Metsatöll - Äio

metsatoll-aio_sm.jpgMein erster Kontakt mit den Esten war vor drei Jahren als mir die DVD „Curse Upon Iron“ in die Hände fiel. Darauf vertonten METSATÖLL Geschichten aus der Kalevala zusammen mit dem heimischen Nationalmännerchor, was als sehenswertes Bühnenprojekt gestaltet wurde, mit dem man den Fans die Kultur des Landes näher bringen wollte.
Nur wurde es dann auch wieder ruhiger um die Band, das letzte Album ging komplett an mir vorbei. Der Exotenbonus konnte nicht so genutzt werden wie beispielsweise bei den musikalisch ähnlich gelagerten TYR von den Färöern. Das lag vor allem daran, dass man live kaum präsent war, was sich allerdings mit der Europarundreise im Vorprogramm der Szeneführer ENSIFERUM geändert hat. Dadurch regte sich schon ein gewisses Interesse, welchem nun mit der fünften Langrille „Äio“ neue Nahrung gegeben wird.

 

Darauf sind die zu den größten Metalbands ihres Landes gehörenden ihrem Stil weiter treu geblieben, geboten wird Pagan-/Folkmetal mit starken Ethnoeinflüßen. Und bei diesem Wort graut es dem ein oder anderen gestandenen Metaller, was sich beim akustischen Intro „Ema Hääl Kutsub“ auch nicht direkt legen dürfte.
Doch beim folgenden „Kui Rebeneb Taevas“ sind die elektrischen Riffs am Start und bringen den Song ordentlich nach vorne. Begleitet werden sie dabei von traditionellem Instrumentarium wie Kannel, einer estnischen Sackpfeife. Nach schwermütigem Beginn kann „Tuletalmut“ das Tempo noch ein wenig anziehen, in die Galoppregionen anderer Genrevertreter kommen sie aber nicht ganz.

„Vaid Vaprust“ kommt dann getragener daher, die breiten Chöre, die in den bisherigen Strophen sporadisch eingebaut wurden brausen im Refrain mächtig auf. Beim Titelstück setzt es frickelige Akkordfolgen, bevor es zum Ende hin Doppelbass-getrieben verhältnismäßig heftig zugeht. Hier präsentiert Frontmann Markus zum ersten Mal seine typischen beschwörenden, fast schamanenartigen Vocals.
Bei dem anschließenden „Vihatobine“ und noch mehr beim erneut akustischen „Kuni Pole Kodus, Olen Kaugel Teel“ kommen diese dann richtig zur Geltung. Dabei ist sein klares Organ sehr tief, was ihm einen besonderen Charakter verleiht. Nur selten fällt er in klassische Metalmuster, liefert gelegentlich er ein paar Grunzer wie in „Vägi Ja Voim“. Die Benutzung der Landesprache trägt auch zum ungewöhnlichen Erscheinungsbild bei, da sie eine spezielle Klangfärbung besitzt.
Passender zum Genre da schon die Instrumentierung, vor allem wenn man mit Flöten und Pfeifen oder einer, wenn auch stark verzerrten Geige in Richtung Mittelaltermetal der Marke IN EXTREMO oder SUBWAY TO SALLY geht. Von Letzteren könnte auch das Gesangsarrangement am Anfang von „Nüüd Tulge, Mu Kaimud“ stammen.

Aber nicht nur die Besinnung auf die Besonderheiten ihrer Heimat, die auch besungen wird tragen dazu bei, dass METSATÖLL aus dem Rahmen fallen. Die Abmischung von „Aio“ ist sehr trocken und roh, aber das scheint gewollt, steht den Songs auch gut. Dennoch sind die Instrumente differenziert zu vernehmen, was die Sprödigkeit des Sounds noch vertieft. Harmonien wie bei anderen Formationen ihrer Spezies sucht man hier vergebens, dadurch kommt auch der Bass von Kuriraivo stark zum Vorschein.

Ein interessantes Gebräu servieren uns die Balten auf ihrem neuen Dreher, der aber selbst gestandene Metalwikinger vor Probleme stellen könnte. Denn METSATÖLL beschreiten wenig ausgetretene Pfade, sondern suchen im Gesamtwerk ihren eigenen. Das erfordert eine gewisse Zeit um warm damit zu werden, Partyschunkeln und donnernden Stahl sucht man hier vergeblich. Dafür kann man in eine neue Facette des folkloristisch angehauchten Metal eintauchen, etwas für alle diejenigen, die dem Genre etwas Neues abgewinnen wollen. (Pfälzer)

Bewertung: 7 / 10

Anzahl der Songs: 14
Spielzeit: 60:55 min
Label: Spinefarm
Veröffentlichungstermin: 26.03.2010

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