust und Jesper erzählten mir die beiden, dass ihr die komplette “A Prayer For The Loud”-Tour mitgeschnitten hattet. Bisher habe ich davon aber noch keinen Mitschnitt gehört oder gesehen. Kommt da noch was?
Jacob: Schwierig, wir haben Tonnen von Material auf unseren Tourneen mitgeschnitten, wenn also jemand mal alles durchhören möchte.
Pascal: Gut, das könntest du in deiner Freizeit doch gut machen, oder? Du hörst doch bestimmt sowieso die ganze Zeit nur D-A-D, oder?
Jacob (grinsend): Absolut, ich habe sonst nichts zu tun.
(Copyright: Morten Abrahamsen)
Pascal: Wurdet ihr aufgrund eures Namens, der im Grunde für Disneyland After Dark steht, eigentlich jemals von der Walt Disney Company verklagt oder verwarnt?
Jacob: Als wir unseren Plattenvertrag in den U.S.A. bekamen, wollte Warner Bros. kein Album mit dem Namen veröffentlichen, das war alles. Wir haben aber nie eine Mail oder ähnliches von Ihnen bekommen. Die würden uns aber ganz sicher bis aufs letzte Hemd ausnehmen, wenn wir mit dem Namen ein Album veröffentlichen würden. Sie sind sehr streng, wenn es um ihre Namen und Copyrights geht.
Pascal: Gibt es einen besonderen Moment auf Tour, an den du stets zurück denkst?
Jacob: Puh, da gibt es sehr viele (lacht). Vor allem auch merkwürdige Momente. Wir spielten in Afrika, aber auch weit nördlich in Finnland, nahe der russischen Grenze. So weit im Norden, dass die Sonne nicht untergeht. Nur ganz knapp am Horizont und die ganze Nacht ist blauer Himmel zu sehen. Das machte es unmöglich zu schlafen.
Pascal: Wenn ihr eure Setlist für eine Tournee zusammenstellt, gibt es da kleinere Kämpfe?
Jacob: Ja, aber meistens werden Laust und ich beschimpft (lacht).
Pascal: Werdet ihr heute Abend “Ill Will” spielen?
Jacob: Nicht heute Abend, ein anderes Mal. Du musst also wieder kommen (grinst).
Pascal: Das werde ich ganz sicher. Wie lief es beim Artwork für “Speed Of Darkness”? Was war die Idee dahinter?
Jacob: Wir arbeiten seit Jahren mit dem gleichen Künstler zusammen. Jeder von uns hat immer Ideen dazu, manchmal schlägt er aber auch was vor. Dann geht es hin und her und dauert eine ganze Weile. Die Idee mit dem Schädel als Meteor kam in einem Meeting kurz vor der Deadline auf den Tisch und wir waren alle zufrieden damit. Also wurde es das.
"Speed Of Darkness" Artwork
Pascal: Welche Bedeutung verbirgt sich hinter dem Titel “Speed Of Darkness”?
Jacob: “The Speed Of Darkness” kann alles sein. Ich meine, du kannst dir die Lichtgeschwindigkeit vorstellen, bei der sich Lichtpartikel bei 300000 Kilometer in einer Sekunde bewegen. Und wenn das Licht ausgeht, kommt Dunkelheit. Also würde man annehmen, dass Dunkelheit die gleiche Geschwindigkeit hat wie Licht, aber Dunkelheit ist nichts. Also nur Leere. Dunkelheit ist nicht materiell, wie wir sagen. Aber du kannst erschreckt werden von der “Speed Of Darkness”, wenn du z.B. mit der Taschenlampe in einen leeren Raum leuchtest und diese ausschaltest, wird das Ende des Lichtstrahls das Ziel treffen, aber anschließend wird sich Dunkelheit breit machen. Das ist eine Metapher, über die man nachdenken und den Verstand verlieren kann. Aber “The Speed Of Darkness” könnte auch unsere Welt bezeichnen, in der wir aktuell leben. All die totalitären Bewegungen, wie Putin, die Islamisten, und wir wissen nicht, was mit Trump los ist und was alles noch kommt nach ihm und China. Dunkelheit kommt.
Pascal: Das erinnert mich etwas an euren Song “Scare Yourself”.
Jacob: Richtig, man kann auch aufwachen und es ist einfach nichts passiert und alles ist gut.
Pascal: Wir hatten vor einigen Jahren per E-Mail mal ein Interview, und als Gitarrist bin ich nach wie vor sehr an dem Instrumenten-Kram interessiert. Welche Gitarrenmodelle bevorzugst du? Du spielst oft Les-Paul-Modelle, oder?
Jacob: Ja, absolut. Aber ich habe auch meine Fender Jazzmaster immer bei mir und natürlich Gibson Gitarren mit zwei Humbuckern. Aktuell habe ich meine Les Paul Gitarren dabei, aber auf dieser Tour spiele ich hauptsächlich auf meiner SG. Aber das ist im Grunde das gleiche. Ein Stück Mahagoni-Holz mit zwei Humbuckern.
Pascal: Aber die SG ist deutlich leichter.
Jacob: Absolut, alles über 4 Kilo ist zu viel.
Pascal: Natürlich nicht für mich, ich bin ein starker Typ, schau mich an. (Wir lachen beide). Haben du und Jesper zur gleichen Zeit angefangen Gitarre zu spielen?
Jacob: Ja.
Pascal: Weißt du etwas über die Übersetzung euer Biografie, oder von Jesper?
Jacob: Nein, dazu habe ich kein Update.
Pascal: Ich hatte die Hoffnung, man könnte Dänisch einfach so in Deutsche 1:1 übernehmen, aber das ist definitiv nicht so.
Jacob (lachend): Nein, absolut nicht.
Pascal:Werdet ihr auf eurer nächsten Tour nochmal ähnlich weit in den Süden kommen? Ich frage mich natürlich, weil ich in Süddeutschland lebe, aber bei eurer letzten Tour, bei der das Sofa mit dabei war, ging der Süden etwas leer aus.
Jacob: Die letzte Europatournee war 2019, kurz vor Corona. Da spielten wir auf jeden Fall in München. Danach hatten wir aber keine komplette Tournee mehr in Europa, Festivals und kleinere Gigs hier und da mal.
Pascal: Ich hatte damals eigentlich vor, hoch nach Schweden zu kommen, als ihr dort die Gigs in einem Freizeitpark hattet, tat es schlussendlich aber nicht.
Jacob: Tu es. Dort oben ist einer in Stockholm und einer in Gothenburg, in beiden haben wir schon ein paarmal gespielt.
Pascal: Irgendwas Besonderes, auf das ich mich heute Abend vorbereiten sollte für die Show?
Jacob: Heute Abend gibt es die abgespeckte Version unserer Show. Du hättest in Gothenburg dabei sein müssen, das war eine große Show (lacht). Wir bringen immer mehr Zeug mit für die Festivalshows im Sommer. Heute Abend gibt es die Klub-Version.
Pascal: Aber auch die Klub-Version hat etwas für sich und es ist viel intimer und näher an den Fans. Ok Jacob, danke für das Gespräch, ich denke, das war alles an Fragen, die ich dabei hatte.
Jacob: Danke dir, ich muss mich jetzt auch um den Kühlschrank kümmern, damit er wieder Strom hat.
(Bildquelle: AFM Records)