Interview mit Simeon Soul Charger

simeonMit SIMEON SOUL CHARGER bin ich zum ersten Mal in Kontakt gekommen, als ich den Vierer als Vorband von D-A-D gesehen habe. Der erste Eindruck war „strange, aber geil“. Fortan behielt ich die Band im Auge, hörte mir gerne ihre Songs im Internet an und schaute, wann die Band mal wieder bei mir in der Nähe spielen würde, denn die meisten Konzerte der Amerikaner finden derzeit in Bayern statt. Ja, Bayern, denn da haben SIMEON SOUL CHARGER im Moment (und schon seit geraumer Zeit) ihre Zelte aufgeschlagen. Sie wohnen auf einem Bauernhof in der Nähe von Freising und haben auch ihr neuestes, vor kurzem erschienenes, Album namens „Harmony Square“ hier in Deutschland eingespielt. Das alles ist irgendwie etwas seltsam und ungewöhnlich, genauso seltsam und ungewöhnlich wie die Musik der Band. Es gibt also genügend Gründe, die Band in einem Interview mit Fragen zu löchern. Selbiges findet vor ihrem Konzert in Mannheim statt und die äußerst unterhaltsame, sehr sympathische Truppe, bestehend aus Sänger/Gitarrist Aaron Brooks, Gitarrist Rick Phillips, Bassist Spider Monkey und Drummer Joe Kidd, steht mir Rede und Antwort, wobei wir mindestens genauso viel lachen wie reden.

 

Anne: Ihr lebt ja jetzt in Deutschland. Wie lange seid ihr denn schon in Deutschland?

Spider: Seit März 2011.

Anne: Und wie kommt es, dass ihr als gesamte Band von den USA nach Deutschland gezogen seid?

Joe: (auf Deutsch) Uns war laaaangweilig. (alle lachen). Nein, wir kamen, weil es für uns eine Möglichkeit ist, unsere Musik mehr Menschen zu präsentieren und eine neue Szene und neue Orte zu finden. Wir trafen unseren Manager in New York City – rein zufällig. Er ist von hier, von Langenbach bei Freising. Er sagte: “Kommt doch für 2 Wochen zu uns!”. Wir dachten, er ist verrückt, aber wir redeten und redeten und so entschieden wir, es zu wagen und es lief wirklich gut. Und so entschieden wir uns, zurückzukommen. Es sollte nur für 3 Monate sein, dann wurden 6 daraus, dann ein ganzes Jahr und jetzt sind es anderthalb Jahre. Oh und wir lieben es wirklich, hier zu spielen und wir werden von den Zuschauern gut angenommen und es ist einfach fantastisch hier. Es war wirklich eine großartige Zeit und wir kommen auch wieder zurück. Wir gehen am Dienstag zurück in die Staaten und kommen Ende November wieder zurück.

Anne: Also bleibt ihr nur für die paar Shows in den Staaten und kommt dann wieder hierher zurück?

Joe: Ja.

Aaron: Wir sehen unsere Freunde und Familien und spielen die Konzerte.

Spider: Fünf Wochen.

Rick: Wir spielen 11 oder 12 Konzerte in 5 Wochen (lacht).

Anne: Plant ihr noch länger hier zu bleiben oder wißt ihr schon, wann ihr endgültig zurück geht?

Rick: Wir haben Visa bis 2014. Also zumindest bis dahin (alle lachen).

Anne: Und die Leute in Bayern, in dem Dorf, in dem ihr wohnt, haben sie euch freundlich aufgenommen?

Aaron: Ja, sie kamen mit brennenden Fackeln in einem wütenden Mob. Das war wirklich nett (alle lachen).

Joe: Nein, nein, nein. Sie sind nett, ich meine, wirklich nett. Viele der älteren Bayern in unserer Stadt denken, daß wir sehr seltsam sind. Aber sie sind trotzdem freundlich.

Rick: Ja, sie sind sehr freundlich.

Anne: Ja, die Bayern sind in Deutschland bekannt dafür, sehr katholisch (alle lachen) und etwas anders zu sein.

Joe: Ja, wenn sie Dreadlocks und Bärte sehen und die verrückte Musik hören, die wir spielen und manchmal haben wir auch viel Besuch...

Rick: Aber alle sind wirklich freundlich uns gegenüber.

Anne: Aber ihr hattet nicht geplant, so lange hier zu bleiben, wie ihr es jetzt getan habt?

Joe Kidd: Wir hatten nichts geplant. Wir hatten wirklich nichts geplant.

Spider: Wirklich, ich empfinde unser Hierherkommen und unseren langen Aufenthalt hier als das, was jeder Berufstätige für seine Arbeit tun würde. Es hätte auch China sein können, es hätte Russland sein können, es hätte Mexico oder Kanada sein können, aber es hat sich nunmal ergeben, daß es Deutschland ist und wir blieben hier, weil es funktioniert. Ich denke, der Grund, daß wir in einem fremden Land gelandet ist, ist der gleiche Grund warum du jemanden aus einem anderen Land interviewst: es ist interessant, es ist neu, und ja, ich denke, deshalb funktioniert das.

interview_simeonsoulcharger_20121019_03Anne: Ich habe vorhin schon gehört, daß ihr etwas Deutsch sprecht. Habt ihr viel gelernt?

Spider: Oh, wir haben vorher nichts gelernt. Nur ein paar Brocken. Ich meine, wenn du ein paar Jahre irgendwo wohnst, dann lernst du ein paar Brocken.

Joe: Zumindest ich spreche nicht so gut, aber es ist genug, um durchzukommen und mit den Leuten zu reden, aber ein echtes Gespräch ist schwierig.

Rick: Es reicht, um was zu essen zu bekommen…

Joe: …manchmal bekommen wir Wegbeschreibungen. Ich hatte es heute echt schwer mit Wegbeschreibungen. Sie sagte immer „dritte links“ und ich verstand immer „dritte“ wie „drive“ und ich war einfach nur verwirrt und fragte mich, „was zur Hölle versucht sie mir zu sagen??“ Und dann sagte ich, „Okay, bitte in Englisch!“ und sie sagte „The third left“ und ich dachte nur, „Oh, die dritte, ok…“ (lacht)

Anne: Als ich mir die Tourdaten auf eurer Homepage angesehen habe, habe ich gesehen, daß die meisten Konzerte in Bayern stattfinden. Seid ihr jemals durch ganz Deutschland oder gar Europa getourt?

Spider: Wir waren so weit nördlich bis auf die Höhe von Bremen und Bremerhaven. Wir waren in Italien und der Tschechei, Österreich und Schweiz.

Anne: War das eine Headlinertour oder wart ihr immer Support?

Aaron: Sowohl als auch.

Rick: In Italien waren wir auf einem Straßenfestival und haben auf den Straßen gespielt. Das war cool.

Aaron: Das war wirklich cool.

Anne: Ihr seid also der Meinung, daß euer Aufenthalt in Deutschland gut für eure Karriere ist?

Aaron: Ja, auf jeden Fall.

Anne: Und jetzt geht ihr nur deshalb in die USA zurück um ein paar Konzerte zu spielen und Freunde und Familie zu treffen?

Rick: Ja. Hoffentlich können wir das alles in den 5 Wochen erledigen.

Anne: Was denken denn eure Freunde und Familien darüber, daß ihr so lange im Ausland seid?

Spider: Ich vermisse definitiv einige Leute. Und ich denke, einige werden auch uns vermissen, aber ich habe festgestellt, daß die wirklich guten Freunde alle sagen: „Ja, natürlich solltest du gehen! Wir hatten dich für die letzten 20 Jahre und wenn du in 20 Jahren zurückkommst ist das absolut in Ordnung.“ Die Leute haben uns sehr unterstützt. Ich habe ein paar Freunde, die gesagt haben „Ich hoffe, ich werde dich nie wieder sehen, weil du so damit beschäftigt bist, berühmt zu werden.“. Und ich denke, das sind die wirklich guten Freunde. Sie haben eine gute Haltung.


"[...] jeder Drummer wäre gerne Gitarrist und jeder Gitarrist ist der Meinung, er könnte Schlagzeug spielen."

Erwischt, würde ich sagen.


 
Anne: Habt ihr irgendwelche Pläne für die Zukunft?

Spider: Oh, einfach nur das zu tun, was wir tun und auf die gleiche Art, wie wir von Amerika hierher kamen, einfach neue Orte zu finden. Die erste Tour, von der du vorhin gesprochen hast, hat nur ein paar Wochen gedauert und sie fand nur in einem kleinen Teil von Bayern statt. Wir wollen das erweitern, mehr nach Mittel- und Norddeutschland und in andere Länder gehen. Siehst du, ich denke, der Plan ist, zu wachsen, so viele Leute wie möglich zu treffen – das ist einfach das, was wir planen.

Anne: Aber ihr habt keine Pläne für die weiter entfernte Zukunft?

Aaron: Das kann niemand wirklich haben, das ist schwer zu sagen.

Joe: Es ist mehr – ich glaube der deutsche Ausdruck ist “dahingleiten”. Eine Art „dahingleiten“. Einfach treiben lassen, sich einfach mit dem Strom treiben lassen. Wohin auch immer es geht.

Anne: Wer ist SIMEON SOUL CHARGER? Oder was bedeutet der Name? Woher habt ihr diesen Namen?

Aaron: Das hängt mit einem Konzept zusammen, an dem wir schreiben. Es ist ein Geheimnis (alle lachen).

Rick: Ja, es ist schwer zu erklären, weil es ist ein Konzept, das auf den Alben erzählt wird und da ist eine Geschichte in dem Wort SIMEON SOUL CHARGER, der eine wichtige Rolle spielt, aber erst am Ende der Geschichte. Darum ist es so schwer zu erklären. Wir haben versucht, Leuten in Interviews kleine Teile zu erzählen, aber das läuft immer auf “Argh, wir können nicht alles erzählen!” heraus. Es ist, als würde man das Ende eines Films erzählen. Wirklich, ich glaube, es ist nichts Falsches daran, wenn die Leute sagen „Ah, ich denke, der Simeon Soul Charger ist das“. Wir sagen dann nur „Wirklich? Könnte sein!” (alle lachen). Ich denke, es würde die ganze Spannung nehmen, wenn wir es dir jetzt verraten würden.

Anne: Okay. Das kann ich akzeptieren (alle lachen). Also musikalisch und von der Story her habt ihr einen Plan für die Zukunft? Ihr habt ja die Geschichte schon in euren Köpfen.

Aaron: Ja, aber ich denke, es funktioniert auch in verschiedenen Dingen und hat die Erlaubnis, zu etwas anderem zu wachsen. Das Ende ist immer noch offen. Es ist ein Gerüst, ein Skelett, aber das Skelett hat immer Raum, sich Muskeln, Haut und Kleider zuzulegen.

Spider: Ja, ich denke, die wichtigsten Punkte haben wir schon im Kopf, aber die Details können sich noch ändern.

Anne: Ja, das ist normal, denke ich. Wie würdet ihr eure Musik beschreiben, oder wie würdet ihr eure Musik bezeichnen?

Rick: (wie aus der Pistole geschossen, aber staubtrocken): Desert Rock! (die ganze Band lacht sich schlapp)

Spider: Wir hatten letztens ein seltsames Interview. Der Typ redete die ganze Zeit von „desert“. Desert dies und desert das aber ich war nie in einer Wüste…

Aaron (unter lachen): Wir sehen uns lieber als Dessert Rock.

Spider: Ja, wie Tiramisu …

Aaron: Wir sind After Sex Rock. (wir alle lachen uns kaputt.)

interview_simeonsoulcharger_20121019_09Joe: Wir versuchen, eine Beschreibung zu vermeiden und überlassen es lieber den Hörern, es auf ihre eigene Weise zu beschreiben. Jedes Review, das wir bisher bekommen haben, bezieht sich auf etwas anderes. Das ist ganz lustig, denn sobald jemand sagt, wir seien Progressive, kommt sofort jemand anderes der wettert: „Die sind doch nicht Progressive!“ Wir haben das nie behauptet, das waren immer andere. Wir wollen uns nicht selbst mit einem Genre limitieren. Oder auch zwei Genres. Wir wollen uns die Freiheit erhalten, offen zu sein, um neue Dinge zu schreiben und uns nicht von Album zu Album zu wiederholen.

Spider: Für mich ist das der ursprüngliche Gedanke des Rock ‘n’ Roll. Es ist für mich absolut in Ordnung, den Begriff auf diese Art zu benutzen. Es hat etwas zu bedeuten, daß die Leute etwas, das im Radio kommt, als Rock ‘n’ Roll bezeichnen. Jemand der Folk Music mag kann Rock ‘n’ Roll hören und ein paar Songs entdecken, die ihm gefallen und jemand, der Blues mag, kann die Blues-Parts im Rock ‘n’ Roll finden. Und ja, jeder wird mit seiner eigenen Bezeichnung ankommen. Zu sagen “Rock ‘n’ Roll“ ist wie „Sammelsurium” zu sagen. Es ist so eine Art Schmelztiegel.  

Anne: Was sind eure musikalischen Einflüsse oder was sind eure Lieblingsbands?

Aaron: Kann das jemand anderes beantworten?

Joe: Wie viele dürfen wir nennen? (alle lachen)

Anne: So viele wie ihr wollt.

Joe: Ich kann jedenfalls sagen, daß wir vor allen Dingen alles Mögliche hören was es gibt.

Spider: BLACK SABBATH und PINK FLOYD...

Aaron: BEATLES.

Rick: Wir alle mögen BLACK SABBATH, PINK FLOYD und THE BEATLES. Das haben wir gemeinsam.

Joe: Ich mag Frank Black von den PIXIES, und einige Metalbands und es ist wirklich schwer….ich höre im Moment oft das neue MELVINS-Album. Das kommt drauf an, wie ich drauf bin…ich höre auch Jazz und…einfach alles.

Rick: Ja, Americana, Country, Reggae,…

Spider: Ich mag Dubstep, aber da bin ich wohl der einzige in der Band (alle lachen)...

Rick: Sogar ein wenig Hip Hop und Urban  - wir mögen alle Musikarten.

Aaron: Ich denke, wir schauen einfach auf die Qualität in der Musik, es spielt keine Rolle, um welches Genre es sich handelt.

Rick: Ja, genau.

Anne: So mache ich das auch.

Rick: Cool.

Anne: Wie alt ist eure Band? Wann wurdet ihr gegründet?

Joe: Letzten August waren es vier Jahre. Für mich, er [Aaron, Anm. d. Verf.] ist etwas länger dabei.

Aaron: Ja, technisch gesehen. Aber ich rechne erst ab dem Zeitpunkt, als du und Jim [Garibaldi, ehemaliger Bassist, Anm. d. Verf.] eingestiegen seid. Davor bin ich bloß unter dem Namen herumgereist, aber es war nicht als ernstzunehmendes Projekt geplant. Das war es nicht, bis wir wirklich einen Drummer und einen Bassisten hatten und eine Band bildeten – und das war vor vier Jahren. Joe ist eines der Originalmitglieder in diesem Fall und Rick kam ein Jahr später dazu und Spider nochmal ein Jahr später.

Spider: In dieser Besetzung bestehen wir seit Juni 2010.
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Joe: Aber die Band, oder den Namen, gibt es seit 2008.

Anne: Wir alt seid ihr, wenn ich fragen darf?

Spider: 22

Rick: 29

Joe: 28, aber nächsten Monat werde ich 29.

Aaron: Siebzehneinhalb (alle lachen).

Joe: Einhalb?

Rick: Er ist der jüngste.

Anne: Ok…und ehrlich?

Aaron: Zeitlos (alle lachen). Das ist die einzige Antwort, die ich dir geben werde (alle lachen).

Rick (flüsternd): Er ist der älteste!

Anne: Ok. Ich habe mich nämlich gewundert, da ihr alle so jung wirkt, woher diese Faszination für den 70er-Jahre-Sound kommt, denn ihr klingt ziemlich nach den 70ern.

Rick: Ich habe festgestellt, daß wir das oft gefragt werden. Ich meine, das ist absolut in Ordnung, das ist eine coole Frage, und manchmal gebe ich irgendeine Antwort. Ich habe in letzter Zeit viel darüber nachgedacht. Wir versuchen nicht auf Teufel komm raus diesen Sound hinzubekommen, aber die Sache ist die: Der Sound von damals ist so verdammt cool.

Joe: Und die Aufnahmetechniken und alle möglichen Arten von Innovationen, die in dieser Zeit entstanden… und wir alle als Fans guter Musik, wir sind einfach verrückt nach diesem einfach echtem Sound, weißt du?. Wir versuchen nicht alles hinter digitalen Technologien zu verbergen und solche Sachen. Wir glauben einfach an die alte Art und Weise, Musik aufzunehmen und zu spielen, und daher kommt es wohl, daß der Sound, mit dem man es am ehesten vergleichen kann, eben der Sound des 70er-Jahre-Rock ist. Das ist absolut ok. Das ist einfach die Art, wie wir Musik schätzen und das Gefühl, das wir haben.

Aaron: Es ist nicht so, daß wir moderne Musik nicht mögen würden. Ich mag eine Menge moderner Musik…ich denke, es gibt jede Menge wirklich gute Partymucke. Ich glaube wirklich nicht, daß wir sozusagen eine Methode beim Songschreiben haben um so zu klingen, wir werfen einfach unsere gesammelten Einflüsse zusammen und das kommt nunmal auf diese Weise dabei raus und andere Leute hören es dann heraus.

Anne: Wenn ihre eure Songs aufnehmt, nehmt ihr dann analog oder digital auf?

Aaron: Analog.

Anne: Mit diesen alten Maschinen?

Aaron: Auf dem neuesten Album, ja.

Rick: Ja, beim neuen Album haben wir zum ersten Mal ein Album komplett analog aufgenommen. Es war eine Maschine aus den späten 80ern oder frühen 90ern. Also nicht  so alt, aber komplett analog. Die Alben davor wurden mit Computer aufgenommen.

Anne: Und wo liegen eure musikalischen Wurzeln? Wann kamt ihr mit Musik in Berührung oder habt entschieden, ein Instrument zu spielen?

Spider: Ich war 14, als ich begonnen habe, Bass zu spielen. Rick ist mein großer Bruder und Rick spielte schon ein paar Jahre länger und an einem gewissen Punkt spielte Rick einfach Gitarre und ich sang mit ihm, das habe ich schon lange gemacht, auch als ich noch wirklich jung war. Also ich sang und ich fragte ihn: „Wie kann ich mit dir spielen?“ Und er fragte mich „Willst du Gitarre spielen oder willst du Bass spielen?“ Und ich sagte: „Ich weiß nicht, was sollte ich denn spielen?“ und er meinte „Nun, gute Gitarristen sind einfach zu finden, aber gute Bassisten sind wirklich schwer zu finden“. So versuchte ich es mit dem Bass (alle lachen). Und er lehrte mich einen BLIND FAITH-Song und von da an lernte ich verschiedene Songs und ein Jahr später gründeten Rick und ich eine Band. Und jetzt, 6 Jahre später sind wir immer noch in einer Band (alle lachen). Nein, wirklich, ich liebe einfach Musik und wir haben jede Menge Musik gehört, als wir aufwuchsen und eines Tages habe ich mich einfach gefragt, wie ich auch selber welche machen könnte.

Rick: Ja, unsere Familie besteht aus wirklich großen Musikliebhabern. Wir hörten jede Menge Classic Rock und 70er-Jahre-Rock als wir aufwuchsen und ich wollte unbedingt Gitarre spielen, als ich elf oder 12 Jahre alt war. Und – wir stammen aus einer sehr armen Familie in Akron – unsere Mutter sagte: „Ok, wenn du eine Gitarre haben willst, dann mußt du Geld sparen und sie dir selber kaufen“. Und das tat ich. Ich sparte das Geld und kaufte eine Fender Stratocaster und es war so viel Geld, aber ich hatte hart dafür gearbeitet und da dachte ich “Ok, jetzt muß ich auch lernen, wie man das Ding hier spielt”. Und das hab‘ ich gemacht.

Anne: Also hast du dir alles selbst beigebracht, du hattest keinen Lehrer?

Rick: Ja, ich bin Autodidakt. Ich hörte jede Menge JIMI HENDRIX-Aufnahmen und solche Sachen.

Joe: Mein Vater war Drummer. Ich begann so ca. mit 5 Jahren Schlagzeug zu spielen. So um den Dreh. Ich habe für eine lange Zeit bloß ziellos darauf herumgehämmert und als ich so ungefähr 10 Jahre alt wurde, wollte ich es ernsthafter betreiben. Ich gründete meine erste Band mit 12. Ja, ich wollte spielen und als mein Vater mich als Kind fragte „Ich gehe in den Musikladen, was willst du haben? Eine Gitarre oder Drums?“ und ich sagte „Gitarre!!!“ und er kam mit einem Drumset zurück (lacht). Ja, das ist diese Geschichte (alle lachen). Und ja, weißt du, jeder Drummer wäre gerne Gitarrist und jeder Gitarrist ist der Meinung, er könnte Schlagzeug spielen.

Rick: Das stimmt (alle lachen).


"[...] ich war wirklich besessen vom Punk Rock [...], weshalb ich wahrscheinlich der lausigste Musiker in der Band bin."

Aaron Brooks bestätigt alle Vorurteile gegenüber Punk Rock


 
Aaron: Ich glaube mein erster musikalischer Einfluß – nach MICHAEL JACKSON, als ich 5 war – ich liebte das “Thriller”-Album als Fünfjähriger…

Spider: Das ist eine andere Liebe…

Aaron: ...ja. Das ist ein gutes Album. Aber ich erinnere mich daran, wie ich im Haus meiner Großmutter war und meine Mutter hatte alle ihre alten Schallplatten dort und ich hörte sie mir alle an, nur um zu sehen, wie die so waren und mein Favorit war QUEENs „A Night A The Opera“, was immer noch eines meiner Lieblingsalben ist. Ich war geradezu besessen davon. Zu der Zeit mochte ich auch die Musik der 50er und 60er sehr gerne, diese Art Popmusik damals. Ich mag Sachen, die einfach ansteckend sind, diese Sorte Musik, die damals bei allen Radiosendern lief und ungefähr ein Jahr später – es müßte ungefähr gewesen sein, als ich in der 6. oder 7. Klasse war, war Modern Rock Radio wirklich gut – zumindest erschien es mir so. Vor allem wenn man zum ersten Mal Musik entdeckt. Das war zu der Zeit, als NIRVANA im Trend lagen und ich entdeckte GREEN DAY und BAD RELIGION und RANCID  und WEEZER und jeder Menge andere Bands, denn da waren all diese Bands, die auf einmal auftauchten. Zu dieser Zeit war ich wirklich besessen vom Punk Rock. Und ich lebte sehr lange Zeit damit weshalb ich wahrscheinlich der lausigste Musiker in der Band bin. „Ich hab‘ drei Akkorde, das ist es!“ (alle lachen). Aber ich denke, das war so um die 6., 7. Klasse. Als ich 12 war bettelte ich um eine Gitarre, weil ich eine Band gründen wollte und ich glaube, ich schrieb meinen ersten Song mit 12 oder 13.  

Anne: Woher bekommt ihr eure Inspirationen?

Aaron: Vor allem von Drogen.

Rick: Von überall her.

Joe: Üüüüüüüüübeeeeeeraaaaall (alle lachen).

Aaron: Nein, das stimmt, wirklich…

Spider: Drogen!

Rick: Nein, alles, weißt du? So ist das eben; verschiedene Beobachtungen und Erfahrungen.

Joe: Glück, Ärger, Drogen…(alle lachen)

Rick: Hört auf, "Drogen" zu sagen!!! (alle lachen)

Spider: Als ich jünger war, kam viel von meiner Inspiration von – ja – Dingen des Lebens, aber ein großer Prozentsatz kam von anderen Bands. Wenn ich gehört habe, wie eine Band etwas spielte, dann habe ich versucht, das auch zu spielen. Aber das passiert nicht mehr so häufig. Zu dieser Zeit habe ich versucht, so etwas wie eine musikalische Stimme zu finden; für mich war es der Bass. Damals habe ich versucht, das zu spielen, was Les Claypool von PRIMUS spielte, um mir zu helfen, meine Stimme zu finden. Aber jetzt denke ich, kommt mehr aus dem Leben als aus der Musik. Das funktioniert sehr gut für mich. Wenn mich jetzt etwas wütend macht, dann muß ich nicht erst eine Metalband hören, um eine aggressive Bassline zu spielen.

Anne: Habt ihr ein Zielpublikum oder gibt es eine Gruppe, wo ihr sagt, “Oh Gott, das wird gar nichts!“?

Aaron: Ja, das ist irgendwo wahr. Ich meine, wir schreiben keine Musik für eine bestimmte Zielgruppe. Normalerweise sehen wir eine weite Spanne bezüglich des Alters und auch der Leute auf unseren Konzerten. Sie kommen zu unseren Shows - vom Teenager bis zu Leuten im Alter von 50, 60 Jahren.

interview_simeonsoulcharger_20121019_11Joe: Manchmal ist es einfach unglaublich, bestimmte Leute zu sehen. Das ist einfach – wow!

Aaron: Wir glauben, daß, wie du sagst, die Leute uns diesen 60er/70er-Jahre-Stempel aufdrücken auch daher kommt, daß auch die ältere Generation unsere Musik zu schätzen weiß, genauso wie ein junges Publikum.  

Spider: Auf einer Show waren einmal ein paar junge Kids, junge Metalheads, 15, 16, 17 Jahre alt, und sie waren die ganze Zeit am Headbangen und sie meinten “Heilige Scheiße, ihr seid wie SYSTEM OF A DOWN!” – das ist, wie sie das hören. Und dann kam eine 40- oder 50-Jährige, die meinte „Mann, ihr erinnert mich an LED ZEPPELIN!“ Aber sie haben das gleiche Set gehört! (alle lachen)

Joe: Wie STEFAN DETTL – wir haben ein paarmal als Vorband von ihm gespielt, gerade vor 2 Tagen haben wir eine Show mit ihm gespielt und wir waren mit ihm auf Tour und er zog eher ein Pop-Publikum. Unsere Songs sind nicht wirklich massentauglich, aber einige sind poppiger als andere und so haben wir unsere Setlist mehr für ein Pop-Publikum gestaltet, so gut wir eben konnten. Und selbst dann haben wir manchmal gespielt, was wir für unsere poppigsten Songs hielten und jeder stand nur da und schaute mit offenem Mund zu uns rauf als ob sie nicht die geringste Ahnung hätten, was zur Hölle wir da machen (alle lachen). Manchmal war es ein Erfolg und manchmal nicht.  

Rick: Ja, wir haben gerne mit D-A-D gespielt, mit denen du uns schon mal gesehen hast. Da haben wir das ganze verrückte Psychedelic Hard Rock-Zeug gespielt und nicht so viel akustische Folk-Songs. Wir dachten “OK, die sind eine Rockband, dann sind wir auch eine Rockband. Laß es uns näher zusammen bringen.”

Joe: Das ist gut, daß wir das machen können. Die Fähigkeit, wandelbar zu sein zu besitzen. Also nicht im Sinne von sich verändern, sondern mehr sich zu formen und an jedes Publikum anzupassen, ohne etwas von unserer Identität zu verlieren. Ohne uns auszuverkaufen oder sowas in der Art. Ja. Und heute Abend werden wir eine Akustik-Show machen, weil es besser für den Raum geeignet ist. Wir können immer noch das Haus rocken – auch mit einer Akustikgitarre. Es ist wirklich ein Glück, daß wir das können. Viele Bands können so etwas nicht, ich meine, die können nicht auf Tour in einem Coffeeshop spielen – also, vielleicht könnten sie es (lacht), aber – vielleicht haben sie ein Akustikset, aber viele Bands können nicht so viele verschiedene Wege gehen und das ist... wir haben das nie so geplant. Es war diese Art rohes Etwas, das in unseren Köpfen entsteht und am Ende stellen wir fest: Das können wir aufbrechen in dies und das und dies und das und das und das.  

Spider: Siehst du, da kommt wieder die Sache mit dem Schmelztiegel.

Aaron: Ja, wir haben verschiedene Ideen von Song zu Song, von Album zu Album. Und wir können hingehen und Sachen für unsere Setlisten rauspicken und auswählen, so daß wir unsere Setlist von Abend zu Abend ändern können.

Anne: Wenn ihr eure Songs schreibt, schreibt ihr die zusammen, oder ist einer der Hauptsongwriter?

Aaron: Ich denke, es ist eine Mischung aus beidem. Manchmal schreibe ich etwas und zeige es dem Rest aber selbst dann ist es sowas wie ein loses Gerüst eines Songs und es ist immer... ich meine, Rick schreibt die Gitarrenparts, Spider die Bassparts und Joe die Drumparts, aber sie schreiben auch andere Teile zu den Songs oder Rick kommt mit einem Riff an oder spielt etwas und ich versuche dann, die Lyrics darum zu anzuordnen. Es ist ganz unterschiedlich und in keinster Weise methodisch.  

Anne: Ich weiß nicht, ob es euch schon aufgefallen ist, aber es scheint, als gäbe es eine Art New Wave Of Seventies Sound im Metal. Zum Beispiel das neue Album von OPETH klingt wirklich nach den 70ern und sogar BORKNAGAR und CANDLEMASS haben Elemente der 70er auf ihren neuesten Alben. Denkt ihr, das ist eine Art Revival...

Joe: Ja, die kopieren uns! (alle lachen).

Rick: Die kommen alle aus der Wüste und kopieren uns!

Joe: Ich weiß, daß MASTODONs letzte Alben auch ein bißchen nach 70er Hard Rock klingen.

Spider: Ich denke auch, daß der Standard für Sounds sich speziell seit 2008 verändert. Damals war alles getriggert und es gab wirklich genaue Metalsounds, die man auf seinem Album haben mußte, um ein Metal-Album zu haben. Die Kickdrum klang wie das (klopft hart mit dem Finger auf den Tisch). Und dann klingt es, als würde ein Computer Gitarre spielen  (macht Geräusche vor). Und ich denke, dieser Standard stirbt aus und die Leute fingen einfach an, ihre Amps einzustecken und sie aufzudrehen und dann merkten sie “Oh scheiße, das klingt auch gut!” (lacht). Das ist ein sehr lebendiger Sound. Ich denke, das wird alles lockerer. Ich habe noch nicht das ganze Album von OPETH gehört, aber ein paar Songs und das hört sich wirklich an, als wäre man in einem Raum mit ihnen während sie spielen. Ich denke, die Standards ändern sich und die Leute sind freier, verschiedene Dinge auszuprobieren.

Anne: Also denkst du, das ist eine natürliche Entwicklung?

Spider: Das denke ich. (Zustimmung vom Rest der Band)

Rick: Ja, das denke ich. Alles geht mehr zurück zu den Wurzeln und zurück zu klassischer Rock-Aufnahmetechnik. Und das gibt den Bands einen anderen Sound.


"Die kommen alle aus der Wüste und kopieren uns!"

Auch wenn dieses Zitat das glauben machen will - SIMEON SOUL CHARGER leiden nicht unter Verfolgungswahn


 
Anne: Euer Sound erinnert mich an späte BEATLES und JOHN LENNON solo und auch etwas an NIRVANA...

Rick und Joe: Cool. Wow, weiter!

Spider: Das ist eine seltsame Formel. Das ist, als würde man von den Bands der 70er sprechen um herauszufinden “Was war deren Taktik, was war ihre Technik?”. Die ist einfach. Sie stöpselten ein und stellten ihre Mikrofone davor. Wenn du einfach einstöpselst und dein Mikro davor stellst, dann hast du den 70er-Jahre-Sound. Und wie Rick sagte, das geht zu den Wurzeln, das ist einfach, das ist eine Grundlage. Was ich sagen will: Die Musik kann sehr kompliziert sein, aber die Techniken für Aufnahmen und um mit den Menschen zu kommunizieren sind ziemlich simpel.

Anne: Ja, es klingt organischer.

Spider: Das finde ich auch.

Aaron: Ich bin kein Fan von überdigitalisierten Drumsounds – das ist etwas was man niemals auf einem unserer Alben hören wird. Getriggerte Drums und solchen Scheiß.

Anne: Ich habe versucht, eure Alben zu kaufen, aber es ziemlich schwer, sie zu bekommen. Warum ist das so schwer? Man kann sie nur auf Amazon kaufen und da sind sie ziemlich teuer und ich weiß nicht, wieviel Geld von Amazon bei der Band ankommt. Ich kaufe meine CDs lieber in kleinen Läden oder direkt auf den Konzerten.

Spider: Ich glaube, man bekommt unsere CDs im Saturn. Ich weiß nicht, ob es hier in der Gegend Saturn-Märkte gibt.

Aaron: Das hängt auch glaube ich von deren Einkaufsgesellschaft ab. Wir wissen nicht wirklich, wo viele unserer CDs verkauft werden. In Norddeutschland haben wir es gesehen.

Joe: Und in jedem Saturn kannst du die Alben bestellen.

Rick: Ja, in Saturn-Märkten. Und du kannst sie auch beim Label, Gentle Art Of Music, bestellen. Du kannst sie direkt bei ihnen bestellen und bald, vielleicht um Weihnachten herum, werden wir unsern eigenen Webshop haben.

Spider: Denn wir wissen auch nicht genau, von wo man unsere Alben beziehen kann. Außer Saturn wissen wir nicht wirklich was – darum starten wir den Shop.

Anne: Habt ihr heute CDs dabei?

Band: Ja. Oh ja!

Anne: Gut, dann weiß ich ja, wo ich heute mein Geld ausgebe. Ich hatte bisher noch keine Gelegenheit, euer neues Album zu hören. Was erwartet mich?

Rick: Dich erwartet ein wirklich langer Song.

Aaron: Ein siebenundsechzigminütiges verbundenes Stück. Ich meine, verschiedene Songs, unterteilt in 14 oder 15 Stücke. Aber du kannst es als ein Ganzes ansehen. Es ist als ein Ganzes konzipiert. Und es ist ein Konzeptalbum. Du hörst wiederkehrende Themen. Und was wir gesammelt haben und vielleicht ist die Intention dahinter, daß du mehr erkennst, wenn du es ein zweites Mal anhörst, wenn du anfängst, die wiederkehrenden Themen zu erkennen. Vielleicht merkst du das nicht beim ersten Hören.

Anne: Das war auch meine nächste Frage: Um was geht es bei dem Konzept?

interview_simeonsoulcharger_20121019_06Aaron: In der Kurzfassung: Es geht um eine Person, die in einem Wald aufwacht und nicht weiß, wie sie dorthin kommt oder wo sie herkommt und dann wird sie in diese Stadt gebracht. Und am Ende der Stadt trifft sie alle Leute dort und die Leute sind – nach außen geben sie vor, daß sie glücklich sind, aber im Innern sind sie es nicht. Sie werden von einem König beherrscht und sie werden gezwungen, Pillen zu schlucken und befinden sich unter permanenter Überwachung, damit sie nichts Böses tun oder jemanden verletzten oder umbringen. Und – kurz gesagt – dieses Album endet damit, daß eine außerirdische Rasse in der Stadt landet und den Menschen anbietet, sie von allen menschlichen Fesseln, wie Sterblichkeit oder emotionale Bindungen und solche Sachen, zu befreien. Und so gehen sie mit ihnen in das Schiff und fliegen mit zu deren Heimatstadt. Aber das ist die Kurzversion, es ist eine sehr detaillierte Geschichte.  

Spider: Es zieht sich durch alles, was wir tun....

Aaron: Ja, auch in unseren alten Alben haben wir Stücke, in denen wir davon sprechen und es ist wirklich – nicht linear. Einige Stücke spielen in der Zukunft, andere in der fernen Vergangenheit und….

Rick: Wie ein Tarantino-Film…

Spider: Ja, hier ist die Mitte, hier ist fast das Ende, hier ist der Anfang.... (alle lachen)

Anne: Das klingt gut.

Joe: Und wir machen immer weiter. Ich denke – nein – ich bin mir sicher. Es ist wie bei COHEED AND CAMBRIA, die ganze Band dreht sich um dieses eine Konzept. In unserem Fall ist es etwas anders, denn deren Konzept endet an einem bestimmten Punkt. Und wir haben niemals wirklich ein Ende, das ist so eine Art andauernde Reise.

Aaron: Und ich bin nicht sicher, ob unser nächstes Album ein reines Konzeptalbum wird. Es kann die Handlung in Teilen erwähnen oder es kann ein reines Konzeptalbum werden oder vielleicht einfach ein paar Rock 'n' Roll-Songs vermischt mit dem Konzept.

Joe: Oh, ich glaube, wir müssen gleich auf die Bühne.

Anne: Das ist ok, ich bin sowieso durch mit meinen Fragen. Ich danke euch für das Interview!

Band: Nein, wir danken dir!
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