Rage Of Samedi - Blood Ritual

20200117 ros bloodritual front200pxEs fällt mir Jahr um Jahr schwerer den Glauben an die Menschheit aufrecht und mich selbst bei Laune zu halten, um nicht blindwütig auszurasten wenn mal wieder unreflektiert, in schwarz-weiß Denken verhaftet, im Netz aufs widerlichste gepöbelt wird. Mittlerweile schwappt dieser Hass auch auf die Straße und manifestiert sich in konkretem Handeln a.k.a. Mord. 
Aus genau diesen schon lange andauernden gesellschaftlichen Vorgängen, ziehen RAGE OF SAMEDI ihre Schlüsse und packen die Wut darüber in Songs, die anecken und wehtun sollen.

Gut, das ist natürlich nichts neues und auch BLACK SABBATH haben mit „Mob Rules“ oder „War Pigs“ in den Siebzigern und Achtzigern ihr Entsetzen darüber vertont - eine Band, auf die sich so ziemlich die meisten Musiker der härteren Gangart über letzten fünfzig Jahre beziehen. 
Eine andere Herangehensweise an so grausame Themen ist für mich auch nur schwer vorstellbar. Mit beißender Satire klappt das auch ganz gut, aber oft hilft leider nur noch 




ein High-Five, 

mit einem Stuhl, 

ins Gesicht,




damit Leute merken, dass sie zu weit gegangen sind. 
Hier setzt „I Spit Hate“ an, mit dem das Album „Blood Ritual“ eingeleitet wird. Zum neuen Album gibt es Texte zum Mitlesen! Die fallen ziemlich eindeutig aus und geben unmissverständlich zu verstehen, was RAGE OF SAMEDI von diesen seelenlosen Alleshassern halten. Sänger Lou keift sich dermaßen die Wut von der Seele, dass so manche Black-Metal Truppe in Deckung geht. Hier hört man auch gut, dass Gitarrist Sam D. sich mit Lou und Nick den Gesang teilt, was eine sehr interessante neue Facette im Band-Sound ist. Black-Metal Anleihen gibt es auch bei „Abyss“. Thor Steen, Neuzugang an der Gitarre und kein Unbekannter in der Pfälzischen Musikszene (ZOAHR, Ampersphere), schreddert kräftig die Saiten bevor der Song loswalzt. Auch hier gibt’s drei Stimmen zu hören, wenn auch kein harmonischer Dreiklang, sondern ungezügelte Wutausbrüche. 


Basser Nick steuert auch hier seine knorrige Stimme bei, die von dunkel-timbriert melodisch bis abgrundtief gebrüllt reicht. Wer ihn als Solokünstler nur mit Akustikklampfe schon live erlebt hat, weiß was ich meine. 
Mit einer Art Tribal-Rhythmen steigt Schlagzeuger Ian in den Titelsong „Blood Ritual“ ein. Das Stück bleibt luftig bis perkussiv bis zum Refrain. So ein intensives und abwechslungsreiches Stück habe ich bislang noch nicht bei RAGE OF SAMEDI gehört! Dazu kommt, dass man es anscheinend geschafft hat einen Balrog mitsingen zu lassen, denn dieses abgrundtiefe Gebrüll ist einfach unmenschlich. Nach einer kurzen Wegstecke, die alles erstmal platt walzt, entspannt sich die Lage bei einem beinahe psychedelischen und sehr melodiösen Teilstück des Songs. Hier gibts es neben leichten offenen Akkorden auch einen einlullenden dreistimmigen Gesangspart bevor Lou nochmal zur Attacke keift und die Doomknaben nochmal zum Refrain zurückfinden. 
„Grief“ enthält wieder alle Trademarks der Band! Hier hopsen Sludge, Doom und Blackmetal zusammen Hand in Hand durch die Abgründe der Menschheit.



Mit einem instrumentalen Stück hätte ich jetzt schon gar nicht mehr gerechnet, aber R.P.L.S. ist keinesfalls fehl am Platz. Die knackigen Riffs und das metallische Bassgedengel machen Spass zuzuhören. Das würde sich auch gut als Soundtrack zu einer Dokumentation zu seelenlosen Betonwüsten machen.


Eine Spezialität der Zweibrücker Doomspatzen war es schon immer Charles Manson in den ein oder anderen Song zu packen. Waren es bei „Charly Says Part I“ noch gesampelte Zitate von Herrn Manson, singt bei „ Charlie Says Part II“ Lou die Zitate selbst und steigert sich dabei bis zur Raserei hinein. Beängstigend und beeindruckend zugleich.


Sam D. kommentiert auf Nachfrage dazu: „(er) war schon ein irrer Psychopath, aber zwischen den Zeilen hatte er immer einen Funken Wahrheit/Realität. Er hat es auf geniale Weise verstanden Menschen zu manipulieren.“



„Last Words“ am Ende von „Blood Ritual“ ist ein sperriger Brocken, der anklagt und die Beine bleischwer werden lässt, während man versucht dem Sumpf zu entkommen. Jedoch gibt es hier kein Happy-End, sondern man wird ratlos zurückgelassen. Viele Fragen drehen ihre Runden in meinem Kopf.

Sam D. meint dazu: „In den Songs geht es (wie so oft bei uns) viel um soziale, politische Missstände, fehlende Empathie, religiösen Irrglauben, daraus resultierende eigene innere Zerrissenheit, Dunkelheit, Machtlosigkeit. Wir wollen mit dem textlich drastisch ausgedrückten oben genannten Leuten und der Gesellschaft einen Spiegel vorhalten. Deshalb auch diesmal zum Mitlesen im Album als Textsheet." 



Aufgenommen wurde das neue Album im Band-eigenen Voodoo Chamber Studio von Basser Nick und Drummer Ian. Das hervorragende Master hat diesmal wieder Collin Jordan von „Boiler Rooms Mastering“ in Chicago gezaubert, bei dem auch Genregrößen wie u.a. EYEHATEGOD und GOATWHORE ihre Alben in Form bringen ließen. Der kennt sich also aus mit diesem Sound, da er bereits das erste Album „Sign“ und „Psychopath Job“ gemastert hat und weiß was die Band will.

So ein Album benötigt natürlich auch ein entsprechendes Coverartwork! Dieses wurde von Xavier Gonzalez von „No Master Studios“ in Barcelona handgemalt. Er erhielt von RAGE OF SAMEDI lediglich den Albumtitel und ein paar Infos zur Band und hat dann mit seinem Werk den Nagel auf den Kopf getroffen.

Beim Brainstorming zu diesem Review ist mir dazu zufällig noch ein Zitat von Johnny Rotten, Frontmann der SEX PISTOLS unter die Augen gekommen, welches ich ganz passend finde und dem Leser nicht vorenthalten möchte:
„Poster und Plattencover waren nie Kunst - sie waren der unmittelbare Zugang zu eindringlichem Schmerz. Ja, ich hoffe du fühlst dich angegriffen. Die Tatsache, dass du es bist, zeigt, dass dein Gehirn funktioniert.“

Das nun dritte Album hat für seinen gut 35-minütigen Vortrag zum Zustand unserer Gesellschaft, neben den vertonten Gefühlen, so einiges an Informationen und Beispielen zu bieten an denen man sich abarbeiten kann.
Während viele Bands musikalisch maximal Bauernmalerei betreiben, schlagen RAGE OF SAMEDI mit besser durchdachten Linien und Schraffierungen einen eigenständigen Weg ein. Dabei bedienen sie sich an bewährten Konzepten und garnieren ihren Sound mit Versatzstücken aus anderen Genres. 
Qualitativ ist der Band hier ein Quantensprung gelungen. War „Children Of The Black Sun“ einfach nur ein Stück tiefschwarze Kohle aus dem Flöz gebrochen, ist „Blood Ritual“ Song und Soundtechnisch ein Sprung wie z.B: von „Schizophrenia“ zu „Beneath The Remains“ von SEPULTURA.

Alle Puzzleteile fügen sich harmonisch zusammen. Das neue Bandlogo, das Songwriting, die Songs, der Sound und das Artwork sind wie aus einem Guss. Ein guter Anfang in ein neues Kapitel von RAGE OF SAMEDI ist gemacht. Eine stabile Basis für Lieder und Texte mit Durchschlagskraft! Ich hoffe auf eine konsequente Umsetzung von Ideen, die bislang nur ansatzweise zu erahnen sind. Zeit zu handeln, der Behemoth ist erwacht! (Andreas)

 

 

Bewertung:

Andreas9,0 9 / 10


Anzahl der Songs:  7
Spielzeit: 35:25 min
Label: Argonauta Records
Veröffentlichungstermin: 17.01.2020

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